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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose
Autoren: Philippa Gregory
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Elizabeth Grey
    Eure Ladyschaft,
    mir ist zu Ohren gekommen, dass Eure Tochter Elizabeth, der erklärte Bastard des verstorbenen Königs Edward, sich gegen Gott und ihre eigenen Schwüre versündigt hat. Ihr Onkel, der Thronräuber Richard, hat sie entehrt, ein Vergehen, das so falsch und widernatürlich ist, dass die Engel die Blicke abwenden. Darum habe ich meinem Sohn, Henry Tudor, dem rechtmäßigen König von England, davon abgeraten, die Vermählung mit einem solchen Mädchen einzugehen, das durch ein Parlamentsgesetz wie durch sein eigenes Verhalten gleichermaßen entehrt ist. Ich habe eine Vermählung mit einer jungen Lady von weit höherer Geburt und weit christlicherem Verhalten arrangiert.
    Ich fühle mit Euch, dass Ihr in Eurer Witwenschaft und Erniedrigung das Haupt nun auch noch unter der Schande Eurer Tochter beugen müsst, und ich versichere Euch, dass ich Euch in meine Gebete einschließen werde.
    Ich verbleibe als Eure Freundin in Christi, zu welchem ich bete, dass Euch in Eurem hohen Alter wahre Weisheit und weibliche Würde zuteilwerden,
    Lady Margaret Stanley
     
    Da muss ich lachen. Wie aufgeblasen die Frau ist! Doch als mein Gelächter verebbt, ist mir kalt, das kalte Schaudern böser Vorahnungen. Lady Margaret hat ihr Leben lang auf den Thron gewartet, den ich mein Eigen genannt habe. Ich habe allen Grund anzunehmen, dass auch ihr Sohn, Henry Tudor, auf den Thron von England wartet. Währenddessen nennt er sich König und zieht alle Ausgestoßenen, Rebellen und Unzufriedenen an: Männer, die nicht in England leben können. Er wird bis an sein Lebensende dem Thron der Yorks hinterherjagen, und es wäre besser,wenn es möglichst bald zum Kampf käme und er auf dem Schlachtfeld bliebe.
    Richard kann sich jeder Kritik stellen, vor allem mit meiner Tochter Elizabeth an seiner Seite, und er sollte in der Lage sein, jede Streitmacht, die Henry mitbringen kann, zu besiegen. Aber das Prickeln im Nacken sagt mir etwas anderes. Ich nehme den Brief wieder auf und spüre die eiserne Überzeugung dieser Erbin des Hauses Lancaster. Dies ist eine Frau, deren Brust stolzgeschwellt ist. Sie hat in den letzten knapp dreißig Jahren nichts gegessen, sie nährt sich allein von ihrem Ehrgeiz. Ich sollte vorsichtig sein, jetzt, wo sie findet, dass ich so machtlos bin, dass sie nicht mehr heucheln muss, mit mir befreundet zu sein.
    Ich frage mich, wen sie jetzt zu Henrys Frau machen möchte, vielleicht die Tochter der Herberts. Ich nehme an, sie wird überall nach einer Erbin suchen, aber niemand außer meiner Tochter kann ihr die Liebe Englands und die Loyalität des Hauses York für eine Thronanwartschaft der Tudors sichern. Lady Margaret mag ihre Boshaftigkeit verspritzen, es spielt keine Rolle. Wenn Henry England regieren will, muss er sich mit dem Hause York verbünden; sie müssen sich auf die eine oder andere Art mit uns auseinandersetzen. Ich nehme die Feder auf.
     
    Werte Lady Stanley,
    es tut mir außerordentlich leid, lesen zu müssen, dass Ihr solchen Verleumdungen und Gerüchten Euer Ohr geliehen habt und dass Euch dies bewogen hat, das Vertrauen und die Ehre meiner Tochter Elizabeth in Frage zu stellen, die doch über jeden Zweifel erhaben ist und es immer war. Ich zweifle nicht daran, dass tiefes Nachdenken auf Eurer – und auf seiner – Seite Euch und Euren Sohn daran erinnern wird,
dass es in England keine andere Prinzessin aus dem Hause York gibt, die es an Bedeutung mit ihr aufnehmen kann.
    Ihr Onkel liebt sie, so wie ihre Tante es tat, so wie es sein sollte, doch nur in der Gosse würde man ihr Unschickliches unterstellen.
    Selbstverständlich danke ich Euch für Eure Gebete. Ich nehme an, die vielen Vorteile einer Verlobung liegen auf der Hand. Ich kann mir nicht denken, dass Ihr sie ernstlich lösen wolltet. Ich halte es für dermaßen unwahrscheinlich, dass ich Euch meine besten Wünsche mitsamt meinem Dank für Eure Gebete übermittele, von denen ich weiß, dass sie Gott besonders willkommen sind, da sie aus einem so demütigen und würdigen Herzen kommen.
    Elizabeth R
     
    Ich unterschreibe mit «Elizabeth R», was ich in diesen Tagen sonst nie tue, doch noch während ich das Papier falte, Wachs darauf träufeln lasse und mein Siegel hineindrücke, muss ich über meine Arroganz lächeln. «Elizabeth Regina», sage ich zu dem Pergament. «Und ich werde Mylady, die Königinmutter, sein, während Ihr noch immer Lady Stanley seid, mit einem toten Sohn auf dem Schlachtfeld. Elizabeth R.   Nimm
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