Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne
Autoren: Nancy Bilyeau
Vom Netzwerk:
Schatzkammer.«
    Flüchtig begegnete sein Blick dem meinen: Schmerz, Schuld und Bedauern mischten sich in ihm.
    »Wenn es uns gelungen wäre, die Athelstan-Krone zu finden«, sagte er mit einer Stimme, die beinahe tränenerstickt klang, »hättenwir diesem unseligen Treiben Einhalt gebieten können.« Er wies auf die Gräber meines Vaters und Bruder Richards. »War die Suche nicht ein Maß an Opfer und Mühsal wert?«
    Ich war so zornig, dass ich ihm die Frage ins Gesicht schleuderte, die mich seit Malmesbury quälte. »Was hättet Ihr getan, wenn ich die Krone für Euch gefunden hätte? Hättet Ihr sie als Waffe in Eurer persönlichen Fehde mit Cromwell benutzt? Oder sie für andere Zwecke behalten?«
    Er starrte mich einen Moment lang schweigend an, dann sagte er: »Bringt mich zu dem Leprahospital.«
    Tränen ohnmächtigen Zorns liefen mir über das Gesicht, als ich vorausging, zuerst durch die Bäume, die in frischem Grün dufteten, dann den Hang hinunter.
    Am offenen Tor wartete ich auf ihn. Büschel weißer und gelber Blumen standen vor der Frontmauer unter der Fensterhöhle, neben der ich meine Briefe an ihn deponiert hatte.
    Der Bischof blieb vor dem verfallenden Bau stehen. Er schien nicht eintreten zu wollen. »Ich frage mich«, sagte er, »ob später einmal Menschen in den Ruinen unserer Klöster wandeln und sich Gedanken über jene machen werden, die innerhalb ihrer Mauern lebten.«
    Ich sagte nichts.
    Mit grimmiger Entschlossenheit trat er auf mich zu. »Ihr habt Euch Lady Maria zur treuen Freundin gemacht. Sie erwähnt Euch ständig in ihren Briefen an mich, an jeden. Es wird nicht leicht sein, aber wir sollten Euch eine Position als Hofdame bei ihr beschaffen können, dann könnt Ihr uns von großem Nutzen sein. Ich glaube aber, vorher solltet Ihr heiraten; ich denke da an verschiedene vertrauenswürdige Kandidaten.«
    »Nein!«, schrie ich ihn an und hielt mir die Ohren zu. »Hört auf!«
    »Euer Keuschheitsgelübde wird geachtet werden. Die Ehe braucht ja nicht vollzogen zu werden«, sagte er beschwichtigend, als wäre es das, was mich am tiefsten beleidigte. »Aber wenn Ihr Namen und Titel eines Gemahls tragt, werdet Ihr weniger Verdacht erregen.«
    »Warum solltet Ihr Euch solche Umstände machen, um dies alles zu arrangieren und mich in die Nähe der Prinzessin zu bringen?«, fragte ich. »Ihr haltet mich doch für ein nichtswürdiges Geschöpf.«
    Er zögerte, dann bekannte er: »Es ist möglich, dass die Krone von dieser Wahnsinnigen in den ersten Tagen nach Eurer Rückkehr ins Kloster vernichtet wurde.«
    Mich traf diese Beschreibung Schwester Christinas bis ins Mark.
    »Ihr seid eigensinnig und schwierig, gewiss«, fuhr der Bischof fort, »aber wie Ihr Euch in Norfolk House der Gefahr entzogen habt   – so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ihr seid außergewöhnlich, Schwester Joanna. Das wusste ich schon, bevor ich Euch im Tower begegnete. Ihr könnt nicht den Rest Eures Lebens auf Stafford Castle verbringen, ein unbedeutendes Mitglied eines gefallenen Geschlechts. Und ich glaube auch nicht, dass das wirklich Euer Wunsch ist. Warum hättet Ihr sonst Euer Heim verlassen, um in Kloster Dartford das Gelübde abzulegen? Ihr habt Euch eine sinnvolle Rolle für Euch selbst gewünscht. Ein geistiges Leben.«
    Ich schluckte. Darauf hatte ich keine Antwort.
    »Und warum habt Ihr, als Ihr hier wart, mit solchem Einsatz versucht, alles über die Krone und über die Geschichte des Klosters zu erfahren? Das war nicht Eure Aufgabe. Aber Ihr wolltet alles wissen.« Seine Stimme war laut, beinahe dröhnend, ich hatte ihn nie so sprechen hören   – als befänden wir uns nicht in einer verfallenen Ruine, sondern in einer Kathedrale. »Ihr wolltet Eurem Leben einen Sinn geben, Schwester Joanna. Und damit muss es jetzt nicht vorbei sein. Es beginnt gerade erst. Die Mächte, die sich gegen uns zusammengerottet haben, sind stark und listig. Unter meiner Anleitung könnt Ihr weiterhin Gott und der gerechten Sache der Wiederherstellung unseres Glaubens dienen.«
    »Aber nicht durch politische Machenschaften«, entgegnete ich. »Ich habe kein Interesse an der Politik.«
    »Nein?« Er ging langsam um mich herum. »Ihr seid nach Smithfield gereist, um Eure Cousine, die Rebellin Margaret Bulmer, zu trösten. Ihr seid um der Familienbande willen ein hohes Wagnis eingegangen, aber ich bin schon lange überzeugt, dass mehr dahintersteckte. Ihr glaubtet, woran sie glaubte   – und Ihr tut es noch immer. Wenn Ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher