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Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Titel: Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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unbestritten das Herz einer Kokette erobert, ist ein wirklicher Held. In der That war dieß nicht der Fall mit dem furchtbaren Brom Bones, und von dem Augenblick, als Ichabod Crane seine Avancen machte, waren die Hoffnungen des ersteren offenbar im Sinken; man sah sein Pferd nicht mehr in Sonntagsnächten an das Haus angebunden, und es entspann sich nach und nach eine tödtliche Feindschaft zwischen ihm und dem Präceptor der Schlafhöhle.
    Brom, der etwas von roher Ritterlicheit in seinem Wesen hatte, würde mit Freuden Mittel und Wege zum offnen Krieg gefunden und seinen Ansprüchen auf das Mädchen kurz und bündig nach irrender Ritter Art durch Kampf Nachdruck gegeben haben; aber Ichabod kannte zu sehr die Uebermacht seines Feindes über ihn, um sich mit ihm zu messen; er überhörte daher Bones’ Prahlerei, »er wolle den Schulmeister zusammenklappen und auf ein Bret seines Schulhauses legen«; auch war er zu schlau, um ihm irgend eine Gelegenheit zu geben. Es lag etwas außerordentlich Herausforderndes in diesem hartnäckig festgehaltenen Friedenssystem; es blieb Brom keine Wahl, als die Sache ins Lächerliche zu ziehen und seinen Rival mit bäuerischem Spott zu verfolgen. Ichabod wurde von Seiten Bones’ und seiner rohen Horde der Gegenstand einer muthwilligen Verfolgung. Sie beunruhigten sein bisher so friedliches Gebiet; brachten Rauch in seine Singschule durch Verstopfung des Schornsteins; brachen trotz der außerordentlichen Befestigungen der Fenster mit Weidenstöcken bei Nacht in das Schulhaus und warfen Alles zu unterst als oberst, so daß der arme Schulmeister glaubte, alle Hexen im ganzen Lande hielten hier ihre Versammlungen. Aber was noch unangenehmer war, Brom benutzte jede Gelegenheit, ihn in Gegenwart seiner Geliebten lächerlich zu machen; so hatte er einen schäbigen Hund, den er auf eine possierliche Weise winseln lehrte und als Ichabods Rival bei ihr einführte, um sie im Gesang geistlicher Lieder zu unterrichten.
    So stand die Sache eine Zeit lang, ohne daß sich die gegenseitige Position der streitenden Parteien wesentlich änderte. Da saß einmal an einem schönen Herbstnachmittag Ichabod nachdenkend auf seinem erhabenen Stuhl, wie auf einem Thron, von welchem er gewöhnlich alle Angelegenheiten seines kleinen literarischen Reiches überwachte. In seiner Hand schwang er einen Stock, das Scepter der Despotie; die Birkenruthe, der Schrecken der Uebelthäter, hing an drei Nägeln hinter dem Throne, während vor ihm auf einem Pulte allerhand contrebande Waare und verbotene Gegenstände lagen, die er bei unnützen Buben entdeckt hatte, als halbverzehrte Aepfel, Knallbüchsen, Kreisel, Fliegenhäuschen und eine ganze Legion von kleinen Papierfiguren. Offenbar war eben ein abschreckender Akt der Justiz vor sich gegangen, denn seine Schüler hatten alle ihre Aufmerksamkeit auf die Bücher gewandt, oder flüsterten, ein Auge auf den Meister gerichtet, scheu und leise, und eine Art summender Stille herrschte durch die ganze Schulstube. Plötzlich wurde dieß unterbrochen durch die Erscheinung eines Negers in einer Zwillichjacke und weiten Hosen, mit einem Fragment von einem runden Hute gleich einer Mercuriuskappe, auf einem schlechten, wilden Hengstfüllen sitzend, das er an einem Strick mit einer Halfter führte. Er kam mit Rasseln an die Schulthüre, um Ichabod für diesen Abend zu einer fröhlichen Gesellschaft bei Mynheer van Tassel einzuladen. Als er seine Botschaft mit wichtigen Mienen und in der feinsten Sprache, welche ein Neger bei Gelegenheiten der Art anzunehmen fähig ist, ausgerichtet hatte, eilte er über den Bach weiter und war, erfüllt von der Wichtigkeit und der Eile seiner Sendung, bald außer Gesicht.
    Alles war nun in der zuvor ruhigen Schulstube in Aufruhr. Die Schüler eilten rasch über ihre Lektionen hinweg, ohne sich bei Kleinigkeiten aufzuhalten; diejenigen, welche gewandt waren, überhüpften ungestraft die Hälfte, und diejenigen, welche langsam waren, bekamen hin und wieder einen Klaps, um sie zur Eile anzutreiben, oder man half ihnen über ein langes Wort hinweg. Bücher wurden, anstatt sie auf die Bücherbreter zu stellen, auf die Seite geworfen, Tintenfässer umgeschmissen, Bänke umgeworfen, und die ganze Schule wurde eine Stunde vor der Zeit geschlossen; die Schulkinder aber stürzten heraus wie eine Heerde junger Füllen, schrieen und lärmten im Grase, um ihre Freude über die frühe Entlassung auszudrücken.
    Der galante Ichabod wendete jetzt zum wenigsten
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