Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
gab mir keine Antwort. Statt dessen erhob er sich schnell und lautlos und griff nach dem großen Messer, das immer auf dem Tisch lag. Mit einem Wink bedeutete er mir, mich in eine Ecke zu drücken und ihm aus dem Weg zu bleiben. Er ging auf Zehenspitzen zur Tür und wartete. Draußen hörte ich den Schnee unter den Schritten des Fremden knirschen. Dann fing ich seine Witterung auf. »Es ist der graue Mann«, sagte ich. »Chade.«
    Daraufhin öffnete er sofort die Tür, und der graue Mann kam herein. Die vielfältigen Gerüche, die ihm anhafteten, brachten mich zum Niesen. Staubfeines Pulver zerstoßener, getrockneter Blätter und Räucherwerk verschiedener Art. Er war dünn und alt, aber Dem-wir-folgen benahm sich stets, als hätte er es mit einem Ranghöheren zu tun. Dem-wir-folgen legte mehr Holz aufs Feuer. Es wurde heller im Zimmer und wärmer. Der graue Mann schob die Kapuze zurück. Er musterte mich einige Atemzüge lang mit seinen hellen Augen, als ob er auf etwas wartete. Dann wandte er sich an Dem-wir-folgen.
    »Wie geht es ihm? Besser?«
    Dem-wir-folgen hob die Schultern und ließ sie fallen. »Als er dich witterte, sagte er deinen Namen. Seit einer Woche kein Anfall mehr. Vor drei Tagen hat er mir ein Zaumzeug ausgebessert und ganz anständige Arbeit geleistet.«
    »Er versucht nicht mehr, das Leder in den Mund zu stecken und darauf zu kauen?«
    »Nein. Wenigstens nicht, solange ich ihn im Auge habe. Außerdem, es ist eine Tätigkeit, die er von Jugend an kennt. Vielleicht rührt sie an eine Erinnerung.« Dem-wir-folgen stieß ein kurzes Lachen aus. »Wenn nichts anderes, geflicktes Zaumzeug ist etwas, das sich verkaufen läßt.«
    Der graue Mann stellte sich ans Feuer und streckte die Hände über die Flammen. Seine Hände hatten braune Flecken. Dem-wir-folgen holte die Branntweinflasche. Sie tranken Branntwein aus Bechern. Auch ich bekam einen Becher mit einem Fingerhoch Branntwein darin, doch man zwang mich nicht, davon zu trinken. Sie redeten lange, lange, lange von Dingen, die nichts mit Essen oder Schlafen oder Jagen zu tun hatten. Der graue Mann hatte etwas über eine Frau erzählen hören. Es könnte entscheidend sein, ein Fanal für die Sechs Provinzen. Dem-wir-folgen sagte: »Ich werde in Gegenwart von Fitz nicht darüber reden. Ich habe es versprochen.« Der graue Mann fragte ihn, ob er denn glaube, daß ich verstünde, wovon gesprochen würde, und Dem-wir-folgen antwortete, das sei ohne Bedeutung, er habe sein Wort gegeben. Ich hätte gerne geschlafen, aber sie befahlen mir, ruhig auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Als der Ältere gehen mußte, bemerkte Dem-wir-folgen: »Es ist äußerst gefährlich für dich herzukommen. Der weite Fußmarsch. Wird es dir gelingen, unbemerkt wieder hineinzugelangen?« Der graue Mann lächelte nur. »Ich habe meine Schleichpfade, Burrich«, sagte er. Ich lächelte ebenfalls, denn ich erinnerte mich, daß er immer stolz auf seine Geheimnisse gewesen war.
     
    Eines Tages ging Dem-wir-folgen weg und ließ mich allein zurück. Er legte mir keine Fesseln an. Er sagte nur: »Hier sind Haferflocken. Wenn du während meiner Abwesenheit hungrig wirst und essen möchtest, mußt du dich erinnern, wie man sie kocht. Wenn du das Haus verläßt, durch Tür oder Fenster, wenn du Tür oder Fenster auch nur öffnest, werde ich es wissen. Und ich werde dich totschlagen. Hast du mich verstanden?«
    »Ich habe verstanden«, antwortete ich. Er schien sehr zornig auf mich zu sein, dabei konnte ich mich nicht entsinnen, etwas Verbotenes getan zu haben. Er machte einen Kasten auf und nahm Gegenstände heraus. Die meisten waren rund und aus Metall. Münzen. An ein Ding konnte ich mich erinnern. Es glänzte und hatte die Form eines Halbmonds und roch nach Blut, als ich es bekam. Ich hatte mit einem anderen Mann darum gekämpft. Ich konnte mich nicht erinnern, daß ich besonders erpicht darauf gewesen wäre, aber ich hatte gekämpft und es genommen. Jetzt wollte ich es nicht. Er hielt es an der Kette hoch, um es zu betrachten, dann tat er es in einen Beutel. Mich kümmerte nicht, was damit geschah.
    Bald war ich sehr, sehr hungrig. Als Dem-wir-folgen wiederkam, brachte er einen Duft mit. Den Duft eines Weibchens. Nur schwach und vermischt mit dem grünen Geruch einer Wiese. Doch es war ein guter Duft, der ein Verlangen in mir weckte, nach etwas, das nicht Nahrung oder Wasser oder Jagen war. Ich trat dicht an ihn heran, um den Duft einzuatmen, aber er bemerkte nichts davon. Er kochte den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher