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Die letzte Nacht der Unschuld

Die letzte Nacht der Unschuld

Titel: Die letzte Nacht der Unschuld
Autoren: India Grey
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anderen Schreibtischseite stand. „Setz dich und erzähl mir, wie dein Weihnachten war. Ich gehe davon aus, dass du nicht, so wie ich, von einer pinkfarbenen Lawine überrollt wurdest?“
    Colleen setzte sich und hielt den Kaffeebecher mit beiden Händen. Dominics Tochter Ruby war neun Monate älter als ihr Sohn Alexander und seine beste Freundin und erbarmungsloseste Gegenspielerin zugleich.
    „Nein, bei uns waren es Modellautos. Sein Lieblingsauto ist übrigens der Alfa Romeo-was-auch-immer, den du ihm geschenkt hast.“ Sie nippte an ihrem Kaffee. „Nochmals vielen Dank. Er nimmt ihn sogar mit ins Bett.“
    „Keine Ursache. Und es ist ein Alfa Romeo Spider, du hoffnungslose Ignorantin.“ Dominic seufzte. „Der Junge weiß eben, was gut ist. Ich würde auch mit einem solchen Wagen ins Bett gehen, wenn ich könnte.“
    „Weiß Lizzie von deinen geheimen Gelüsten?“
    „Würde mich nicht wundern.“ Mit angewiderter Miene stellte er die Teetasse ab. „Ein Alfa Spider würde mich auf jeden Fall nicht zwingen, Kräutertee zu trinken.“
    „Geschieht dir recht. Du hättest über Weihnachten nicht so viel feiern sollen.“
    Dominic lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Du weißt doch, wie es ist – Kunden wollen unterhalten und Weihnachtsfeiern fürs Personal organisiert werden.“ Er blickte sie über den Rand seiner Brille an. „Auch wenn manche vom Personal gar nicht erst erscheinen.“
    Colleen sah ihn nicht an. Es erschien ihr plötzlich wesentlich interessanter, die Post-It-Sticker am Aktenschrank ordentlich in eine Reihe zu kleben. „Das Thema haben wir doch schon besprochen. Ich hatte keinen Babysitter.“
    „Was denn? Ist deine Mutter wieder um die Häuser gezogen?“
    Die völlig abwegige Vorstellung entlockte Colleen ein flüchtiges Lächeln. „Ich kann sie nicht ständig bitten. Sie tut schon mehr als genug und passt auf Alexander auf, wenn ich im Büro bin.“
    „Du weißt doch, dass sie ihn gern bei sich hat. Alexander gibt ihrem Leben wieder Sinn, nachdem Will …“
    „Ich weiß, ich weiß. Sie denkt dann an die glücklichen Zeiten zurück, als mein Vater noch lebte, an die Zeit, bevor mein Bruder tödlich verunglückte. Trotzdem will ich mich nicht zu oft auf sie verlassen. Ich habe mich allein in diese Situation gebracht, und deshalb sollte ich auch zusehen, dass ich allein damit fertig werde.“
    Dominic stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. „Das genau ist der springende Punkt. Du hast dich nicht allein in die Situation gebracht, es sei denn, es war eine unbefleckte Empfängnis. Um ein Kind zeugen, braucht man immer zwei, und das aus gutem Grund. Es ist Schwerstarbeit, ein Kind zu erziehen.“
    Colleens Stimmung sank. Sie ahnte, in welche Richtung Dominic die Unterhaltung steuerte. In diese Richtung wollte sie aber nicht gehen. „Es ist nicht ideal, ich weiß. Aber ich tue mein Bestes. Ich …“
    „Das meinte ich doch gar nicht“, unterbrach er sie milde. „Du bist eine großartige Mutter.“
    Bedacht stellte sie ihren Becher ab. Auf ihrer Brust lag ein kalter Druck. „Aber?“
    „Es ist jetzt vier Jahre her, Colleen. Und noch immer hoffst du darauf, dass ein gut aussehender italienischer Rennfahrer eines Tages über die Hauptstraße gebraust kommt und dich auf seine Arme schwingt.“
    Mit einem strahlenden Lächeln sprang sie auf die Füße. „Tja, die Kaffeepause ist dann zu Ende. Ich habe viel zu tun. Ich muss erst einmal die ganze Post …“
    „Schon gut, schon gut. Entschuldige.“ Beschwichtigend hob er die Hände. „Ich bin nicht gut in so etwas. Aber Lizzie und ich sind beide der Meinung, dass es jetzt lange genug dauert. Die Weihnachtsfeier war nur eine von vielen Partys, auf denen du nicht aufgetaucht bist. Du bist wie in der Vergangenheit erstarrt. Du wartest auf einen Mann, von dem du selbst nicht mehr glaubst, dass er noch kommt, aber du willst die Hoffnung nicht aufgeben.“
    Abrupt wandte sie das Gesicht ab. Dominic sollte den Schmerz nicht sehen, der sie durchfuhr, als sie Cristianos Worte wieder hörte.
    Es ist nicht vorbei. Letzte Nacht war erst der Anfang. Warte auf mich.
    „Du irrst dich“, sagte sie leise. „Genau das ist nämlich mein Vorsatz fürs neue Jahr.“
    „Gute Vorsätze sind dazu da, um gebrochen zu werden“, scherzte er. „Wie lange hat der Vorsatz letztes Jahr gehalten?“ Seine Stimme wurde eindringlicher. „Du musst dieses Kapitel beenden, Colleen. Doch das wirst du nicht können, solange du nicht Klarheit schaffst und
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