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Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Titel: Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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schmackhaft zubereitet, mit seinem Magen unter dem Flügel und vielleicht einem Halsband von wohlschmeckenden Würsten, und selbst der stolze Hahn lag ausgebreitet auf seinem Rücken auf einer Nebenschüssel, mit aufgehobenen Krallen, als wenn er nach dem Quartier verlangte, das sein ritterlicher Geist verschmähte, als er noch am Leben war.
    Indem sich nun der entzückte Ichabod alles dieß ausmalte und seine großen grünen Augen über die fetten Wiesen, die reichen Weizen-, Roggen-, Buchweizen-und Welschkornfelder und die mit reichen Früchten versehenen Obstgärten, welche das schöne Gut van Tassels umgaben, schweifen ließ, zog ihn sein Herz zu dem Mädchen hin, das dieß Alles einmal erben sollte, und seine Einbildungskraft malte ihm vor, wie man dadurch leicht zu Vermögen kommen und das Geld in großen Strecken unbebauten Landes und Schindelpalästen in der Wildniß anlegen könne. Ja, seine geschäftige Phantasie zeigte ihm bereits die blühende Katharine mit einer ganzen Schnur von Kindern oben auf einem Wagen, mit Hausrath beladen und mit herunterhängenden Töpfen und Kesseln; er selbst sah sich auf einer Stute, mit einem Fohlen zur Seite, auf dem Wege nach Kentucky, Tennessee oder Gott weiß wohin.
    Als er das Haus betrat, war sein Glück vollkommen. Es war eines jener geräumigen Farmhäuser mit hohen, etwas schiefen Dächern, in dem Stil, wie ihn die ersten holländischen Ansiedler liebten; das ein wenig hervorspringende Dach bildete in der Front des Hauses einen Säulengang, den man bei schlechtem Wetter verschließen konnte. Hier befanden sich Dreschflegel, Pferdegeschirr, verschiedenes Hausgeräthe und Netze, um in dem benachbarten Fluß zu fischen. An der Wand waren Bänke für den Sommer angebracht, und ein großes Spinnrad an dem einen und ein Butterfaß an dem anderen Ende zeigte die verschiedenen Zwecke, zu denen dieses Vorhaus bestimmt war. Aus diesem Säulengang ging der erstaunte Ichabod in den Vorsaal, der den Mittelpunkt des Hauses bildete und zum gewöhnlichen Aufenthaltsort diente. Hier blendete eine Reihe zinnernes, auf einem langen Tisch aufgestelltes Geräthe sein Auge. In einem Winkel lag ein großer Sack mit Wolle zum Spinnen, in einem anderen ein Haufen halb wollenen und halb leinenen Zeugs, das soeben von dem Webstuhl kam; Aehren von welschem Korn und Schnüre von getrockneten Aepfeln und Pfirsichen hingen in Guirlanden an den Wänden, gemischt mit rothem Pfeffer, und eine halb geöffnete Thüre ließ ihn einen Blick in das schönste Gastzimmer werfen, in welchem die klauenfüßigen Sessel und Mahagonytische gleich Spiegeln glänzten; Feuerböcke mit Schaufeln und Zangen blitzten wie reines Gold; getrocknete Orangen und Muscheln zierten den Kamin; Schnüre von mannigfaltig gefärbten Eiern hingen darüber; ein großes Straußenei hing von der Mitte des Zimmers herab, und ein Schenktisch in der Ecke zeigte außerordentliche Schätze an altem Silber und Porzellan.
    Von dem Augenblicke an, als Ichabod diese Herrlichkeiten erblickte, war es mit der Ruhe seiner Seele vorbei, und sein einziges Dichten und Trachten ging nur dahin, die Zuneigung der unvergleichlichen Tochter van Tassels zu gewinnen. Dieß Unternehmen barg indeß größere Schwierigkeiten, als vormals das Loos eines irrenden Ritters in sich schloß, der selten mehr zu thun hatte als mit Riesen, Zauberern, feurigen Drachen und anderen leicht zu besiegenden Feinden zu kämpfen, und nur durch Eisen-und Erzthore und diamantene Wände bis zu dem Schloß zu dringen hatte, in dem die Auserwählte seines Herzens gefangen gehalten wurde, welches Alles er so leicht ausführte wie ein Mann, der sich durch das Centrum einer Weihnachtspastete hindurch arbeitet; die Prinzessin reichte ihm ihre Hand, und damit war die Sache abgethan. Ichabod dagegen hatte sich in das Herz einer ländlichen Kokette voll Launen und Kapricen zu stehlen, welche immer neue Schwierigkeiten und Hindernisse darboten; daneben hatte er es mit einem Heer furchtbarer Feinde von Fleisch und Blut und zahlreichen ländlichen Verehrern zu thun, welche jeden Zugang zu ihrem Herzen besetzt hielten, einander sorgfältig im Auge hatten, aber wenn es einen neuen Bewerber galt, stets gemeinsame Sache machten.
    Der bedeutendste unter ihnen war ein dicker, lärmender und prahlender Bursche, Namens Abraham oder nach holländischer Abkürzung Brom van Brunt, der Held der ganzen Umgegend, welche des Ruhms von seiner Stärke und seinem Muthe voll war. Er war breitschulterig und
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