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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur
Autoren: Dean Koontz
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Einzelne von ihnen mehr Persönlichkeit als der durchschnittliche Bulle bei der Mordkommission.«
    »Autsch. Ich dachte, das Messer setzt du nur bei Toten an.«
    »Wenn Sie es genau wissen wollen«, sagte Luke, »wird dieser hier sogar ziemlich interessant werden, weil die Analyse des Mageninhalts wichtiger ist als sonst.«
    Manchmal kam es Carson O’Connor so vor, als machte Luke seine Arbeit zu viel Spaß.

    Sie sagte: »Ich hätte eigentlich damit gerechnet, dass ihr Harker jetzt auf dem Tisch habt.«
    »Den haben wir schon hinter uns«, sagte Luke. »Wir haben früh angefangen, und wir sehen zu, dass wir schnell vorwärts kommen.«
    Für einen Mann, der noch vor gut vierundzwanzig Stunden von der Autopsie, die er an einem Angehörigen der Neuen Rasse vorgenommen hatte, tief erschüttert gewesen war, schien Jack Rogers auf seine zweite Begegnung mit einem von ihnen auffallend ruhig zu reagieren.
    Während er das scharfe Handwerkszeug seines Berufsstandes bereitlegte, sagte er: »Ich lasse euch den vorläufigen Bericht durch einen Boten zustellen. Die Enzymprofile und andere chemische Analysen folgen, wenn ich sie vom Labor erhalte.«
    »Vorläufiger Bericht? Profile? Das klingt, als sei das alles nullachtfünfzehn.«
    »Weshalb sollte es das nicht sein?«, fragte Jack, dessen Aufmerksamkeit den funkelnden Klingen, den Klemmen und den Pinzetten galt. Mit seinen Eulenaugen und dem asketischen Gesichtsschnitt wirkte Luke im Allgemeinen gelehrtenhaft und eine Spur betulich, doch jetzt musterte er Carson mit scharfen Adleraugen.
    Sie wandte sich an Jack. »Ich habe dir doch letzte Nacht schon gesagt, dass er einer von ihnen ist.«
    »Von ihnen«, sagte Luke und nickte ernst.
    »Etwas ist aus Harker herausgekommen, irgendeine Kreatur. Sie hat seinen Rumpf von innen aufgerissen, um herauszukommen. Das war es, was ihn getötet hat.«
    »Der Sturz vom Dach des Lagerhauses hat ihn umgebracht«, entgegnete Jack Rogers.
    Carson wurde ungeduldig. »Jack, bitte, du hast Harker doch letzte Nacht in dieser Gasse liegen sehen. Sein Unterleib, seine Brust – das sah doch alles aus wie aufgesprengt.«

    »Eine Folge des Sturzes, nichts weiter.«
    Michael sagte: »Mann, Jack, in Harker war doch nichts mehr drin .«
    Endlich blickte der Gerichtsmediziner zu ihnen auf. »Eine optische Täuschung, ausgelöst durch das Spiel von Licht und Schatten.«
    Carson, die im Mississippidelta geboren worden war, hatte nie einen bitteren Winter erlebt. Kanadischer Wind im Januar hätte nicht schneidender sein können als die Eiseskälte, die sich plötzlich in ihr Blut eingeschlichen hatte. In ihr Mark.
    »Ich will die Leiche sehen«, sagte sie.
    »Wir haben sie für seine Familie freigegeben«, sagte Jack.
    »Was für eine Familie?«, fragte Michael. »Er ist in einem Kessel oder in sonst so einem verdammten Ding geklont worden. Er hatte keine Familie.«
    Mit einer Feierlichkeit, die gar nicht typisch für ihn war, sagte Luke mit zusammengekniffenen Augen: »Er hatte uns.«
    Die Hängebacken in Jacks Gesicht sahen noch genauso aus wie gestern. Das ganze Gesicht, das so viel Ähnlichkeit mit einem chinesischen Faltenhund aufwies, war ihnen vertraut. Aber das war nicht Jack.
    »Er hatte uns«, stimmte Jack Luke zu.
    Als Michael unter seiner Jacke die rechte Hand auf den Griff der Pistole in seinem Schulterhalfter legte, wich Carson erst einen Schritt und dann noch einen in Richtung Tür zurück.
    Der Gerichtsmediziner und sein Assistent kamen nicht auf sie zu, sondern beobachteten sie schweigend.
    Carson rechnete damit, die Tür abgeschlossen vorzufinden. Sie ließ sich öffnen.
    Auch im Flur vor der Tür verstellte ihnen niemand den Weg.
    Sie zog sich Schritt für Schritt aus Autopsieraum zwei zurück. Michael folgte ihr.

8
    Erika Helios, vor weniger als vierundzwanzig Stunden dem Schöpfungstank entstiegen, empfand die Welt als einen ganz erstaunlichen Ort.
    Sie war wunderbar, aber auch eklig. Dank ihrer außergewöhnlichen Konstitution strömte der Schmerz, der von Victors gemeinen Schlägen zurückgeblieben war, aus ihr heraus, als sie lange unter der heißen Dusche stand, doch ihre Scham ließ sich nicht so leicht abwaschen.
    Alles überraschte sie, und vieles begeisterte sie – das Wasser zum Beispiel. Wie es in schillernden Strömen aus dem Duschkopf fiel und der Widerschein der Deckenlampen darin funkelte. Flüssige Edelsteine.
    Ihr gefiel, wie es auf dem Boden aus goldenem Marmor zum Abfluss strudelte. Durchsichtig und doch
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