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Die letzte Chance - Final Jeopardy

Titel: Die letzte Chance - Final Jeopardy
Autoren: Linda Fairstein
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Bewährungshelfer. Das nördliche Ende des Gebäudekomplexes - der einzige Teil, der im Laufe der letzten fünfzig Jahre umgebaut worden ist - wird The Tombs, die Gräber, genannt - das sind die Zellen, in denen die Untersuchungshäftlinge vor der Verlesung der Anklageschrift oder während ihres Prozesses verwahrt werden und die mit dem Gerichtsgebäude durch die sogenannte Seufzerbrücke verbunden sind.
    Mike nennt dieses Gefängnis gern die Landin Lounge, nach dem Bundesrichter, der es vor zehn Jahren hatte umbauen lassen, als es wegen der Überbelegung zu Unruhen und Prozessen gekommen war. »Na klar, baut doch für diesen Abschaum ein Erster-Klasse-Logis! Gebt ihnen Privatzimmer und farbige Badewannen und eine Turnhalle, damit sie sich fit halten und das nächste Mal schneller rennen können, wenn ich hinter ihnen her bin. Schließlich bringen sie sich ja gegenseitig um, damit sie dort reinkommen, dann kann man es ihnen doch gleich gemütlich machen. Ach ja, und Duschen, sechs Duschen pro Zellenblock. Erinnerst du dich noch an Devon Cranston? Den Obdachlosen, der im Riverside Park hauste und vier Menschen erstochen hat? Du kannst Gift darauf nehmen, daß er sich heute zweimal am Tag in der Landin Lounge duscht. Wenn ich aber«, pflegte er dann noch hinzuzufügen, »mein Sandwich für eine Minute auf deinen Schreibtisch lege, dann schwärmen 43 Kakerlaken aus
deinen Aktenschränken aus und vertilgen es. Aus deinem Trinkwasserspender sickert Asbest, und von der Decke blättert Bleifarbe ab und fällt in Battaglias Kaffeetasse. Aber: zuerst die Häftlinge! Das ist mal ein Richter, der klare Prioritäten setzt.«
    Trotz meiner Dienstjahre und meiner Position war das Zimmer, in dem ich arbeitete, nicht schicker oder größer als die Zimmer meiner Kollegen. Es war ein zweieinhalb mal vier Meter großes Gelaß mit einem einzigen Fenster, das auf ein ödes Amtsgebäude auf der anderen Seite der schmalen Straße hinausgeht. Meine Bemühungen, das Ganze mit ein paar Fotos und Postern freundlicher zu gestalten, wurden von der tristen Ansammlung angeschlagener Möbel konterkariert: einem Schreibtisch, mehreren nicht zusammenpassenden ledergepolsterten Stühlen, einem Bücherregal und hohen Aktenschränken mit fünf Schubladen in einem schmutzigen Grau, dazu ein fadenscheiniger, fleckiger Läufer.
    An diesem wie an den meisten anderen Tagen wurde das ganze Durcheinander noch durch Akten von laufenden Ermittlungen und abgeschlossenen Prozessen vergrößert. Sie dokumentierten die Stadtlandschaft der Gewalt, für die meine Kollegen und ich von Gerichts wegen zuständig waren: Karten und Pläne von Dächern, Parks, Treppenhäusern in Sozialwohnungsblocks und eleganten Wohnungseinrichtungen - sie warteten hier darauf, bei einem Verfahren als Beweismaterial gekennzeichnet zu werden oder in die Archive im Keller des gigantischen Gerichtsgebäudes zu wandern, wo sie so lange lagerten, bis sämtliche Berufungsverfahren abgeschlossen waren.
    Auf meinem Stahlschreibtisch lag eine hellrote Schreibunterlage, von der allerdings nur selten mehr als ein schmaler Streifen zu sehen war, wegen der Akten und Notizblöcke, die sich darauf stapelten. Sie enthielten Verfahrensakten und Zeugenaussagen, Polizeiberichte und Aktennotizen von Anklägern dieser Abteilung, Laboranalysen von Körperflüssigkeiten und Blutgruppen, Fahndungsfotos, Krankenunterlagen und DNS-Profile von Vergewaltigungsopfern sowie jede andere Form von Müll aus der Welt des Strafrechts.
    Ich ging hinaus aus dem Büro und den Gang hinunter zum Konferenzzimmer, um die erste Kanne Kaffee des Tages zu füllen,
während Mike noch einmal überprüfte, ob Piggy tatsächlich noch immer in der Klapsmühle von Bellevue war.
    »Das wäre aber auch zu einfach gewesen«, sagte er. »Laß uns also überlegen, wo wir jetzt ansetzen sollen.«
    »Battaglia möchte, daß wir uns sämtliche schwebenden Fälle von sexueller Belästigung vornehmen, all meine abgeschlossenen Fälle, die zu langjährigen Haftstrafen geführt haben, und die Liste der Kerle, die in der letzten Zeit mit Auflagen entlassen wurden. Meine Kanzleibeamten werden dir helfen, alles zusammenzustellen - die Akten befinden sich alle in ihrem Büro, unten im Gang neben dem Berufungsamt.«
    »Du mußt dir deinen Kopf für mich zerbrechen, Alex. Denk an Dinge, die nicht in den Verfahrensakten stehen, Dinge, von denen niemand sonst weiß, Bemerkungen, die du ignoriert hast, weil du schon zu lange im Dienst bist, um noch auf sie zu
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