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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02
Autoren: Walter Weil
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Wein
die Vorbereitungen für die nahe Zukunft. Was meint Ihr dazu?"
    "Diesem
Angebot wage ich nicht zu widersprechen", sagte Graf Gerhard und
zwang sich zu einem Lächeln. Das fiel ihm nicht ganz leicht,
denn schließlich hatte er nur einen Teilerfolg errungen. Der
sehnlichste Wunsch seines Königs, die persönliche Teilnahme
Bertholds an dem bevorstehenden Kriegszug, blieb unerfüllt.
    Kurz
darauf erschien Herzog Berthold wieder im Zwinger. Er begab sich,
verfolgt von aller Augen, in denen sich blanke Neugier spiegelte, zu
seinem Ehrenplatz auf die Tribüne. Auf den Rängen um ihn
herum erstarb das aufgeregte Summen der Stimmen. Angesichts des
herbeigeeilten Fürsten besann man sich wieder auf die eigene
Vornehmheit und harrte in begierigem Schweigen der interessanten
Dinge, die man jetzt zu erfahren hoffte. Auch auf der
gegenüberliegenden Seite, wo das niedere Volk ebenso wie seine
Herren über den Grund des Gespräches rätselte, der den
Herzog zur Unterbrechung dieses bedeutenden Gerichtstages bewogen
hatte, breitete sich Stille aus.
    Während
der Abwesenheit des Herzogs hatte Dietrich sich auf seinen Standplatz
zurückgezogen und wartete in der Gesellschaft von Ida, was
weiter geschehen würde. Sein Widersacher Urban hatte es ihm
gleichgetan. Dietrich schien es, als sei der Geroldsecker heilfroh
über die unverhoffte Pause. Er war offenbar vollkommen
erschöpft, denn er hatte sich eine Sitzgelegenheit bringen
lassen, um sich auszuruhen.
    Durch
einen Marschall ließ Herzog Berthold die beiden Kontrahenten zu
sich rufen, da ja besonders Urban eine wichtige Rolle in seinen
Verteidigungsplänen spielte. In seiner raschen, zupackenden Art
berichtete er sodann den atemlos lauschenden Edlen, was er kurz zuvor
von Graf Gerhard erfahren hatte. Manche von ihnen konnten den
Schreck, der ihnen bei dieser Nachricht in die Glieder fuhr, nicht
verbergen. Griff der durch den Thronstreit entfachte Bürgerkrieg
nun mit seinen blutigen Krallen auch nach ihren idyllischen Winkeln,
in denen sie bislang mehr oder weniger sorglos vor sich hin lebten?
    Berthold
machte allen mit harter Stimme klar, daß angesichts der
drohenden Gefahr für Land und Leute jeder Schwertarm gebraucht
werde. Und indem er sich direkt an den mit finsterer Miene
lauschenden Urban von Geroldseck wandte, unterstrich er mit
deutlicher Betonung, daß bis auf weiteres alle Fehden und
sonstigen privaten Händel zu unterbleiben hätten. Nachdem
er mit seiner unverblümten Rede den versammelten Menschen den
Ernst der Lage klargemacht hatte, kam er mit einer zweiten, nicht
weniger aufsehenerregenden Erklärung an diesem denkwürdigen
Tag heraus.
    Er
wies auf Dietrich und hob seine Stimme, daß sie bis ins Lager
des niederen Volkes hinüberschallte: "Ritter Dietrich, der
für sich und für Ida von Ortenburg in die Schranken trat,
hat für jedermann sichtbar bewiesen, daß unser Herrgott
ihm wohlgesinnt ist. Als ich den Zweikampf unterbrechen mußte,
wußte ich noch nicht, welche Botschaft mich erwartete und daß
sie Einfluß auf diesen Gerichtstag haben würde. Aber
Dietrich hatte zu diesem Zeitpunkt den Ankläger praktisch
bereits entwaffnet, indem er dessen Schwert zuschanden schlug. Daß
er seinem Gegner danach in ritterlichem Edelmut anbot, sich eine neue
Waffe zu besorgen, ehrt ihn zwar, ändert aber nichts an den
Tatsachen. Mit dem entscheidenden Schwertstreich hat Gott durch die
Hand des jungen Ritters sein Urteil gesprochen. Ihr alle seid Zeugen,
daß es so geschehen und damit der Gerechtigkeit Genüge
getan ist! Ich spreche deshalb im Namen des Allmächtigen die
beiden Angeklagten von aller Schuld frei und erkläre das
Gottesgericht für beendet."
    Niemand
ahnte, daß sein Eintreten für die Angeklagten rein
taktischer Natur war. Er hatte vor dem Eintreffen des Grafen Gerhard
keinen Gedanken daran verschwendet, den Zweikampf vorzeitig zu
beenden. Aber nun zeichnete sich eine neue, gefahrdrohende Lage ab,
die ein völliges Umdenken erforderte. Mit dem geübten Auge
des kampferfahrenen Befehlshabers hatte er erkannt, daß
Dietrichs Waffentechnik, gepaart mit kaltblütiger Übersicht,
von großem Nutzen in der vielleicht bald kommenden
Abwehrschlacht sein konnte.
    Die
wohlwollenden Worte zu dem Urteil hatte er gewählt, um dem
jungen Ritter den Rücken zu stärken und ihm damit den
nötigen Respekt unter den Edlen zu verschaffen. Das war in
seinen Augen notwendig, wenn Dietrich bei dem bevorstehenden
Abwehrkampf gegen die Slawen als Mitglied der Heeresführung
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