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Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar
Autoren: Carl A. DeWitt
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an. Hier, damit meine ich, draußen beim Brunnen auf dem Marktplatz. Habt Ihr ihn gesehen?«
    »Er ist kaum zu übersehen! Wofür braucht ein Kaff wie dieses solch einen großen Brunnen?«
    »Wenn ich Euch das sagen würde, würde ich ein Geheimnis verraten, und das wollen wir doch nicht, oder?«
    Lamar seufzte wieder. Laut, tief und deutlich. »Euer Brunnen interessiert mich nicht. Alter Mann …«
    »Gemach, gemach, wir sind doch schon mitten in der Geschichte.« Der alte Mann leerte seinen Becher in einem Zug und hielt ihn hoch. Der Wirt warf Lamar daraufhin einen fragenden Blick zu, aber dieser nickte ergeben. So wie er den alten Mann einschätzte, schien es Lamar günstiger, ihm den Gefallen zu tun. Abgesehen davon, kostete der Wein nur ein paar Kupfer.
    Als der Wirt kam, um dem alten Mann den Becher aufzufüllen, nahm ihm dieser einfach die Flasche aus der Hand und schenkte sich selbst ein, danach stellte er die Flasche in Reichweite auf den Tisch und zog sie schützend an sich heran, als der Wirt nach ihr greifen wollte.
    »Es ist eine lange Geschichte«, wiederholte er, worauf Lamar dem Wirt nur ein Zeichen gab und dieser sich mit einer leichten Verbeugung zurückzog.
    »Dann wäre es wohl angebracht, endlich mit ihr anzufangen«, gab Lamar zurück. Er klang etwas irritiert.
    »Ich war gerade dabei … Ihr seid ungeduldig, mein Herr.«
    Lamar sah ihn nur an.
    »Es fing wirklich alles hier an. Dort an dem Brunnen, als Holgar, der Schmied, aus seiner Schmiede heraustrat. Das war zehn Tage vor dem Mittsommernachtsfest im Jahre der Herrin 2781.«
    »Was soll das denn für eine Jahreszahl sein?«
    »So zählen wir hier die Jahre, Herr«, antwortete der alte Mann mit einem Lächeln.
    »In Ordnung.« Lamar holte tief Luft. »Und was für ein Jahr haben wir jetzt?«
    »Warum? Es ist natürlich das Jahr der Herrin 2867.« Eine buschige Augenbraue hob sich fragend. »Ich dachte, die Zeit wäre überall gleich?«
    »Ja, richtig.« Lamar zwang sich zur Ruhe. »Erzählt einfachweiter.«
    »Seht, damals war es den Händlern nur zur Zeit des Sommerfestes erlaubt, in unser Tal zu kommen, und das auch nur für vier Tage. Holgar hatte als Schmied die Aufgabe, sich um unsere Pferde zu kümmern. Sie leben frei, in den oberen Tälern, nahe der Eisenberge, aber schon vor langer Zeit beschlossen die Ältesten, dass man den Pferden ab und zu neues Blut zuführen sollte. Also hatte sich Holgar im Jahr zuvor einen Zuchthengst von einem der Händler ausgeliehen. Das war ein absoluter Ausnahmefall, denn üblicherweise werden die Pferde, die wir für die Zucht einsetzen wollen, von uns gekauft, aber dieses Tier war dem Händler zu wertvoll gewesen, als dass er sich für immer von ihm trennen wollte. Und so war man übereingekommen, dass der Hengst für eine fürstliche Summe Goldes, wie ich anmerken darf, ein Jahr lang hier bleiben sollte und der Händler ihn dann bei seinem nächsten Besuch wieder mitnehmen würde. Da nun das Sommerfest vor der Türe stand, begab sich Holgar also in die oberen Täler, um das Pferd ins Dorf zurückzubringen. So weit klar?«
    »Alter Mann, ich bin nicht schwer von Begriff. Doch Ihr strapaziert meine Nerven mit Eurem Geschwätz. Kommt endlich zur Geschichte!«
    »Herr, Ihr zahlt meine Erzählung mit Wein, was wollt Ihr da erwarten?«
    »Zumindest keine Frechheiten.« Lamar nahm nun selbst einen Schluck Wein, schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. »Fahrt einfach mit Eurer Geschichte fort.«
    »Es ist der Wein, der meiner Zunge Flügel verleiht, manchmal in die falsche Richtung, aber habt Geduld mit mir, Herr, und trinkt etwas von dem Wein, er ist wirklich gut! Wirt, noch eine zweite Flasche!«
    Der Wirt eilte herbei und stellte die Flasche wie gewünscht vor Lamar auf den Tisch. Sofort zog sie der alte Mann zu sich herüber und stellte sie neben die andere. Schon sah sich Lamar genötigt, deutlicher zu werden, aber noch bevor er etwas sagen konnte, sprach der alte Mann bereits weiter.
    »Gut, Holgar suchte den Hengst vergebens, wie Ihr Euch sicherlich schon gedacht habt. Es war eine prekäre Situation, so kurz vor dem Fest. Da es nur noch ein paar Tage waren, bis die Händler kommen würden, und Holgar keine Zeit hatte, hinter dem Tier herzulaufen, musste jemand anders nach dem Tier suchen. Schließlich hatte Holgar ein Versprechen gegeben, und er war ein Mann, der seine Versprechen hielt. Also ging er des Mittags hinüber zum Brunnen, wo sich meist die Kinder und Jugendlichen unseres Dorfes
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