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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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Weile stand er auf und holte eine Flasche. Er goß etwas in seinen Becher und hielt mir die Flasche hin. »Willst du?«
    Ich zuckte zurück. Der Geruch drang stechend in meine Nase.
    »Antworte«, mahnte er.
    »Nein. Nein, es ist schlechtes Wasser.«
    »Nicht ganz. Es ist schlechter Branntwein. Brombeerschnaps. Billiger Fusel. Ich habe das Zeug gehaßt, du mochtest es.«
    Ich schnob den Geruch aus. »Wir haben das nie gemocht.«
    Er stellte Flasche und Becher auf den Tisch. Er stand auf und ging zum Fenster. Er stieß einen Laden auf. »Geh jagen, habe ich gesagt!« Ich fühlte, wie Nachtauge erschrak und davonlief. Nachtauge fürchtete Dem-wir-folgen ebensosehr wie ich. Einmal hatte ich Dem-wir-folgen angegriffen. Ich war lange krank gewesen, doch an dem Tag hatte ich mich besser gefühlt. Ich wollte hinausgehen, um zu jagen, und er wollte es nicht zulassen. Er stand vor der Tür, und ich sprang ihn an. Er schlug mich mit der Faust, und dann rang er mich nieder. Er ist nicht größer als ich; aber er ist brutaler und schlauer. Er kennt viele Griffe, um jemanden wehrlos zu machen, und die meisten tun weh. Er hielt mich auf dem Boden fest, lange, lange. Ich lag vor ihm auf dem Rücken, meine entblößte Kehle seinen Zähnen preisgegeben. Jedesmal, wenn ich mich bewegte, knuffte er mich. Nachtauge hatte draußen geknurrt, sich aber nicht bis zur Tür gewagt und erst recht nicht versucht hereinzukommen. Als ich um Gnade winselte, schlug Dem-wir-folgen mich wieder. »Sei still!« befahl er. Als ich verstummte, sagte er zu mir: »Du bist jünger. Ich bin älter und weiß mehr. Ich kämpfe besser als du. Ich verstehe mich besser aufs Jagen. Ich stehe über dir. Du wirst alles tun, was ich will, daß du tust. Du wirst alles tun, was ich dir sage. Verstehst du das?«
    Ja, hatte ich ihm geantwortet. Ja, ja, das ist Rudelgesetz, ich verstehe, ich verstehe. Doch er hatte mich wieder geschlagen und mich auf den Boden gedrückt, mit schutzloser Kehle, bis ich ihm auf die richtige Art versicherte: »Ja, ich verstehe.«
    Als Dem-wir-folgen zum Tisch zurückkam, goß er Branntwein in meinen Becher und stellte ihn vor mich hin, wo ich dem Geruch nicht ausweichen konnte. Ich schnaubte.
    »Versuch’s«, drängte er mich. »Nur einen Schluck. Du warst ganz wild darauf. Als Halbwüchsiger, dem es eigentlich streng verboten war, ohne mich ein Wirtshaus zu betreten, hast du diesen Schnaps heimlich in der Stadt getrunken und dann Minze gekaut und geglaubt, ich würde nicht merken, was los ist.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich würde nicht tun, was du mir verbietest zu tun. Ich habe verstanden.«
    Er machte dieses Geräusch, das sich anhört wie ein Mittelding zwischen Röcheln und Niesen. »Oh, früher pflegtest du oft zu tun, was ich dir verboten hatte. Sehr oft.«
    Wieder schüttelte ich den Kopf. »Ich erinnere mich nicht daran.«
    »Noch nicht. Aber bald.« Er deutete erneut auf den Becher. »Komm schon. Probier’s. Nur einen kleinen Schluck. Vielleicht tut es dir gut.«
    Und weil er es wollte, probierte ich. Die Flüssigkeit brannte mir in Mund und Nase, und ich konnte den Geschmack nicht loswerden. Ich verschüttete den Rest aus dem Becher.
    »Nun, daran hätte Philia bestimmt ihre helle Freude«, war alles, was er sagte. Und dann hieß er mich, einen Lappen holen und aufwischen, was ich verschüttet hatte. Und anschließend mußte ich das Geschirr in einer Wasserschüssel säubern und trockenputzen.
    Manchmal geschah es, daß ich Zuckungen bekam und hinfiel. Aus heiterem Himmel. Dem-wir-folgen versuchte dann, mich niederzuhalten, damit ich nicht um mich schlug. Manchmal bewirkten die Zuckungen, daß ich einschlief. Wenn ich später aufwachte, hatte ich Schmerzen. Meine Brust tat weh, mein Rücken tat weh. Manchmal biß ich mir in die Zunge. Ich mochte diese Anfälle nicht. Sie erschreckten Nachtauge.
    Und manchmal, da war ein anderer bei Nachtauge und mir, ein dritter, der mit uns dachte. Er war sehr klein, aber er war da. Ich wollte ihn nicht bei uns haben. Ich wollte niemanden bei uns haben, niemals wieder, wir wollten für uns sein, nur Nachtauge und ich. Er wußte es und machte sich so klein, daß seine Anwesenheit die meiste Zeit nicht zu merken war.
     
    Später näherte sich ein Besucher.
    »Ein Mann kommt«, unterrichtete ich Dem-wir-folgen. Es war Nacht und das Feuer heruntergebrannt. Die gute Jagdzeit war vorüber. Draußen herrschte tiefe Dunkelheit, und bald würde er verkünden, es sei Zeit, schlafen zu gehen.
    Er
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