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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Autoren: Markus Heitz
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Korridor unbeschadet passieren zu können, durfte sie beim Gehen nur auf bestimmte Bodenplatten treten, sonst wurden Fallen ausgelöst.
    Bislang hatte es die junge Tyvoi stets geschafft, nicht Opfer des Abwehrmechanismus zu werden, aber sie hatte gehört, dass sich Fallgruben öffneten, Wasser hereinflutete oder man an Schlingen in die Höhe gezogen wurde.
    Das wäre mir zu viel Spott. Cothóra gelangte an das Ende des Ganges und zog den Schlüssel erneut, um dieses Mal das Schloss in der zweiten Fuge von oben zu entriegeln, dann trat sie in die Versammlungshalle.
    Mit einem Blick erfasste sie, dass sie als Letzte eintraf.
    Die mehr als dreißig Tyvoi, die es in Dsôn gab, standen und saßen in dem runden Raum, der mit einem Durchmesser von zwanzig Schritte und seiner Kuppelform an einen Tempel erinnerte. Die maskierten Albae unterhielten sich, es wurde gelacht und gescherzt.
    Einige sahen auf und wandten sich um, nickten oder prosteten ihr mit den Bechern zu. Keine Maske sah aus wie die andere, dazu kamen die besonderen Merkmale wie Edelsteine, Muster oder Markierungen. Niemand kannte die wahren Namen dahinter.
    Auf aufwendige Kleidung verzichteten die Tyvoi; man trug schlichte Gewänder, die bequem und praktisch waren. Die Diebe versammelten sich nicht, um mit kostbaren Stoffen anzugeben.
    Gepolsterte Stühle, Sessel und Bänke luden zum Verweilen ein. Im großen Kamin brannte ein Feuer, um die Kühle zu vertreiben, die trotz des Sommers herrschte. Im Mittelpunkt des Kuppelraumes stand eine große Tafel, an der sämtliche Tyvoi zum Beratschlagen und Feiern Platz fanden.
    Cothóra erwiderte den Gruß, anschließend hob sie den Kopf und lächelte in das warme Licht, das sie von allen Seiten umschmeichelte.
    In den mit poliertem Blattgold verkleideten Wänden befanden sich rundum kleine Nischen, in die Tafeln mit den Namen der Besten eingelassen waren. Der gewaltige Leuchter, in dem zehn Ölfackeln steckten, schwebte in der Mitte etwa sieben Schritte über dem Boden, die Feuer brannten rauchlos und verbreiteten den schwachen Geruch von Kräutern.
    Cothóras Blick wanderte hinüber zur diamantverzierten Trophäe in Form einer Maske, die dem oder der Tyvoi gebührte, die den wertvollsten Fang mit in die Versammlungshalle brachte. Oh, ja. Leuchte und glitzere. Bald darf ich dich für mich beanspruchen.
    Zwei laute Schläge erklangen, die mit einem metallischen Klirren einhergingen.
    Cothóra sah hinüber zu Nâgal, dem Alb mit dem Zeremonienstab, der aus Schwarzholz gemacht war und bis an die Schulter reichte; Intarsien aus weißem Gebein und eine silberne Spitze verliehen ihm etwas sehr Edles, ein Ring aus schwarzen Onyxen bildete den oberen Abschluss.
    Die Gespräche verstummten abrupt.
    »Da nun Maràkata ebenfalls zu uns gestoßen ist«, rief der älteste Alb im Saal deutlich, »kann die Bewertung der Beutestücke beginnen. Tretet vor«, die Spitze deutete auf die lange Tafel, »und zeigt, was ihr genommen habt. Berichtet, wem ihr es nahmt und wie sich das Ganze zutrug. Ich werde bewerten, welches das Wertvollste ist.« Nâgal begab sich an den langen Tisch und setzte sich.
    Diamàs, eine Albin mit kurzen, grauen Haaren und einer in dunkelrot gehaltenen Maske mit schwarzem Emblem, machte den Anfang und zog eine vergoldete Speerspitze aus dem Beutel.
    Cothóra zog die Augenbrauen hoch, was natürlich keiner sehen konnte, und doch war sie sich sehr sicher, dass andere Tyvoi ihr Gefühl der Überraschung teilten. Ist das … die Speerspitze des Tion-Standbildes?
    Der Platz, an dem sich die elf Schritte hohe Statue des finsteren Gottes erhob, war bei Tag und Nacht belebt, hierher kamen die unbekannten Dichter, die ihre schönen Worte und Verse unentgeltlich an die Einwohner vortrugen, weil sie hofften, von der Masse entdeckt zu werden. Es gab sogar Künstler, die ihre Gedichte nur bei Dunkelheit rezitierten, weil sie die größte Wirkung entfalteten. Wie gelang ihr das? Es ist unmöglich, nicht von der Garde bemerkt zu werden.
    Diamàs legte die Speerspitze vor Nâgal ab, dann stieg sie auf einen Sessel, damit sie besser gesehen und gehört wurde. »So vernehmt meine Geschichte, geschätzte Tyvoi!«, sprach sie und konnte ihre Siegessicherheit in der Stimme kaum verbergen.
    Cothóra hörte der Albin kaum zu. Das Medaillon hatte sie aus dem stark besuchten Samusin-Tempel entwendet, und es war ihr sehr leicht gefallen. Sie hatte eine Pause zwischen den Gebeten abgewartet, in der die Gläubigen zum Essen und Trinken das
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