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Die Lady mit der Feder - Roman

Die Lady mit der Feder - Roman

Titel: Die Lady mit der Feder - Roman
Autoren: Jocelyn Kelley Anke Koerten
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korpulente Schwester bewegte sich meist im Schneckentempo, auch auf dem Weg zur Kapelle, und war somit schuld, wenn so manche Schwester in einem plötzlichen Platzregen vor der Kirchentür völlig durchnässt worden war.
    Sie ging zur Tür und öffnete. »Hier bin ich, Schwester Charlotta. Ist etwas?«

    »Gottlob seid Ihr hier.« Die beleibte Schwester stolperte in die Scheune. »Die Äbtissin - ach, erst muss ich wieder zu Atem kommen.« Sie streckte die Hand aus und hielt sich an einem Fass fest, während sie tief durchatmete. Die Fässerstapel gerieten ins Schwanken. Gleich darauf kollerte ein Fass über das andere. Mit lautem Gepolter landete eines auf dem Tisch, der prompt zusammenbrach. Schüssel und Flasche wurden gegen eine Wand geschleudert. Ein Fass holperte auf Zuki zu.
    Isabella riss die Peitsche aus ihrem Gürtel, holte damit aus und schaffte es, dass das Leder sich um die Taille des Mädchens schlang. Sie zog fest daran, und Zuki taumelte auf sie zu. Das Fass polterte gegen die Wand neben dem Fenster. Ein zweites rollte durch die Scheune, prallte gegen die Wand unter dem anderen Fenster und zerbarst. Die Holzreifen, die es zusammenhielten, hüpften über den Boden und landeten auf dem zerstörten Tisch.
    »Ach herrje!«, keuchte Schwester Charlotta. »Ich wollte Eure Scheune nicht ruinieren, Schwester Isabella.«
    »Ist alles in Ordnung?« Sie sah Schwester Charlotta an und dann Zuki, die sich von der Peitschenschlinge befreite.
    »Das ist ja toll!«, rief Zuki. »Ich wusste nicht, dass du mit deiner Peitsche so etwas zuwege bringen kannst, Schwester Isabella. Kann ich bei dir lernen, wie man jemanden mit einer Peitsche einfängt?«
    »Vielleicht später.« Als sie ihre Peitsche wieder zusammenrollte, ließ sie den Blick über die Reste ihres Arbeitsbereiches wandern. Sie würde Tage benötigen, um das Chaos zu beseitigen.
    »Nie hätte ich gedacht, dass Fässer so hoch hüpfen können«,
fuhr Zuki fort, zu aufgeregt, um stillhalten zu können. »Hast du dasjenige gesehen, das gegen die Decke prallte?«
    Isabella wollte darauf antworten, als ihr Blick eine Bewegung erfasste. An der Wand floss etwas Flüssiges herunter. Entsetzt schnappte sie nach Luft. Die Tür der Vorratskammer stand offen. Flaschen waren zerbrochen oder umgefallen. Flüssigkeiten und Pulver mischten sich. Eine Rauchsäule stieg unter dem zusammengebrochenen Tisch auf.
    Das reichte als Warnzeichen. Sie drängte Zuki zur Tür, die viel zu weit entfernt war.
    »Hinter die Fässer!«, rief sie.
    »Fässer? Welche denn?«
    »Einerlei!« Sie packte Schwester Charlottas Arm, stieß die erschrockene Frau zu Zuki und sprang hinter eines der Fässer, um sich kniend zusammenzukauern.
    »Ohren zuhalten!«, rief sie. »Es gibt eine Explosion!«
    Schwester Charlotta starrte sie entsetzt an, und Zuki riss vor Aufregung und Angst die Augen auf.
    »Ohren zuhalten!« Sie drückte die Hände an ihre Ohren. »Jetzt!«
    Die Explosion ließ den Bau erbeben. Flammen loderten zum Reetdach hoch. Stein- und Holztrümmer krachten gegen die Mauern. Schmerz durchschoss ihre linke Schulter. Als sie einen Schrei hörte, konnte sie nicht unterscheiden, ob er von Zuki oder Schwester Charlotta kam. Das Geräusch war überall, in ihr und außerhalb. Würde die ganze Welt zerspringen?
    Dann war es still.
    Staub, Reet und Holzstückchen wirbelten durch die Luft. Hustend schwenkte sie die Hände, um die Schwaden zu vertreiben,
die wie mit unsichtbaren Nadeln in ihre Augen stachen. Beißender Gestank verbrannte ihre Kehle. Sie versuchte durch die Tränen hindurchzusehen, die ihr über die Wangen flossen.
    Sie mussten hinaus. Sie war nicht sicher, was die Schwaden enthielten, doch als jeder Atemzug sie zu versengen drohte, wusste sie, dass Gefahr drohte.
    Sie fasste nach Zukis Schulter und schüttelte sie - ohne Reaktion. Sie drehte das Mädchen auf den Rücken. Zukis Augen waren geschlossen, sie atmete.
    Isabella zog das Mädchen über ihre Schulter und richtete sich mühsam auf. Ein Leichtgewicht wie Zuki hätte sie mühelos heben müssen, doch wollten ihre Knie ihr den Dienst versagen. Sie zwang sie, ihr zu gehorchen, und richtete sich auf. Ihr Schädel dröhnte, als würde die Kirchenglocke darin geläutet.
    »Schwester Charlotta?« Sie versuchte den Namen zu rufen und brachte nur ein heiseres Flüstern zustande.
    Es genügte, da Schwester Charlotta den Kopf hob und Stroh- und Verputzstückchen aus dem dunklen Haar schüttelte.
    »Wir brauchen frische Luft!« Isabella
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