Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Schaum, gebe als Bindemittel Statistiken zum sozialen Niedergang bei, und schon ist man auf der sicheren Seite – oder im völligen Abseits, wenn es nach den alten, nicht reformierten Thatcher-Anhängern gehen würde. Nachdem jene beiseite geräumt waren, begann ich einen MA -Kurs. Meine Abschlussarbeit behandelte das Thema Schuld und Sühne, was mir die Möglichkeit eröffnete, mich großspurig als geläutertes Mitglied der Gesellschaft zu gerieren. Nur leider war es geradezu tödlich langweilig.
    Es wäre alles in Ordnung gewesen, hätte ich nur die Wahrheit über meine Mithäftlinge erzählen können, für die das Verbrechen ein Job wie jeder andere war, nur dass es das Problem mit der Arbeitslosigkeit nicht gab. Es ist völlig sinnlos, das Gefängnis als Weiterbildungseinrichtung zu betrachten, wenn man mit Leuten zu tun hat, die sich selbst nicht als arbeitslos, sondern als aus dem Verkehr gezogen betrachten. Es wäre besser, wenn man sie mit Steuergeldern auf Urlaub ins Ausland schicken würde, in der Hoffnung, dass sie sich dort eine Lebensmittelvergiftung oder die Legionärskrankheit zuziehen. Aber ich war mir völlig darüber im Klaren, wenn ich solche Theorien ausarbeitete, würde mir das kaum universitären Ruhm eintragen. Daher sonderte ich den üblichen Quatsch von Sozialisierung und Rehabilitation ab, und als die Zeit reif dafür war, wurde aus mir Francis Roote, MA .
    Aber ich war noch immer im Syke, trug mich allerdings mit der Hoffnung, nun meinen Weg zum Butlin geebnet zu haben, Yorkshires neueste und luxuriöseste offene Haftanstalt am Rande des Peak District.
    Ich konnte nicht verstehen, dass ich keinerlei Fortschritte in diese Richtung erzielte. Okay, ich spielte mit Polchard Schach, gehörte aber im strengen Sinn nicht zu seinem Gesindel. Ich legte die Sache einem der Schließer vor, mit dem ich durch Süßholzgeraspel auf halb-vertraulichem Fuß stand.
    »Ihr könnt mir das doch nicht verweigern, nur weil ich Schach spiele«, protestierte ich.
    Er zögerte, bevor er sagte: »Vielleicht sind es gar nicht wir, die dir das verweigern.«
    Und das war’s dann. Aber es genügte.
    Es war Polchard, der dafür sorgte, dass ich nicht verlegt wurde.
    Er wollte nicht den einzigen Typen im Flügel, vielleicht sogar im ganzen Syke verlieren, der ihm auf dem Schachbrett was bot für sein Geld. Um mich dazubehalten, musste er die Schließer nur wissen lassen, dass es ihn und damit alle anderen sehr, sehr unglücklich machte, wenn er mich verlieren würde.
    Da ich keine Möglichkeit sah, das zu ändern, musste ich mir Gegenmaßnahmen einfallen lassen.
    Ich brauchte einige schwere Puncher in meiner Ecke. Aber wo sie finden?
    Der Gefängnisleiter war zu sehr damit beschäftigt, seinen Hintern gegen politische Gutmenschen zu verteidigen, um sich mit individuellen Fällen zu befassen, während der Kaplan ein altmodischer Whisky-Priester war, dessen alkoholisierte Liebenswürdigkeit so vereinnahmend war, dass er sich sogar für Dendo Bright einsetzte, der Gott sei Dank in einen weit entfernten Hochsicherheitstrakt verlegt worden war.
    Was meine nahe liegendste Wahl anbelangte, den Gefängnis-Psychiater, so war er ein fröhlicher kleiner Mann mit dem nicht sehr vertrauenerweckenden Spitznamen Plemplem, bei dem sich alle einig waren, dass man in der Tat verrückt sein musste, wenn man ihn konsultierte. Doch dann wurde die Anstalt einer staatlichen Inspektion unterzogen, was zu einer zeitweiligen Verbesserung des Speiseplans und, unter dem Mantel der Verschwiegenheit, zur permanenten Entfernung des ungerührt lächelnden Plemplem führte.
    Kurz darauf stellte jeder im Gefängnis die Ohren und andere Dinge steif, als verkündet wurde, dass ein neuer Seelenklempner zugewiesen wurde – eine Frau!
     
    Professor Duerden hat mich erneut unterbrochen.
    Ich habe seine Reaktion, als wir uns das erste Mal begegneten, wohl missinterpretiert. Nicht die Tatsache, dass er die Quästoren-Wohnung mit mir zu teilen hat, hatte ihn verdattert, sondern dass er sie mit jemandem teilt, den er noch nie gesehen und von dem er noch nie gehört hat.
    Ein Engländer hätte sich bei dem Thema gewunden, auch manche Amerikaner können um den heißen Brei herumreden, er jedoch gehört zu jenen, die kein Blatt vor den Mund nehmen.
    »Na, mein Junge, wo arbeiten Sie denn?«, fragte er mich.
    »An der Mid-Yorkshire University«, erwiderte ich.
    »Wirklich? Dann helfen Sie mir mal auf die Sprünge, wer leitet denn im Moment Ihren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher