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Die Klinge des Löwen 01

Die Klinge des Löwen 01

Titel: Die Klinge des Löwen 01
Autoren: Walter Weil
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flach
ausgestreckt auf der kahlen Erde. Sie hatten die Köpfe gehoben,
als sie des Besuchers ansichtig wurden, und Witterung aufgenommen. Da
der Geruch des Mannes ihnen nicht unbekannt war, erlosch ihre
Aufmerksamkeit bald; sie ließen die Köpfe wieder auf die
Vorderpfoten sinken und dösten weiter.
    Er
überquerte den Hof und ging auf den sonnengebadeten Palas zu,
dessen grelles Weiß abermals fast schmerzhaft seine Augen traf.
Als er sich dem gemauerten Ziehbrunnen näherte, der sich im
Zentrum des Burghofes erhob, sah er, daß die Magd, die gerade
Wasser holte, eine hübsche junge Maid war. Sie hatte ein
hellbraunes Mieder an, das vorne locker geschnürt war. Darunter
trug sie ein weißes Leinenhemd mit einem runden Halsausschnitt.
Ein dunkelbrauner, wadenlanger Rock mit einem farbigen Saum sowie ein
weißes Leinentuch als Kopfbedeckung vervollständigten ihre
Kleidung. Sie war barfuß, was bei der herrschenden Wärme
durchaus nicht verwunderlich war.
    Während
Dietrich sich näherte, sah er zu, wie sie mit Hilfe einer
eisernen Kurbel eine Holzwalze drehte, die zwischen zwei auf dem
Brunnenrand befestigten Pfosten eingesetzt war. Sie zog damit einen
wassergefüllten Holzkübel an einem dünnen Seil aus dem
Brunnengrund. Dietrich beobachtete im Vorbeigehen interessiert, wie
das Seil des emporsteigenden Eimers sich um die Hälfte der sich
drehenden Walze wickelte, während es sich auf der anderen Hälfte
des Rundholzes abspulte und einen daran hängenden leeren
Holzkübel in den Brunnenschacht absenkte.
    Was für eine
wirksame und doch so simple Einrichtung, dachte Dietrich. Es kam ihm
in den Sinn, wie wichtig es sei, einen Brunnen im inneren Burghof zu
haben. Meistens war dieser Umstand entscheidend dafür, ob die
Burgbewohner auch einer längeren Belagerung standhielten!
    Freundlich lächelte
er der jungen Magd zu. Ihre Wangen waren von der nicht leichten
Arbeit gerötet. Ein Blick aus dunklen, glänzenden Augen
traf den jungen Recken. Er konnte sich eine scherzhafte Bemerkung
nicht verkneifen. „Na, schöne Maid, willst du nicht
warten, bis ich zurück bin und mir dann einen Becher von deinem
kostbaren Naß kredenzen?“
    Sie kicherte, und er
sah amüsiert, wie eine zartrosa Welle ihr gesamtes Antlitz
überlief und sich bis zum schlanken Hals hinunterzog. Rasch
hatte sie jedoch ihre Schüchternheit überwunden.
    „ Das werdet Ihr wohl nicht
nötig haben, Herr Ritter“, rief sie keck mit heller
Stimme. Mit einer schnellen Bewegung ihres von kastanienbraunem Haar
umrahmten Kopfes, das in üppigen Locken unter dem angesteckten
weißen Tuch hervorquoll, wies sie zum Palas hinüber. „Dort
kredenzt man Euch sicher etwas Besseres als Brunnenwasser!“
    „ Meinst du?“ rief er
im Weitergehen lachend. „Aber von schöner Hand gereicht,
würde ich auch mit einem Becher Wasser vorlieb nehmen!“
    „ Ihr macht Euch lustig über
mich, Herr!“
    „ Aber wo denkst du hin!“
rief er mit gespielter Entrüstung. „Ich meine immer, was
ich sage.“
    „ Dann kommt, daß ich
Euch labe!“ rief sie ihm herausfordernd nach, so daß er
sich genötigt fühlte, sich vor dem Palas noch einmal
umzudrehen. „Später, mein Kind, später! Fürs
erste muß ich durstig bleiben, fürchte ich! Und einen
vollen Weinkrug, wie du glaubst, werde ich heute auch nicht zu sehen
bekommen.“
    „ Ach, Herr, wie tut Ihr mir
leid“, rief die Maid mit kokettem Lachen. „Vielleicht
kann ich Euch ein andermal erquicken!...“
    „ Wohl gesprochen, Mädchen,
das behalt' ich gerne im Gedächtnis!“
    Die
lustige Begegnung hatte seine Laune gehoben. Fast vergnügt begab
er sich zum Eingang des Palas'. Über eine schmale, steile
Außentreppe aus Holz, die an der Wand emporlief, gelangte er zu
dem niedrigen Eingang. Er stieß die aus Eichenholz gefertigte
und mit Eisenbändern verstärkte Türe auf und betrat
einen Vorraum, dessen Boden mit braunen Steinplatten belegt war. Ein
Treppenturm mit einer als „Schnecke“ bezeichneten
Wendelstiege öffnete den Weg zu dem oberen Stockwerk. Als er den
letzten Treppenabsatz erreicht hatte, trat ein Page aus einer
Fensternische. Wie es schien, hatte er auf ihn gewartet. Er geleitete
ihn sofort zum Großen Saal, bat ihn dann, sich einen Augenblick
zu gedulden, und meldete ihn bei seinem Herrn an.
    Kurz
darauf kam er zurück und bedeutete dem Besucher, einzutreten.
Dietrich dankte mit einem knappen Kopfnicken und betrat die Halle. Er
sah Graf Max am anderen Ende des Raumes unruhig vor dem
mächtigen
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