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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie
Autoren: John Scalzi
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fragte General Rybicki, als wir mitten auf dem Feld stehen blieben.
    »Sie haben darum gebeten, an einem Ort zu reden, wo wir unter uns sind«, sagte ich. »Hier liegen mindestens zwei Hektar Getreide zwischen uns und den nächsten Ohren von Menschen oder Obin. Willkommen in der besten Privatsphäre, die diese Kolonie zu bieten hat.«
    »Was ist das für eine Getreideart?«, wollte General Rybicki wissen, während er einen Halm pflückte.
    »Das ist Sorghum«, sagte Jane, die neben mir stand. Babar hockte neben ihr und kratzte sich am Ohr.
    »Davon habe ich schon einmal gehört«, sagte Rybicki, »aber ich glaube nicht, dass ich es schon einmal gesehen habe.«
    »Es ist das wichtigste Getreide auf dieser Welt«, erklärte ich. »Es ist sehr gut geeignet, weil es Hitze und Trockenheit aushält, und hier kann es in den Sommermonaten ziemlich heiß werden. Die Bewohner backen daraus ein Brot namens bhakri und benutzen es für viele andere Zwecke.«
    » Bhakri «, wiederholte Rybicki und deutete in Richtung Dorf. »Also stammen die Bewohner hier hauptsächlich aus Indien.«
    »Einige«, sagte ich. »Viele wurden hier geboren. Dieses Dorf ist sechzig Jahre alt. Die aktive Kolonisierung von Huckleberry findet gegenwärtig hauptsächlich auf dem Clemens-Kontinent statt. Er wurde ungefähr in der Zeit freigegeben, als wir hier eintrafen.«
    »Also gibt es keine Spannungen wegen des Subkontinentalen Krieges«, sagte Rybicki. »Schließlich sind Sie beide Amerikaner und die anderen Inder.«
    »Das ist hier kein Thema«, sagte ich. »Die Einstellung der Kolonisten ist genauso wie die von allen Auswanderern. Sie
sehen sich in erster Linie als Huckleberryer und erst an zweiter Stelle als Inder. Für die nächste Generation wird all das überhaupt keine Rolle mehr spielen. Außerdem ist Jane gar keine Amerikanerin. Wenn überhaupt, sieht man uns hier als ehemalige Soldaten. Wir waren ein Kuriosum, als wir hier eintrafen, aber jetzt sind wir nur noch John und Jane, die beiden mit der Farm am Rand des Dorfs.«
    Rybicki blickte sich erneut auf dem Feld um. »Es erstaunt mich, dass Sie Bauern sind. Schließlich haben Sie beide auch richtige Jobs.«
    »Landwirtschaft ist ein richtiger Job«, sagte Jane. »Die meisten unserer Nachbarn arbeiten als Farmer. Es ist gut, wenn wir das Gleiche tun wie die anderen, damit wir die Leute verstehen und wissen, was sie von uns brauchen.«
    »Ich wollte Sie keineswegs beleidigen«, sagte Rybicki.
    »Kein Problem«, klinkte ich mich wieder ins Gespräch ein und deutete auf das Feld. »Wir haben hier etwa zwanzig Hektar Land. Das ist nicht viel – und nicht genug, um den anderen Farmern ihren Lebensunterhalt streitig zu machen -, aber es ist genug, um behaupten zu können, dass die Angelegenheiten von Neu-Goa auch unsere Angelegenheiten sind. Wir haben hart gearbeitet, um zu Neu-Goanern und Huckleberryern zu werden.«
    General Rybicki nickte und betrachtete den Sorghum-Halm in seiner Hand. Wie schon Zoë festgestellt hatte, war er grünhäutig, jung und attraktiv. Oder zumindest erweckte er den Anschein, jung zu sein, was er seinem KVA-Körper zu verdanken hatte. Solange er ihn hatte, würde er wie dreiundzwanzig aussehen, auch wenn sein wahres Alter inzwischen bei knapp über einhundert Jahren liegen musste. Er sah jünger aus als ich, aber ich war in Wirklichkeit mindestens fünfzehn
Jahre jünger als er. Allerdings hatte ich nach dem Ende meiner Dienstzeit den KVA-Körper gegen einen neuen, unmodifizierten Körper getauscht, der auf meiner Original-DNS basierte. Ich sah jetzt mindestens wie dreißig aus. Aber damit konnte ich gut leben.
    Als ich die KVA verlassen hatte, war Rybicki mein vorgesetzter Offizier gewesen, aber wir kannten uns schon wesentlich länger. Ich war ihm bereits am Tag meines ersten Kampfeinsatzes begegnet, als er noch Lieutenant Colonel und ich Gefreiter gewesen war. Er hatte mich lässig mit mein Junge angesprochen, in Anspielung auf meine Jugend. Damals war ich fünfundsiebzig gewesen.
    Das war eins der Probleme mit der Kolonialen Verteidigungsarmee. All diese künstlichen Körper brachten das Gefühl für Lebensalter völlig durcheinander. Ich war in den Neunzigern, Jane war als erwachsene Soldatin der Spezialeinheit zur Welt gekommen und etwa sechzehn Jahre alt. Man bekommt leicht Kopfschmerzen, wenn man versucht, genauer darüber nachzudenken.
    »Es wird Zeit, dass Sie uns verraten, weswegen Sie hier sind, General«, sagte Jane. Sieben Jahre des Zusammenlebens mit
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