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Die Klinge des Löwen 01

Die Klinge des Löwen 01

Titel: Die Klinge des Löwen 01
Autoren: Walter Weil
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Roß nahe heran war, erhob sich
die gefiederte Schar, nur um sich wenige Schritte weiter erneut auf
dem Weg niederzulassen. Dieses Spiel wiederholten sie eine Weile.
Aber schließlich wurde es ihnen zuviel. Wie auf Kommando flogen
sie alle gleichzeitig auf und landeten auf einem etwas abseits
stehenden, noch kahlen Holzapfelbaum, wo sie sich laut tschilpend
über den Störenfried aufregten.
    Dietrich
schmunzelte und lauschte gleichzeitig dem Trommelwirbel eines
Spechts, der oben im Wald einen Baum bearbeitete. 'Alle kämpfen
ums Dasein', dachte er, während er sich der Ortenburg näherte,
die noch unsichtbar hinter einer Bergnase lag. Um ihn herum war es
strahlend hell, als wollte die Sonne die dunkle Seite des Lebens von
der Erde vertreiben. Es war deutlich zu spüren, wie die Natur
dem Frühling entgegenstrebte. Das Gefühl des schwellenden
Lebens ringsum erfaßte nun auch Dietrich. Und wie der flüchtige
Schatten einer Wolke verlor sich seine gedrückte Stimmung
endgültig, so daß sich lichtere Gedanken in ihm
ausbreiteten. Irgendwie würde sich alles schon regeln! Auch eine
Fehde dauerte nicht ewig. Und Hütten konnte man wieder aufbauen,
Felder neu bestellen. Das Lehen war ihm sicher, so lange er Graf Max
willig seinen Schwertarm lieh und mit ihm zusammen verhinderte, daß
Urban von Geroldseck ihnen über den Kopf wuchs. Alles andere war
törichte Angst vor einer ungewissen Zukunft. Er schalt sich
einen lächerlichen Tropf - war nicht das ganze Leben ungewiß?
    Kurz bevor er die
Biegung erreichte, hinter der man von der Burg aus jeden
Neuankömmling beobachten konnte, spornte er Titus zu einem
verhaltenen Trab an. Es durfte nicht so aussehen, als folge er dem
Ruf seines Herrn nur widerwillig. Er lachte hart und grimmig auf, so
daß Titus' Ohren nach hinten zuckten. Als Dietrich das sah,
schmunzelte er. Seine Züge wurden weich, zärtlich
leuchteten seine graubraunen Augen, als er sich vorbeugte und dem
Rappen den Hals tätschelte.
    „ In Gottes Namen - wahren
wir den Schein!" Während er das leise vor sich hin
murmelte, blickte er mißtrauisch um sich, ob ihm auch niemand
zuhörte. Aber der einzige Lauscher war sein Pferd, und so fuhr
er mit seinem Selbstgespräch fort: "Nur nicht anmerken
lassen, was man von den Dingen hält. Wir wollen ja Menschen, von
denen wir abhängen, nicht vor den Kopf stoßen! Nicht wahr,
alter Freund?“
    Der Rappe schnaubte
und warf den Kopf hoch. Dietrich murmelte lächelnd: „Brav,
mein Pferdchen! Da sind wir also einer Meinung!“
    Die
von einem mä chtigen Bergfried überragte Burg, auf
die Roß und Reiter nun zusteuerten, erhob sich auf einem nahezu
ebenen Bergsporn, der sich wie ein Keil ein Stück weit in die
Ebene hineinschob. Die strategisch günstige Lage ermöglichte
es Graf Max, den Eingang ins Künzigtal und damit das Kerngebiet
der Mortenau zu überwachen.
    Da die viel benutzte
alte Römerstraße von Straßburg nach Rottweil
unmittelbar unter der Burg vorbeiführte, flossen dem Lehnsherrn
hieraus beträchtliche Einnahmen aus den erhobenen Zollgebühren
zu. Vor allem diese Tatsache hatte den Neid und die Begehrlichkeit
seines einflußreichen Nachbarn, des Grafen Urban von
Geroldseck, geweckt.
    Die Mauern der Burg
wuchsen vor Dietrich empor. Sie stand auf gewachsenem Fels, der nach
Westen und Süden steil abfiel und die wehrhafte Anlage auf
diesen Seiten unangreifbar machte. Im Kopf des einsamen Reiters
formte sich für einen Moment das Bild der sich im Osten
erhebenden mächtigen Schildmauer, vor der ein tiefer Halsgraben
ausgehoben war und die zusammen mit der Außenwand des Palas die
Bergseite der Burg schirmte. In der Nordecke beherrschte der alles
überragende viereckige Bergfried das vor ihm liegende Gelände.
    Während Titus
mit ausgreifenden Schritten energisch den steilen Burgweg
emporstrebte, der entlang der Westmauer verlief, fiel Dietrichs Blick
auf das unter ihm liegende Dorf Dattenwiller. Der winzige Weiler war
nicht mehr als eine Ansammlung von Gehöften freier Bauern und
armseliger Hütten der dort lebenden Hörigen. Wie Kücken
unter die Glucke drückten sich die Bauten in den Schutz der
Feste. Aus den Kaminen der Bauernhäuser und den primitiven
Abzugsöffnungen der Hütten stieg heller Rauch fast
senkrecht gen Himmel, ein Zeichen, daß man dort unten wohl das
Mittagessen auf den Tisch brachte. Die Bewohner der kleinen Ortschaft
standen im Dienste des Herrn der Ortenburg, ein Dienst, der ihnen
nicht sonderlich viel abverlangte - so lange die Zeiten
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