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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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Untergehen. Obwohl er es sich anders erhofft hatte, galt sein erster Gedanke dem Fiasko mit dem Brettchen. Komisch nur, daß Maria sich noch nicht gemeldet hatte. Seine Freundin mußte doch drauf brennen, von ihm Näheres über das Zustandekommen jenes kuriosen Happenings in der Küche zu erfahren. Herr Schweitzer wirkte zwar noch immer arg ramponiert, doch regten sich nun erste Lebensgeister in ihm. Vorsichtig setzte er sich auf den Bettrand. Erfreut stellte er fest, daß das Schwindelgefühl nachgelassen hatte. Er hatte Durst beziehungsweise einen gewaltigen Kater. In der Küche nahm er eine Flasche Orangensaft aus dem Kasten und trank sie in einem Zug leer, woraufhin ihm ein Bäuerchen entfuhr.
Essen steht im Kühli
las er in Lauras Handschrift auf einem Zettel. Nein, Hunger hatte er keinen. Wenn er nur an feste Nahrung dachte, rebellierte sein Magen. Er setzte Kaffee auf, der würde ihn bestimmt wieder auf den Damm bringen.
    Mit jedem Schluck erstrahlten seine Lebensgeister heller. Erstmals wagte er einen Gedanken an den gestrigen Abend. Die letzte Erinnerung, die er hervorkramen konnte, betraf eine Tanzszene, bei der er glücklicherweise nur Zuschauer gewesen war. Zumindest dabei dürfte er sich also nicht blamiert haben, hundertprozentig sicher war er sich dessen aber nicht. Doch mit wem hatte er sich noch alles unterhalten, wann hatte er die Party verlassen und vor allem, wie war er nach Hause gekommen? Fragen über Fragen, die nach Antworten schrien. Er rief sich den Innenraum einer Taxe in Erinnerung, vielleicht würden ihn ja Details auf die Sprünge helfen. An und für sich war das eine bewährte Methode, doch heute versagte sie. Herr Schweitzer versuchte es mit den Gesichtern seiner Klassenkameraden, der Rekonstruktion einzelner Gesprächsfetzen, dem Voraugenführen der Räumlichkeiten und zu guter Letzt mit dem Geschmack von Bier und Schnaps. Aber es wollte einfach nicht funktionieren. Sollte er in seinem Zustand etwa noch nach Hause gelaufen sein? Wenn es auch nur wenige hundert Meter waren, so hielt er es doch für eher unwahrscheinlich. Mit einem geschätzten Minimum von zwei Komma fünf Promille wäre, enorme Willenskraft vorausgesetzt, allenfalls noch Kriechen als die einzige mögliche Fortbewegungsart vorstellbar gewesen. Um ans Licht zu kommen, muß man tiefe Täler durchschreiten, sagte er sich. Bedauerlich nur, daß er ausgerechnet heute mit seinen Bemühungen im Tal steckenblieb. Nicht mal eine ungefähre Vorstellung der letzten Stunden wollte sich einstellen. Mit Bestimmtheit ließ sich nur sagen, daß er zu Hause und nicht im Rinnstein aufgewacht war, und er sich, na ja, noch ein wenig desorientiert in der Küche zu schaffen gemacht hatte. Einen der Klassenkameraden anzurufen, wäre natürlich auch eine Option gewesen, doch hätte er sich dann die Blöße geben müssen, einen Filmriß in der Länge zweier Kinofilme zu gestehen. Oder noch länger. Wer weiß das schon? Er jedenfalls nicht. Aus therapeutischen Gründen entschloß sich Herr Schweitzer zu einem Spaziergang. Frischluft würde ihm guttun.
    Der silberne Mond wirkte wie arrangiert. Jeder Schritt brachte ihn dem Einklang mit der Natur näher. Wie zu befürchten stand, war er noch etwas wackelig auf den Beinen, so daß er nur langsam vorankam. Ins Weinfaß oder einer anderen Lokalität würde er heute abend mit Sicherheit nicht einkehren. Erstens gab’s dort Alkohol, pfui Teufel, und zweitens wollte er auf keinen Fall bekannten Gesichtern begegnen. Ein Schwätzchen war so ungefähr das allerletzte, nach dem ihm der Sinn stand. Sicherheitshalber benutzte er spärlich beleuchtete Seitenstraßen. Nach etwa einem Kilometer merkte er, wie ihm die Kräfte schwanden, und er machte kehrt. Das Wasserhäuschen an der Bahnschranke bei den Kleingärten der Rosisten war noch geöffnet. Sofort machte sich Herrn Schweitzers Nachdurst bemerkbar. Eine eisgekühlte, prikkelnde Cola war nun das Maß aller Dinge. Zum Bezahlen öffnete er seine Geldbörse. Und fand kein Geld. Dafür aber eine Visitenkarte. Die war von Andrea Hampel, einer Klassenkameradin. Es war auch etwas draufgekritzelt.
Mi. 14 Uhr Dreikönigskirche
las Herr Schweitzer zu seiner Verblüffung. Augenblicklich begann sein Hirn zu rattern. Und wie zuvor kam nichts dabei heraus.
    „Wie sieht’s nun aus? Eins zwanzig kriesch isch für die Cola“, meldete der Kioskbesitzer seine Ansprüche an.
    „Äh ...“ Abermals durchsuchte Herr Schweitzer sein Portemonnaie erfolglos. „Habe wohl
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