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Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Titel: Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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van Tassel bewegte sich unter seinen Gästen mit einem Gesicht voll Zufriedenheit und guter Laune, rund und voll wie der Mond. Seine kleinen Aufmerksamkeiten waren kurz, aber voll Ausdruck; sie beschränkten sich auf einen Handschlag, einen Klaps auf die Schulter, ein lautes Gelächter und eine dringende Einladung »zuzulangen und sich selbst zu bedienen«.
    Jetzt tönte Musik von dem Salon und lud zum Tanze ein. Der Musiker war ein alter grauköpfiger Neger, schon seit einem halben Jahrhundert das wandernde Orchester der Umgegend. Sein Instrument war so alt und abgenutzt als er selbst. Größtentheils kratzte er nur auf zwei oder drei Saiten, indem er jede Bewegung seines Bogens mit einer Kopfbewegung begleitete und sich fast bis auf den Boden beugte und mit dem Fuß stampfte, so oft ein frisches Paar antrat.
    Ichabod bildete sich so viel auf sein Tanzen ein als auf seine Stimme. Nicht ein Glied, nicht eine Fiber an ihm war müßig; und wer sein schlotteriges Gestell in voller Bewegung über den Tanzplatz hinrasseln sah, mußte glauben, St. Veit selbst, der heilige Patron des Tanzes, mache leibhaftig seine Touren vor ihm. Er wurde von allen Negern bewundert, die sich von allen Altern und Größen von der Farm und aus der Nachbarschaft versammelt hatten, eine Pyramide von glänzenden schwarzen Gesichtern an jeder Thüre und jedem Fenster bildeten, sich mit Vergnügen die Scene besahen, ihre weißen Augäpfel rollen und ihre Reihen von Elfenbeinzähnen von einem Ohr zum anderen sehen ließen. Warum hätte da der Knabenzuchtmeister nicht lustig und vergnügt sein sollen?
    Die Dame seines Herzens war seine Tänzerin und lächelte wohlwollend bei allen seinen verliebten Blicken, während Brom Bones, wüthend vor Liebe und Eifersucht, finster und in sich versunken in einem Winkel saß.
    Als der Tanz zu Ende war, wurde Ichabod zu einem Häufchen ernster Männer hingezogen, welche mit dem alten van Tassel an einem Ende des Säulenganges ihre Pfeife rauchten, von alten Zeiten schwatzten und besonders lange Geschichten aus dem Krieg erzählten.
    Die Gegend, von der ich spreche, gehörte damals zu jenen begünstigten, welche reich an Geschichte und großen Männern sind. Die britischen und die amerikanischen Truppen waren während des Krieges in der Nähe aufeinander gestoßen, sie war deßhalb die Scene von Plünderungen geworden und hatte Flüchtlinge, Troßbuben und alle Arten von Gränzrittern beherbergt. Es war hinreichende Zeit verflossen, um jeden Erzähler in den Stand zu setzen, seine Geschichte mit etwas Erdichtung aufzuputzen und bei der Unbestimmtheit seiner Erinnerung sich selbst zum Helden jeder That zu machen.
    Da war die Geschichte von Duffue Martling, einem dicken blaubärtigen Holländer, der fast eine britische Fregatte mit einem alten eisernen Neunpfünder von einer sumpfigen Brustwehr genommen hätte, wenn nicht seine Kanone beim sechsten Schuß zersprungen wäre. Und da war ein alter Herr, – seinen Namen nenne ich nicht, er ist mir ein zu reicher Mynheer, – der, ein großer Meister in der Vertheidigungskunst, in der Schlacht von Whiteplains eine Flintenkugel mit einem kleinen Säbel parirte, so daß er das Zischen rund um die Klinge und die schnelle Bewegung des Heftes fühlte; zum Beweis der Wahrheit war er jederzeit bereit, den Säbel mit dem etwas verbogenen Heft zu zeigen. Es gab noch verschiedene Andere, die ebenso groß im Felde waren, darunter aber nicht einen Einzigen, der nicht überzeugt gewesen wäre, daß er zum glücklichen Ende des Krieges wesentlich beigetragen habe.
    Aber alles Das war nichts gegen die Erzählungen von Geistern und Erscheinungen, die nun folgten. Die Gegend ist reich an märchenhaften Schätzen dieser Art. Abergläubische Lokalgeschichten gedeihen am besten in diesen verborgenen, lange bewohnten Schlupfwinkeln, während sie durch das bewegte Gedränge, das die Bevölkerung unserer meisten Landstädte bildet, unter die Füße getreten werden. Uebrigens finden auch in den meisten unserer Dörfer die Geister keine Aufmunterung; denn sie hatten kaum Zeit, ihr erstes Schläfchen zu beendigen und sich in ihren Gräbern umzudrehen, so sind ihre überlebenden Freunde bereits aus der Gegend weggewandert, so daß, wenn sie in der Nacht die Runde machen, sie keine Bekannten mehr finden, denen sie einen Besuch abstatten könnten. Dieß ist vielleicht auch der Grund, weßhalb wir, ausgenommen in unseren lange bewohnten holländischen Gemeinden, so wenig von Geistern hören.
    Die
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