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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche
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und meiner Vision – ja, wir werden ein Raumschiff bauen, eine Weltraumarche.«
    Patrick fühlte sich bedrängt. »Ich glaube, Sie manipulieren mich, Dr. Glemp. Sind Sie so sicher, dass ich Ihren Traum teile?«

    »Ich weiß es.« Glemp schaute kurz auf Holle hinab. »Ich habe mich bei Nathan nach Ihnen erkundigt. Ihre Tochter ist 2019 geboren; sie muss also gezeugt worden sein, kurz nachdem Sie gehört haben, wie Dr. Thandie Jones vor dem IPCC das Ende der Welt skizziert hat. Sie war ein Kind der Hoffnung.«
    Patrick spürte, dass er errötete. Aber der seltsame kleine Mann hatte Recht. Nachdem er und Linda Thandie zugehört und die entmutigende Reaktion ihres Publikums gesehen hatten – ja sogar nachdem sie vor dem Hurrikan hatten fliehen müssen, der kurz darauf so plötzlich über Manhattan hereingebrochen war –, waren sie zusammen mit anderen Flüchtlingen aus New York City nach Newburgh, New Jersey, zurückgekehrt, wo sie wohnten. Sie hatten etwas gegessen, eine Flasche Wein getrunken und ihre empfängnisverhütenden Mittel weggeworfen. Holle war in der Tat ein Kind der Hoffnung gewesen, gezeugt aus Trotz gegen eine Zukunft, die ihnen damals pechschwarz erschienen war. Selbst ihr Name war Ausdruck der Rolle, die sie Lindas und seiner Ansicht nach vielleicht einmal würde spielen müssen.
    »Also kommen Sie«, sagte Jerzy Glemp. »Wir haben viel zu tun. Gönnen wir uns ein Mittagessen. Sie können mir einen Drink spendieren, und wir müssen anfangen zu planen, wie wir die Menschheit retten und dabei Ihr Geld ausgeben.« Er ging voran, auf die Straße hinaus.
    Patrick hob die schläfrige Holle hoch und folgte ihm. Er fragte sich, auf was, zum Teufel, er sich da einließ.

8
    Am nächsten Morgen brachte ein Kurier einen handschriftlich an Patrick Groundwater adressierten Brief ins Brown Palace. »Persönlich – vertraulich – keine Weitergabe an Dritte«, stand auf dem Kuvert.
    Der Kurier war noch ein Kind, ein etwa vierzehnjähriger Junge in einem anonymen AxysCorp-Overall. In einer Welt voller hungriger Flüchtlinge musste man nicht reich sein, um sich einen Boten leisten zu können. Da es in dieser Welt allerdings auch fast kein Papier mehr gab, war es dennoch eine ungewöhnliche Form der Nachrichtenübermittlung. Patrick bat Alice Sylvan, dem Jungen ein Trinkgeld zu geben, und schickte ihn weg. Während Holle im Wohnzimmer der Suite frühstückte, ging Patrick, den Anweisungen auf dem Kuvert sinngemäß Folge leistend, mit dem Brief ins Badezimmer, hockte sich in eine Ecke, die seiner Ansicht nach von etwaigen Überwachungskameras nicht erfasst werden konnte, und öffnete ihn.
    Die Nachricht stammte von Edward Kenzie. Er lud ihn in derselben Handschrift wie auf dem Kuvert ein, um zehn Uhr vormittags zum Auraria Campus zu kommen, »um dem Start eines neuen Projekts beizuwohnen«. Patrick kam sich ein wenig töricht vor, als er die Nachricht in kleine Fetzen zerriss und in der Toilette hinunterspülte.
    Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück, trank rasch eine weitere Tasse Kaffee und half Holle, sich auf ihren Tag vorzubereiten.
Es war ein sonniger Morgen mit wenigen Wolken am Himmel. In der Wärme und dem Licht hellte sich die Stimmung der Menschen spürbar auf, und Holle hüpfte auf dem ganzen Weg durch die Stadt neben ihm her. Sie gingen in südwestlicher Richtung die Larimer Street entlang zur Brücke über den Cherry Creek und zum Campus. Alice Sylvan – Gummiknüppel in der Linken, die Rechte am Pistolenhalfter – lächelte, als Holle in den einbetonierten Bach spähte. Von der Brücke aus sah Patrick die Schultern der Rockies im Westen und die Quartzsplitter von Denvers kleinem Zentrum im Osten.
    Sie erreichten den Campus. Patrick hatte in Yale und Oxford studiert. Auraria mit seinen drei Colleges musste einmal wie der neuzeitliche Hollywood-Nachbau eines traditionellen Campus ausgesehen haben, dachte er, mit breiten, belaubten Alleen inmitten endloser Parkplätze. Einige der Gebäude wurden noch genutzt; in einer Bundeshauptstadt herrschte auch jetzt noch Bedarf an College-Absolventen. Viele andere waren jedoch in Wohnhäuser umfunktioniert worden, und auf den umgepflügten Sportplätzen wurden Feldfrüchte angebaut.
    Der Brief führte Patrick und seine Leute zur einem Kasten aus Glas und weiß gestrichenen Stahljalousien, der die Bibliothek und das Medienzentrum des Campus beherbergte. Draußen wurden sie von einem Mann in einem schlichten Anzug empfangen, dessen Jackett kaum die Wölbung seiner
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