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Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Autoren: Jeff Abbott
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Rotwein. Der Gastgeber dieser Zusammenkunft von Novem Soles hatte einen Teil seiner wechselvollen Kindheit in Rom verbracht. Er liebte gutes Essen, und von seinem Kindermädchen hatte er kochen gelernt. Heute gab es zum Abendessen Salat, gegrillten Fisch, toskanischen Tafelspitz, herzhafte Pasta und erstklassige Weine aus dem Piemont.
    Die neun Männer und Frauen aßen und tranken ihren Wein und plauderten über die Ereignisse auf der Welt: eine Finanzkrise in Südamerika, die Gewalt zwischen Muslimen und Christen in Nigeria, den jüngsten Skandal im amerikanischen Kongress und über die Möglichkeiten, die sich dadurch boten.
    Der Mann mit dem blonden Irokesenschnitt nahm dankend die Komplimente für das Essen entgegen; er lächelte und ermutigte die stilleren Mitglieder, sich an den Gesprächen zu beteiligen– wobei niemand der Gruppe schüchtern war, ihre Stille glich eher der lauernder Kobras. Gern hätte er seine Gäste auch mit Prostituierten verwöhnt, doch man hatte ihn eindringlich gewarnt, dass angesichts der jüngsten Ereignisse jetzt nicht der Moment für Ausschweifungen sei. Er vermisste den Sex. Ihm blieb nur noch die Rolle des Zuschauers: ein schwacher Ersatz, aber immerhin.
    Hier in diesen Räumen sprachen sie einander nicht mit dem Namen an. Was zählte, waren allein ihre Verantwortungsbereiche: die Bankerin, der General, der Diplomat, der Kurier. Titel, die jeweils auf einen Nachfolger übertragen wurden, obwohl auch noch einige der ursprünglichen Mitglieder aktiv waren. Der blonde Irokese war der Beobachter. Er hatte viel dafür getan, diese Rolle zu erlangen, und er hatte nicht vor, sie sich so einfach wegnehmen zu lassen.
    Der Beobachter wartete darauf, dass die Bankerin und der General, wie üblich, zu zanken begannen, doch dazu kam es diesmal nicht. Am Tisch wurde nicht nur Englisch gesprochen, sondern auch Russisch und Arabisch. Diese Zusammenkünfte boten den Beteiligten immer eine gute Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse anzuwenden. Die Sitzung selbst wurde jedoch stets in Englisch abgehalten, der Lingua franca der Gruppe.
    Nach dem Abendessen versammelten sich die Anwesenden im großen Arbeitszimmer. Der Beobachter stand am Kopfende des langen Tisches. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen, was er hinter einem einladenden Lächeln verbarg. Er war der Jüngste in der Gruppe. Keine Angst, Junge, sagte er sich. Lass dich nicht unterkriegen.
    » Ich finde, man sollte immer mit den schlechten Nachrichten beginnen«, sagte der Beobachter. » Wie ihr wisst, ist unser geplantes Massenattentat in den Vereinigten Staaten gescheitert.«
    Schweigen unter den neun Mitgliedern. Das Wohlwollen, das sie dank seines vorzüglichen Essens und des erstklassigen Weins an den Tag gelegt hatten, schmolz dahin wie Eis auf sommerlich heißem Beton.
    » Der Schmugglerring, den wir benutzten, um neuartige Waffen in die Vereinigten Staaten zu befördern, wurde zerschlagen. Ein ehemaliger CIA -Agent namens Sam Capra hat den Ring infiltriert. Er hätte eigentlich bei unserem Bombenanschlag auf ein geheimes CIA -Büro in London ums Leben kommen sollen. Sein Büro gehörte zur Special-Projects-Abteilung der CIA , die jene Aufgaben erledigt, über die nicht einmal die CIA sprechen darf.« Der Name » Special Projects« brachte leichte Unruhe in die Gruppe: Blicke wurden gewechselt, Augenbrauen hoben sich, der eine oder andere nahm einen Schluck Wasser. » Heute beschäftigt sich die Abteilung mit allen nicht-terroristischen kriminellen Aktivitäten, die die nationale Sicherheit der USA bedrohen.«
    Er machte eine Pause. Sie sahen ihn an und warteten. Er drückte eine Taste auf seinem Laptop, und ein Foto von Sam Capra erschien auf dem Bildschirm. Dunkelblondes Haar, grüne Augen, das schmale Gesicht eines Läufers, Mitte zwanzig, jungenhaft. » Capra überlebte nur, weil er das Büro verließ, bevor die Bombe gezündet wurde. Für die CIA galt er danach als Verräter, auch wegen der finanziellen Unregelmäßigkeiten, die man seiner Frau nachwies, aber auch weil sie ihn kurz vor der Explosion angerufen und aufgefordert hatte, das Haus zu verlassen. Capra entkam den Fängen der CIA und begab sich auf die Suche nach seiner Frau, er infiltrierte unsere Gruppe in Amsterdam und vereitelte die Attentatspläne.«
    Die acht Zuhörer warteten, während der Beobachter langsam einen Schluck Wasser trank. Er studierte ihre Gesichter. Die meisten wären keiner Behörde, keinem Polizisten, keinem Journalisten und keinem
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