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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie
Autoren: John Scalzi
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Position machen würde: Ich gönnte mir ein Nickerchen. Willkommen in der harten und chaotischen Arbeitswelt des Ombudsmans im Dorf auf einem Kolonialplaneten. Es war durchaus möglich, dass diese Welt anderswo anders aussah, aber wenn es so war, wollte ich es gar nicht wissen.
    Ich wachte gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Savitri Feierabend machte. Ich winkte ihr zum Abschied, als sie das Büro verließ, und nachdem ich noch ein paar Minuten lang reglos verharrt war, wuchtete ich meinen Hintern aus dem Sessel und ging zur Tür, um mich auf den Heimweg zu machen. Unterwegs sah ich zufällig, wie mir der Constable auf der anderen Straßenseite entgegenkam. Ich überquerte die Straße, ging auf ihn zu und gab dem höchsten dörflichen Polizeivertreter des Dorfes einen schmatzenden Kuss.
    »Du weißt genau, dass ich es nicht mag, wenn du das tust«, sagte Jane, nachdem ich fertig war.
    »Du magst es nicht, wenn ich dich küsse?«
    »Nicht, wenn ich im Dienst bin. Das untergräbt meine Autorität.«

    Ich lächelte über die Vorstellung, dass irgendein Missetäter glauben könnte, Jane, eine ehemalige Soldatin der Spezialeinheit, könnte zu weich sein, weil sie ihren Ehemann küsste. Das darauffolgende Donnerwetter wäre von schrecklichen Ausmaßen gewesen. Doch das sagte ich nicht. »Entschuldigung«, sagte ich stattdessen. »Ich werde versuchen, deine Autorität nicht mehr zu untergraben.«
    »Vielen Dank«, sagte Jane. »Ich wollte sowieso zu dir, weil du nicht zurückgerufen hast.«
    »Ich hatte heute schrecklich viel zu tun.«
    »Savitri hat mir erklärt, wie sehr du wirklich beschäftigt warst, als ich noch einmal angerufen habe.«
    »Ups«, sagte ich.
    »Ups«, pflichtete Jane mir bei. Wir machten uns gemeinsam auf den Heimweg. »Was ich dir sagen wollte, ist, dass du morgen mit einem Besuch von Gopal Boparai rechnen musst. Er will herausfinden, wie es um die Dienstleistungen in seiner Gemeinde steht. Er war wieder betrunken und außer Rand und Band. Er hat eine Kuh angebrüllt.«
    »Schlechtes Karma«, sagte ich.
    »Das dachte auch die Kuh. Sie hat ihn auf die Hörner genommen und durch eine Schaufensterscheibe geworfen.«
    »Wie geht es Go?«
    »Bis auf ein paar Kratzer ganz gut«, sagte Jane. »Die Scheibe war aus Plastik und hat nachgegeben. Ist nicht zerbrochen.«
    »Das ist schon das dritte Mal in diesem Jahr«, sagte ich. »Er sollte vor dem Friedensrichter stehen, nicht vor mir.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt. Aber dann würde man ihn zu vierzig Tagen im Bezirksgefängnis verdonnern, und Shashi kommt in ein paar Wochen nieder. Sie braucht ihn jetzt mehr, als er einen Gefängnisaufenthalt braucht.«

    »Also gut. Ich werde mir etwas für ihn ausdenken.«
    »Und wie war dein Tag sonst? Abgesehen vom Nickerchen, meine ich.«
    »Es war ein Chengelpet-Tag«, sagte ich. »Diesmal mit einer Ziege.«
    Jane und ich erzählten uns gegenseitig, was wir heute erlebt hatten, während wir nach Hause gingen, wie wir es jeden Tag auf dem Heimweg taten. Unser Zuhause war eine kleine Farm, die wir knapp außerhalb der Grenzen des eigentliches Dorfes betrieben. Als wir in unsere Straße einbogen, kam uns Zoë entgegengerannt, unsere Tochter, zusammen mit dem Hund Babar, der wie immer überglücklich war, uns wiederzusehen.
    »Er wusste, dass ihr kommt«, sagte Zoë, die ein wenig außer Atem war. »Auf der Hälfte des Weges stürmte er plötzlich los. Ich musste mich ganz schön anstrengen, um nicht den Anschluss zu verlieren.«
    »Schön zu wissen, dass man uns vermisst hat«, sagte ich.
    Jane streichelte Babar, der so heftig mit dem Schwanz wedelte, dass sich ein Wirbelsturm zusammenbraute. Ich gab Zoë einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
    »Ihr beide habt Besuch«, sagte Zoë. »Er kam vor etwa einer Stunde. In einem Schweber.«
    Niemand im Dorf besaß einen Schweber. Ein solches Gefährt war viel zu protzig und unpraktisch für eine landwirtschaftliche Region. Ich blickte mich zu Jane um; sie zuckte die Achseln, als wollte sie sagen: Ich erwarte niemanden . »Hat er gesagt, wer er ist?«, fragte ich.
    »Das hat er nicht gesagt«, antwortete Zoë. »Er erwähnte nur, dass er ein alter Freund von dir ist, John. Ich sagte, dass ich dich anrufen könnte, aber er meinte, für ihn wäre es kein Problem, auf dich zu warten.«

    »Kannst du mir wenigstens sagen, wie er aussieht?«
    »Jung«, sagte Zoë. »Irgendwie süß.«
    »Ich glaube nicht, dass ich junge, süße Kerle kenne«, gab ich zurück. »Das ist
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