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Die Lady mit der Feder - Roman

Die Lady mit der Feder - Roman

Titel: Die Lady mit der Feder - Roman
Autoren: Jocelyn Kelley Anke Koerten
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Schwester benötigte. Aber war das denn nicht ausgeschlossen? Die Königin war vor fast zwölf Jahren von ihrem Gemahl eingekerkert worden, und seither hatte es keine Verbindung zwischen ihr und St. Jude’s Abbey gegeben.
    Sie blickte zu dem Porträt der Königin auf. Königin Eleanor, Gemahlin König Henrys II., Mutter des Thronerben Prinz Richard und dessen Bruders Prinz John, hatte diese Abtei gegründet. Nach dem Schutzheiligen für hoffnungslose Fälle benannt, war die Abtei Ausbildungsstätte hervorragend trainierter Frauen, die der Königin bei Bedarf mit ihren staunenswerten Fähigkeiten dienten.

    Isabella de Montfort aber verfügte über keine dieser Fähigkeiten. Sie hatte sich zu oft entschuldigt und das Training geschwänzt, um sich ihren Kräutern und chemischen Substanzen zu widmen. Wieder krampfte sich ihr Magen zusammen. War die Königin erkrankt? Eleanor war nicht mehr jung, und wer die erste Jugend hinter sich hatte, wurde von schädlichen Körpersäften geplagt. Nein, das ergab keinen Sinn. Die Königin hatte Ärzte, die sich um sie kümmerten. Sie hatte es nicht nötig, die Heilkundige der Abtei kommen zu lassen.
    »Nach Eurer Rückkehr von dort, wohin man Euch schickt«, entgegnete die Äbtissin mit tadelndem Unterton. St. Jude’s Abbey unterschied sich zwar von anderen Ordenshäusern, doch forderte die Äbtissin absoluten Gehorsam, wie er in jeder Klostergemeinschaft herrschte.
    »Ich verstehe«, sagte Isabella, da sie glaubte, von ihr würde eine Antwort erwartet.
    »Und was versteht Ihr, Schwester Isabella?« Die Äbtissin machte ein ernstes Gesicht, als sie sich an ihren Tisch setzte. »Habt Ihr mit der Heilkunst auch die dunkle Kunst der Weissagung studiert?«
    »Nein, nein. Ich meinte nur … das heißt, ich wollte sagen ….« Sie hielt inne und atmete tief durch. Die Bewegung schickte einen scharfen Schmerz durch ihre Schulter. Sie war nicht sicher, ob sie damit gegen ein Fass geprallt war oder sich verletzt hatte, als sie Zukis reglosen Körper aus der brennenden Scheune geschleppt hatte. »Verzeiht, dass ich sprach, wenn ich doch hätte zuhören sollen.«
    Die Miene der Äbtissin entspannte sich. »Nun, das klingt schon eher wie die Schwester Isabella, die ich kenne. Ihr verlasst
Euch eher auf Logik als auf Gefühle, eine Eigenschaft, die Euch bei der Aufgabe, die ich Euch übertrage, sehr zustattenkommen wird.«
    Aufgabe? Enttäuschung erfasste sie, obwohl sie noch vor wenigen Augenblicken von der Vorstellung, die Abtei zu verlassen, überwältigt gewesen war. Sie war sicher gewesen, man würde sie auf ein herrliches Abenteuer im Dienst der Königin ausschicken. Nun sah es so aus, als sei sich die Äbtissin bewusst, dass es Isabella an herausragenden Fähigkeiten mangelte. Wieder spürte sie einen Stich, dieser aber hatte nichts mit ihrer Schulter zu tun.
    »Was wird von mir erwartet?«, fragte sie leise. Sprach sie lauter, würden ihre aufgebrachten Gefühle sich vielleicht nicht mehr zügeln lassen und sie noch mehr demütigen.
    »Ich erhielt ein Schreiben der Königin.«
    Sie war so schockiert, dass sie herausplatzte: »Und ich dachte, der Abtei sei die Gunst des Königs nur sicher, solange die Königin nicht Kontakt mit Euch sucht.«
    Das Lächeln, das die Lippen der Äbtissin umspielte, hätte eher zu einem Spitzbuben als einer Nonne gepasst. »1173 kam man nach dem Aufstand der Königssöhne überein, dass ich nicht versuchen würde, mit der Königin Verbindung aufzunehmen, während sie nichts daran hindern kann, mir zu schreiben und mich um Ratschläge in allen Belangen des Lebens zu bitten.«
    Isabella biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut aufzulachen. Wer glaubte, die Äbtissin kümmere sich nur um ihr Seelenheil und jenes der anderen Nonnen, war in einem Irrtum befangen. Wäre die Äbtissin als Mann zur Welt gekommen, hätte sie es mit Sicherheit bis zum Erzbischof gebracht
und wäre zum geschätzten Berater von Kirchenfürsten, ja des Königs aufgestiegen.
    »Sicher seid Ihr neugierig, wie die Königin es schaffte, eine Nachricht an ihren Bewachern vorbei hinauszuschmuggeln«, fuhr die Äbtissin fort. »Die schlichte Wahrheit ist, dass der König ihr gestattete, mit ihm in die Normandie zu ziehen, um dort Prinz Richard zu treffen.«
    »Wenn sie wünscht, dass ich sie begleite …«
    »Nein, sie hat einen anderen Wunsch. Die Königin möchte, dass Ihr in der Kathedrale von Lincoln zurückgelassene Dokumente holt und sie zu ihr bringt.« Sie reichte ihr einen kleinen
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