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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition)
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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froh darüber, dass er die Anweisungen so genau befolgt hatte.
    Als sie diesmal hinüberwechselten, strahlte ihm grelles Licht ins Gesicht, und innerhalb weniger Sekunden kam vor ihm ein Streifenwagen der Polizei von Madison mit quietschenden Reifen zum Stehen. Joshua rührte sich nicht von der Stelle.
    Zwei Polizisten stiegen aus. Einer, ein jüngerer Mann in einer leuchtenden Warnweste, nahm Joshua den verletzten Jungen vorsichtig ab und legte ihn ins Gras. Der andere war eine Frau, die ihn mit offenen, nach oben gedrehten Handflächen anlächelte. Das machte ihn nervös. So lächelten die Schwestern immer, wenn es ein Problem gab. Zur herzlichen Begrüßung ausgestreckte Arme konnten sich allzu rasch in eine Umklammerung verwandeln. Hinter den Polizisten blinkten überall blaue und rote Lichter, wie in einem Hollywoodfilm.
    »Hallo, Joshua«, sagte die Polizistin. »Ich bin Monica Jansson.«

4
    F ür Monica Jansson von der Stadtpolizei Madison hatte alles noch früher angefangen, nämlich am Tag zuvor: als sie zum dritten Mal in ein paar Monaten zu dem ausgebrannten Haus der Linsays nicht weit von der Mifflin Street hinausgefahren war.
    Sie wusste selbst nicht genau, warum sie noch einmal hergekommen war. Diesmal hatte sie die Zentrale nicht geschickt. Trotzdem stocherte sie schon wieder in den Asche- und Holzkohlehäufchen herum, die einmal Möbel gewesen waren, ging vor den zerstörten Überresten eines älteren Flachbildfernsehers in die Hocke, trat sachte über einen versengten, vom Löschschaum aufgeweichten und mit Flecken übersäten Teppich, auf dem überall die Spuren der schweren Stiefel von Feuerwehrleuten und Polizisten zu sehen waren, blätterte wieder durch die verkohlten Reste dessen, was einmal ein umfangreicher Stapel Notizen gewesen sein musste: handschriftlich niedergeschriebene mathematische Gleichungen, ein unentzifferbares Gekritzel.
    Sie dachte an ihren Partner Clancy, der draußen im Streifenwagen seinen fünften Starbucks des Tages schlürfte und sie für eine ausgemachte Idiotin hielt. Was sollte es jetzt noch zu finden geben, nachdem die Kollegen von der Kripo überall drübergelatscht waren und die Spurensicherung ihre Arbeit erledigt hatte? Sogar die Tochter, diese spinnerte College-Studentin, hatte die ganze Angelegenheit ohne Erstaunen oder Besorgnis aufgenommen und nur ruhig genickt, als sie erfuhr, dass ihr Vater wegen mutmaßlicher Brandstiftung, Anstiftung zum Terrorismus und Tierquälerei – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge – gesucht wurde. Sie hatte einfach nur genickt, als gehörte so etwas im Hause Linsay zum Alltag.
    Sonst scherte sich niemand darum. Bald würde das Haus kein offizieller Tatort mehr sein, dann konnte der Eigentümer damit anfangen, aufzuräumen und sich mit seiner Versicherung zu streiten. Dabei war niemand verletzt worden, nicht einmal Willis Linsay selbst, denn es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass er bei dem ziemlich dürftigen Brand umgekommen war. Die ganze Geschichte war wohl einfach ein Rätsel, das wahrscheinlich nie gelöst wurde, einer der geheimnisvollen Fälle, mit denen es erfahrene Polizisten immer wieder zu tun bekamen. So lautete jedenfalls Clancys Meinung, derzufolge man wissen sollte, wann es besser war, eine Sache auf sich beruhen zu lassen. Vielleicht war Jansson mit ihren neunundzwanzig Jahren noch zu grün hinter den Ohren.
    Vielleicht lag es aber auch daran, was sie gesehen hatte, als sie einige Monate zuvor zum ersten Mal zum Haus der Linsays gefahren waren. Denn der erste Anruf war von einer Nachbarin gekommen, die gesehen haben wollte, wie ein Mann eine Ziege in dieses eingeschossige Haus getragen hatte, und das mitten in Madison.
    Eine Ziege? Natürlich folgten die vorhersehbaren Witzchen zwischen Clancy und der Zentrale. Vielleicht kriegte dieser Typ ja bei Ziegen ein Horn – und so weiter, und so fort. Die gleiche Nachbarin, eine sehr reizbare Frau, sagte aus, dass sie ebenjenen Mann bei anderen Gelegenheiten dabei beobachtet habe, wie er Kälber durch die Haustür geschoben habe, einmal sogar ein Fohlen. Ganz zu schweigen von einem Käfig voller Hühner. Trotzdem hatte es nie Anzeigen wegen Lärmbelästigung oder Stallgerüchen gegeben. Keinerlei Hinweise darauf, dass hier Tiere hausten. Was machte der Kerl mit ihnen – vögelte er sie, oder legte er sie auf den Grill?
    Es stellte sich heraus, dass Willis Linsay allein lebte, nachdem seine Frau vor mehreren Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Es
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