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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht
Autoren: Wolfgang Schorlau
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ans Telefon ging. Dann stand er aber doch auf, ging an der Bar vorbei ins Freie und nahm das Gespräch an.

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4. Aufwachen
    Der Kopfschmerz war umfassend, dumpf und andauernd. Es fühlte sich an, als sei das Gehirn geschwollen und drücke mit Macht gegen die Schädelwand.
    Bloß nicht bewegen.
    Sein Mund war trocken. Die Zunge schien ebenfalls geschwollen zu sein.
    Es ist nur ein Traum, dachte er. Wieder mal ein Albtraum. Ich schlafe, und wenn ich aufwache, liege ich in meinem Bett im Adlon.
    Er hielt die Augen geschlossen. Doch er schlief nicht. Stattdessen konzentrierte er sich auf den Kopfschmerz, und dabei fiel ihm wieder ein, wie der Hotelpage ihn zu einem schwarzen Van gelockt hatte.
    Er hatte einen Zettel von Susan gehabt.
    Dirk Assmuss bewegte die Zehen seines rechten Fußes. Sie krümmten und streckten sich. Kein Problem. Er hob den Fuß. Auch kein Problem.
    Ich wurde entführt. Wenn ich nicht träume, dann wurde ich entführt.
    Assmuss öffnete die Augen. Gleißendes Licht blendete ihn, er schloss sie sofort wieder. Nach ein paar Sekunden blinzelte er und wartete, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.
    Dann sah er sich um.
    Er lag auf einem großen Bett, wohl zwei Meter lang und zwei Meter breit. Metallgestell, mattschwarz, am Kopfende ornamental verschlungen. In der Mitte entdeckte er eine Handschelle, deren erste Fessel den Metallrahmen umschloss, die zweite hing an einer silbernen Kette, die sich über ein blaues Leintuch schlängelte und dann auf dem Fußboden verschwand. Assmuss’ Blick folgte ihr. Sie tauchte einen halben Meter weiter auf, führte zu einer zweiten Handschelle, deren erste Fessel die Verbindung zur Kette hielt und deren zweite sein Handgelenk umschloss.
    Panisch richtete er sich auf.
    Der Schmerz in seinem Kopf explodierte.
    Assmuss legte sich zurück.
    Ich muss ruhig bleiben. Peterson wird Lösegeld zahlen. Birgit wird Lösegeld zahlen. Es sind Betriebsausgaben, dachte er. Steuerlich absetzbare Betriebsausgaben. Die zahlen bestimmt. Peterson muss das bezahlen, nicht Birgit und ich. Die lassen mich doch nicht hängen.
    Er spürte, wie erneut Panik in ihm aufstieg.
    Bleib ruhig.
    Ob Birgit bezahlen wird?
    Plötzlich war er sich dessen nicht mehr sicher.
    Vorsichtig richtete er sich auf.
    Er befand sich in einem hellen Raum mit weiß gestrichenen Wänden. Neben dem Bett war ein Tisch. Zwischen Tischund Bett stand ein weißer Eimer, zur Hälfte mit Wasser gefüllt, daneben ein zweiter Eimer mit einem festen Deckel und einer Rolle weißes Toilettenpapier. Auf dem Tisch: eine Plastikflasche mit Mineralwasser und ein Glas. Daneben lagen einige Aspirintabletten in grüner Verpackung. Hinter dem Tisch: ein großer metallfarbener Kühlschrank und ein weiß emaillierter Gasherd. Links daneben eine Tür. Sie war offen. Rechts vom Kühlschrank sah Assmuss eine zweite Tür. Verschlossen und massiv. Daneben auf etwa zwei Meter Höhe zwei vergitterte Fenster, durch die Tageslicht ins Zimmer fiel, darunter zwei Heizkörper. Es musste sich um eine Souterrain- oder Kellerwohnung handeln.
    Assmuss überlegte, ob er um Hilfe rufen sollte. Er könnte SOS – Signale gegen die Heizkörper klopfen.
    Er stand auf und prüfte, wie weit er mit seiner Fessel gehen konnte.
    Er kam nur bis zum Tisch.
    Er erreichte weder die Fenster noch den Kühlschrank oder den Herd, auch nicht die beiden Heizkörper.
    Er setzte sich an den Tisch.
    Er stützte den Kopf in seine Hände.
    Er warf zwei Aspirin in das Glas, goss Wasser ein, wartete, bis die Tabletten sich aufgelöst hatten, und trank das Glas aus.
    Er ging zurück zum Bett, legte sich hin und starrte die Decke an.

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5. Telefonat
    »Hallo?«
    »Guten Abend, hier Lehmann, Dr. Hartmut Lehmann. Spreche ich mit Georg Dengler aus Stuttgart?«
    »Ja.«
    »Ich möchte Sie engagieren. Können wir kurz darüber reden?«
    »Um was geht es?«
    »Um den Fall Voss. Sie haben schon davon gehört?«
    »Nein.«
    »Professor Voss ist ein Freund von mir. Ich bin sein Anwalt seit vielen Jahren. Wir sind beide Mitglieder im gleichen rotarischen Club hier in Berlin. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bernhard so etwas getan hat. Ich kenne ihn schon seit zehn Jahren. Seit mehr als zehn Jahren. Seine Familie. Seine beiden Kinder. Ich brauche Hilfe bei seiner Verteidigung. Sie wurden mir empfohlen.«
    »Was wird Ihrem Freund vorgeworfen?«
    »Mord! Lesen Sie keine Zeitungen? Er sitzt in Moabit ein.«
    »Ich war ein paar Wochen im Ausland. Sie müssen mir
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