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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose
Autoren: Philippa Gregory
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Haarsträhne aus seinen Augen. Seufzend legt er den Kopf in meinen Schoß. Einen Augenblicksind wir ganz still. Ich höre, wie das alte Haus knarrt und irgendwo da draußen eine Eule ruft.
    «Und was ist mit meinem Bruder Edward?», fragt er sehr leise. «Ich habe immer gedacht, du hättest ihn auch irgendwo versteckt.»
    «Hat Herzogin Margaret dir nichts gesagt? Oder Sir Edward?»
    «Sie haben gesagt, sie wüssten nichts und könnten nicht sicher sein. Ich dachte, du wüsstest etwas.»
    «Ich fürchte, er ist tot», sage ich behutsam. «Von Männern ermordet, die im Sold des Duke of Buckingham und Henry Tudors standen. Ich fürchte, dein Bruder ist für uns verloren.»
    «Wenn ich groß bin, werde ich ihn rächen», sagt er stolz, durch und durch ein York-Prinz. Sanft lege ich ihm die Hand auf die Stirn. «Wenn du groß bist und König, dann kannst du in Frieden leben», sage ich. «Dann habe ich Rache genommen. Das ist nicht deine Aufgabe. Dann ist es vorbei. Ich lasse Messen lesen für seine Seele.»
    «Aber nicht für meine!», sagt er mit seinem frechen, jungenhaften Lächeln.
    «Doch, für deine auch, denn ich muss weiterhin so tun, als seist du für mich verloren wie er. Aber wenn ich für dich gebetet habe, wusste ich wenigstens, dass du lebst und sicher bist und bald nach Hause kommen kannst. Außerdem schadet es dir nicht, wenn die guten Frauen des Klosters von Bermondsey für dich beten.»
    «Sie können dafür beten, dass ich sicher wieder nach Hause komme», sagt er.
    «Das tun sie», sage ich. «Das tun wir alle. Seit du fortgegangen bist, habe ich dreimal täglich für dich gebetet, und jede Stunde habe ich an dich gedacht.»
    Er lehnt den Kopf an meine Knie, und ich streiche mitden Fingern durch seine blonden Haare. Hinten, hinter den Ohren, sind sie lockig, ich kann die Locken um meine Finger wickeln wie goldene Ringe. Erst als er ein kleines Schnaufen hören lässt wie ein Welpe, fällt mir auf, dass wir seit Stunden am Feuer gesessen haben und er fest eingeschlafen ist. Erst als ich die Wärme seines Kopfes an meinen Knien fühle, wird mir klar, dass er wirklich zu Hause ist, ein Prinz, der in sein Königreich zurückgekehrt ist. Wenn die Schlacht geschlagen und gewonnen ist, wird die weiße Rose von York wieder in den grünen Hecken Englands blühen.

ANMERKUNG DER AUTORIN
    Dieser Roman, der erste einer Trilogie über die Plantagenets, geht auf meine Entdeckung einer der interessantesten und inspirierendsten Königinnen von England zurück: Elizabeth Woodville. Der größte Teil der Geschichte, die ich über sie erzähle, ist Fakt, nicht Fiktion – ihre Lebensgeschichte übersteigt selbst meine Phantasie um Längen! Sie war als schönste Nachfahrin der Herzöge von Burgund bekannt, die sich als Nachkommen der Wassergöttin Melusine verstanden. Als ich das entdeckte, ging mir auf, dass ich mit Elizabeth Woodville, einer missachteten und eher ungeliebten Königin, die Geschichte einer Königin von England neu schreiben könnte, die zudem noch Nachfahrin einer Göttin war und Tochter einer Frau, die man der Hexerei bezichtigte und für schuldig befand.
    Ich interessiere mich sehr für die mittelalterliche Sicht auf Zauberei und auf das, was sie uns über weibliche Macht sowie über die Vorurteile verrät, mit denen mächtige Frauen sich konfrontiert sahen. Deswegen war mir klar, dass dieses Thema für mich als Forscherin und als Schriftstellerin sehr ergiebig sein würde – und so war es auch.
    Wir wissen, dass Elizabeth und Edward sich kennenlernten, als sie ihn um finanzielle Hilfe bat – und dass sie ihn heimlich heiratete. Doch ihre Begegnung auf der Straße, wo sie unter einer Eiche wartete (die heute noch in GraftonRegis, Northamptonshire, steht), gehört zu den Volkslegenden, die wahr sein mögen oder auch nicht. Dass sie sich mit seinem Dolch verteidigte, um nicht von ihm vergewaltigt zu werden, ging damals als Gerücht um; es ist keine historisch belegte Tatsache. Ein Großteil ihres Lebens mit Edward ist gut dokumentiert, sodass ich ausführlich auf geschichtlich Überliefertes zurückgreifen und meinen Roman so oft wie möglich aus Fakten hervorgehen lassen konnte. Natürlich musste ich mich manchmal für eine von mehreren widersprüchlichen Versionen entscheiden, und ab und an musste ich die Lücken in der Geschichte auch mit selbstverfassten Erklärungen oder Berichten füllen.
    Dieser Roman ist fiktionaler als meine früheren, denn die Geschichte hat sich vor den Tudors abgespielt,
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