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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China
Autoren: Jules Verne
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das Gewünschte.
    »Doch warum das Ganze, fragte er; an diesem Orte und zu dieser Stunde?
    – An diesem Orte, erklärte ihm Fry, weil wir nicht die Absicht haben, Sie noch weiter zu begleiten.
    – Und zu dieser Stunde erklärte Craig, weil es binnen wenig Minuten Mitternacht sein wird.
    – Was geht Ihnen die Stunde an?
    – Mein Herr, nahm da Craig das Wort, das Interesse unserer Gesellschaft für Lebensversicherung bezüglich ihrer werthen Person….
     

    Der Führer nahm die Spitze des Zuges ein. (S. 202.)
     
    – Erlischt binnen wenig Augenblicken…. fuhr Fry fort.
    – Und Sie können sich nun selbst umbringen….
    – Oder sich umbringen lassen….
    – Wann und wo es Ihnen beliebt!«
     

    »Die Große Mauer!« sagte der Führer. (S. 206.)
     
    Kin-Fo sah verwundert die beiden Agenten an, die ihm das mit dem liebenswürdigsten Tone sagten. Da stieg der Mond über dem östlichen Horizont herauf und traf sie mit seinen ersten Strahlen.
    »Ah, der Mond! rief Fry.
    – Und heute ist der 30. Juni! sagte Craig.
    – Er geht um Mitternacht auf….
    – Und da Ihre Police nicht erneuert ist….
    – Haben Sie aufgehört, der Client der »Hundertjährigen« zu sein….
    – Gute Nacht, Herr Kin-Fo!…. rief Craig.
    – Herr Kin-Fo, gute Nacht!« wünschte ihm Fry.
    Die beiden Agenten wendeten ihre Kameele um und schwanden bald ihrem verdutzten Clienten aus dem Gesicht.
    Kaum waren die Tritte der Kameele, welche die beiden Amerikaner hinwegtrugen, unhörbar geworden, als sich eine von dem Führer befehligte Anzahl Männer auf Kin-Fo, der sich vergeblich zu vertheidigen, und auf Soun stürzte, der vergeblich zu entfliehen suchte.
    Einige Minuten später sahen sich Herr und Diener in den unteren Raum einer jener verlassenen Bastionen der Großen Mauer eingesperrt, dessen Thür sorgfältig hinter ihnen geschlossen wurde.
Fußnoten
    1 Etwa sieben geographische Meilen.
Zweiundzwanzigstes Capitel.
Welches der Leser hätte selbst schreiben können, da es in kaum unerwarteter Weise endigt.
    Die Große Mauer – ein chinesischer Windschirm von vierhundert Meilen Länge – erbaut vom Kaiser Tisi-Chi-Huang-Ti im 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, erstreckt sich vom Golf Leao-Tong, in dem sie ihre beiden Wände eintaucht, bis nach Kan-Su, wo sie in der Größe und Stärke einer gewöhnlichen Steinwand ausläuft. Sie besteht aus einer ununterbrochenen Folge eines doppelwandigen Walles mit Bastionen und Thürmen, in der Höhe von fünfzig und der Breite von zwanzig Fuß, dessen Grund aus Granit, die Außenbekleidung aus Ziegelsteinen hergestellt ist und der sich streng dem Profil der verschiedensten Berge anschließt, welche die Grenze zwischen dem eigentlichen China und der Mongolei und Mandschurei bilden.
    Nach der Seite des Himmlischen Reiches hin befindet sich die Mauer in sehr vernachlässigtem Zustande; nach der Mandschurei hin bietet sie noch einen tröstlicheren Anblick und ist sogar fast durchgängig noch von steinernen Zinnen bekrönt.
    An Vertheidigungstruppen für diese lange Befestigung oder an Kanonen auf derselben darf man freilich nicht denken. Russen, Tataren, Kirghisen schreiten durch deren Thoröffnungen ebenso unbehindert wie die Söhne des Himmlischen Reiches. Der Windschirm schützt eben die Nordgrenze des Kaiserthums nicht mehr, nicht einmal gegen den seinen mongolischen Staub, den der Nordwind nicht selten bis zur Hauptstadt selbst hinführt.
    Durch das Ausfallsthor einer jener verlassenen Bastionen sollten Kin-Fo und Soun nach einer auf Strohlagern erbärmlich verbrachten Nacht am nächsten Tage weiter ziehen unter Bedeckung von etwa einem Dutzend Männern, welche offenbar Lao-Shen’s Bande angehörten.
    Der bisherige Führer hatte sich aus dem Staube gemacht. Kin-Fo konnte sich indeß jetzt auf keinen Fall mehr täuschen. Auf diesen Weg leitete ihn jener Verräther gewiß nicht aus reinem Zufall; er hatte den Ex-Clienten der »Hundertjährigen« seiner Zeit sicherlich schon erwartet. Die Weigerung, auch über die Große Mauer hinaus mitzugehen, sollte wahrscheinlich nur jeden etwaigen Verdacht von ihm nehmen. Der Spitzbube war ohne Zweifel nur ein Geselle des Taï-Ping, in dessen Namen und Auftrage er handelte.
    Kin-Fo’s Frage an einen der Männer, der die Escorte zu leiten schien, erhob ihm diese Annahme zur Gewißheit.
    »Sie führen mich jedenfalls nach dem Lager Lao-Shen’s, Ihres Anführers? wandte er sich an jenen.
    – Vor Ablauf einer Stunde werden wir daselbst eintreffen!« bestätigte
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