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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber
Autoren: Kathryn Lasky
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irgendein anderer. Die Idee, eine Gruppe von ‚Wächtern der Wächter‘ zu bilden, widerspricht allen unseren Grundsätzen. Wenn ihr unbedingt einen Wachtrupp zusammenstellen wollt, dann muss ihm ein Vertreter jeder Brigade sowie eine Vertreterin jeder Nesthälterinnengilde angehören – als da wären: die Harfengilde, die Weberinnen, die Spitzenklöpplerinnen, die Sanitäterinnen und so weiter.“
    „Und wer wählt diese Vertreter aus?“, fragte Gemma.
    „Ich bewahre die Glut in meiner Höhle auf und habe mehr Zeit in ihrer Gegenwart verbracht als irgendwer sonst. Da finde ich es nur angemessen, wenn ich auch diejenigen benenne, die in meiner Höhle Wache halten, bis ich wieder da bin.“
    Soren war insgeheim stolz auf Coryns prompte Antwort. Nach einer Pause fuhr der junge König fort: „Und nun hört mir alle mal gut zu!“ Sein Ton war jetzt noch entschiedener, beinahe drohend. Ein paar Eulen legten unwillkürlich das Gefieder an.
    „Bei meiner Ankunft im Großen Baum habe ich euch erklärt, dass ich meine Jugend und die Grausamkeiten meiner Mutter nur überlebt habe, weil ich an die Legenden geglaubt habe. Die Legenden erzählen von Tapferkeit, Treue und Güte. Diese Werte habe ich mir zu eigen gemacht und das hat mich gerettet. Ihr allekennt die Legenden von klein auf, weil eure Eltern sie euch erzählt haben. Die noch älteren Legenden, von denen euch Otulissa berichtet hat, enthalten andere wichtige Lehren. Unter anderem die, dass wir uns auf gar keinen Fall zu Sklaven der Glut machen dürfen, zu Sklaven der Furcht. Vergesst das nie! Hiermit ordne ich an, dass auch jene uralten Legenden, die ich auf Ezylrybs Geheiß zusammen mit Soren studiert habe, künftig in unserer Bibliothek stehen sollen. Ihr alle sollt sie lesen, damit nicht länger Furcht, sondern Ehrfurcht euer Handeln bestimmt. Wissen bedeutet Freiheit – Freiheit des Denkens und Freiheit des Handelns. Die Glut und ihre Magie aber sind mit dem Verstand nicht zu erfassen. Das macht sie so gefährlich.“
    Niemand sagte mehr ein Wort. Schweigend verließen die Eulen den Saal.

Die Freunde trafen sich in Coryns Höhle. Sie wollten noch einmal das „Sicherheitsproblem“ besprechen.
    „Ausgeschlossen! Ich kann nicht auch noch dieses Ding bewachen.“ Otulissa deutete mit dem Schnabel auf die Glut, die wie zur Antwort auf ihren geringschätzigen Tonfall Funken sprühte.
    „Ich habe wahrhaftig schon genug zu tun. Die neuen Auszubildenden für die Glutsammlerbrigade sind eine derart temperamentvolle Klasse … Fritzi fliegt andauernd ohne Aufforderung los und fängt Glutbrocken. Dabei ist sie für den Bodendienst eingeteilt wie alle Sperlingskäuze. Und dann noch meine Pflichten in der Bibliothek … Nein, ich werde auf keinen Fall ‚Glutsitzen‘ oder wie ihr das nennt.“
    „Ich würde ja auch Eglantine fragen, aber sie ist meine Tante, und ich dachte, das sieht vielleicht irgendwie … irgendwie komisch aus“, entgegnete Coryn.
    „Was ist mit Audrey? Du kannst doch bestimmt maleine Weile ohne sie auskommen, oder, Otulissa?“, warf Soren ein.
    „Audrey? Meinetwegen. Vielleicht fühlt sie sich sogar geehrt. Sie hat ein schlichtes Gemüt.“
    „Im Gegensatz zu Oktavia“, sagte Gylfie.
    Otulissa brach in Tschurren aus. „Oktavia würde das Ganze für völlig gaga halten.“
    „Und Madame Plonk?“, kam es von Digger.
    „Hmmm … keine schlechte Idee. Madame Plonk könnte Gefallen an dieser Aufgabe finden.“
    Madame Plonk war die gefeierte Sängerin im Großen Baum. Sie hatte die Schwäche, dass sie ziemlich eitel war. Da kam ihr die Bitte, sich der Glutwache anzuschließen, womöglich gerade recht.
    Coryn brauchte nicht lange, um eine Liste seiner Vorschläge zusammenzustellen. Zu guter Letzt bestand sie aus zwanzig Eulen. Einige davon gehörten dem Parlament an, wie zum Beispiel Gemma, Elyan und die Schleiereule Yiena. Dazu kamen Mitglieder der verschiedenen Brigaden sowie sechs Nesthälterinnen. Man fand allgemein, dass die Auswahl sehr gelungen und ausgewogen war. Niemand war gekränkt und von Otulissa abgesehen, weigerte sich auch niemand.
    So kam es, dass der junge König noch am selben Abend in Begleitung der Bande den Großen Baum verließ. Ein stürmischer Wind blies von Norden. Die fünf überquerten das Hoolemeer mit Kurs auf Ambala. Ihre Umrisse zeichneten sich vor dem fast vollen Mond ab.
    Coryn flog an der Spitze der kleinen Formation. Er wurde von Soren auf der einen und Morgengrau auf der anderen Seite flankiert.
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