Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren

Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren

Titel: Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren
Autoren: Thomas Brezina
Vom Netzwerk:
im Leben einen Toten gesehen oder berührt. Und das hier war ihr Freund! Sie versuchte, ihre Hand auszustrecken und auf die Hände des Jungen zu legen. Sie mußte das tun, sie konnte nicht anders. Poppis Hand berührte den starren Axel.
    Die Folge war gewaltig. Plötzlich zischte Kraft in den Körper des Mädchens wie Preßluft in eine schlappe Luftmatratze. Poppi sauste in die Höhe und torkelte hinaus auf den Gang. Sie mußte zu Lieselotte zurück. Sie stolperte den Gang entlang, durchquerte den Saal. Da! Vor ihr lag die Tür, die zum Theatervorraum führte. Poppi brachte sie hinter sich und steuerte auf die Garderobe zu, wo Lilo lag. Sie ließ sich neben sie fallen und wollte ihr etwas sagen, aber aus ihrem Kehlkopf kam noch immer kein Ton. Der Schreck war so schlimm gewesen, daß er dem Mädchen völlig die Sprache geraubt hatte. Nicht einmal zum Flüstern war Poppi in der Lage. Sie würgte, strengte sich an, aber es half nicht. Lieselotte war klar, daß ihre Freundin eine grauenhafte Entdeckung gemacht haben mußte. Aber welche?
    Schritte waren zu hören. Bisher hatte im Oberstock absolute Stille geherrscht. Jetzt aber kam der Unbekannte zurück. Er schien es eilig zu haben, und da er nichts gefunden hatte, trat er nun fester auf. Er hetzte die Treppe herunter und verschwand im Saal. Es klickte und knackte, als er die Tür wieder verriegelte.
    Anschließend kam Leben in den Gang hinter der Bühne. Es wurde heftig hantiert, doch was genau im Gange war, konnte man an den Geräuschen nicht erkennen. Poppi hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und weinte still vor sich hin. Lieselotte hielt es für besser abzuwarten, bis der nächtliche Besucher wieder verschwunden war, bevor sie der Sache auf den Grund gehen und versuchen wollte, etwas aus Poppi herauszubekommen. Sie platzte fast vor Neugier, und eine dumpfe Angst pochte in ihrem Schädel. Sie fürchtete Schlimmes, doch es hieß abwarten, abwarten, abwarten.
    Endlich die Tür. Die Tür, durch die der Unbekannte von der Straße gekommen war, wurde geöffnet und wieder geschlossen. Er war also gegangen. Lilo ließ noch einige Minuten verstreichen, die für sie unerträglich waren, bevor sie Poppi packte und rüttelte. „Was hast du gesehen? Was ist es? Was ist los? Was ist da drinnen?“ Ihre Freundin öffnete abermals den Mund und versuchte zu sprechen, aber es gelang ihr nicht. Sie schaffte es einfach nicht, einen Ton hervorzubringen. „Wir müssen von hier fort!“ beschloß das Superhirn. Poppi schüttelte den Kopf. „Wir müssen zumindest zu Dominik!“ sagte Lilo. Damit war Poppi einverstanden. Ihr Kumpel befand sich auf dem Dachboden, und bis dorthin würde sie mitkommen. Aber vor allem mußte sie ihren Freunden etwas mitteilen. Etwas Wichtiges.
    Lieselotte erhob sich stöhnend und humpelte los. Es war fast unmöglich für sie, mit dem verstauchten Fuß aufzutreten. Sie stützte sich auf ihre Freundin und biß die Zähne zusammen. „Wie kommen wir von hier weg? Ich kann so nicht über das Dach klettern...“ überlegte sie. Es war ein mühsamer und qualvoller Weg nach oben. Im ersten Stock setzte sich Lieselotte auf den Boden und sagte: „Hol bitte Dominik her! Lauf!“
    Poppi konnte noch nicht laufen. Sie mußte sich ständig irgendwo anhalten, da sie sonst nicht auf den Beinen geblieben wäre. So schnell sie konnte, kämpfte sie sich auf den Dachboden. Sie kroch auf allen vieren über die Treppe nach oben und klopfte gegen die Wand. Rufen konnte sie nach Dominik nicht. Hoffentlich hörte er ihr Zeichen. Stille. Auf dem Dachboden herrschte absolute Stille. Poppi klopfte abermals, aber sie erhielt keine Antwort. Keuchend kämpfte sie sich bis zum Ende der Treppe vor und versuchte sich aufzurichten. Sie tastete nach einem festen Halt, bekam ein eckiges Ding zu fassen und umklammerte es. Das Ding war ein altes Bild, das gegen eine Mauer gelehnt war. Es kippte und fiel zu Boden. Poppi tappte wie eine Betrunkene durch den dunklen Dachboden. Ihre Taschenlampe hatte sie irgendwo verloren. Auf einmal hörte sie ganz nahe ein Ächzen, das immer stärker und höher wurde. Poppi spürte einen Lufthauch und wich nach rechts aus. Neben ihr polterten Aktenordner zu Boden. Ein Regal stürzte um. Das Mädchen besaß zum Glück die Geistesgegenwart und Kraft, sich von der Wand abzustoßen und nach rechts zu hechten, bevor das Gestell niederkrachte und auseinanderbrach. Poppi war hart auf dem dreckigen Betonboden gelandet, und ein neuerlicher Weinanfall überkam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher