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Die Klinge des Löwen 01

Die Klinge des Löwen 01

Titel: Die Klinge des Löwen 01
Autoren: Walter Weil
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sich ein
paar Rabenkrähen niedergelassen und lärmten um die Wette.
Für eine Weile erfüllte ihr mißtönendes Geschrei
die Landschaft, bis sie schließlich abstrichen. Indessen
beobachtete Dietrich aufmerksam, wie der Reiter allmählich näher
kam. Er sah, daß der Mann in einen grobgewirkten braunen Umhang
gehüllt und sein Kopf mit einer ebenso braunen Kappe bedeckt
war.
    Als er noch einen
Steinwurf entfernt war, erkannte Dietrich den Besucher. Es war Anselm
Hutter, der Kämmerer seines Lehnsherrn. Er verwaltete die Finanzen der nahegelegenen
Ortenburg. Vasallen seines Herrn suchte er nur dann persönlich
auf, wenn er eine Botschaft zu überbringen hatte, die nicht für
jedermanns Ohr bestimmt war.
    Dietrich wußte
das, und das unangenehme Gefühl von vorhin verstärkte sich.
Sein von einem rötlichen Bartsaum umrandetes Gesicht begann sich
zu verfinstern. Was für eine Hiobsbotschaft hat der Alte wohl
für mich? dachte er grimmig.
    Er hakte die Daumen
seiner erstaunlich feingliedrigen Hände in den einfachen,
breiten Gürtel, der sein hirschledernes Wams umschloß. In
den Beinkleidern aus demselben weichen Material und den
kurzschäftigen Stiefeln aus grobem Rindsleder stand er
breitbeinig da und wartete. Während er den langsam näher
kommenden Reiter beobachtete, tastete er gedankenverloren nach dem
Damaszenerdolch, den er in einer reich mit Schnitzereien verzierten
Hülle aus Ebenholz am Gürtel trug.
    Er blickte erneut
hinüber zu seinen Bauern. Keiner von ihnen schien Notiz von dem
Ankömmling zu nehmen. Sie bearbeiteten emsig den Acker, der sich
sanft den Hang hinabzog, bis in die Nähe des Flusses, den man
Künzig nannte.
    Die Spannung löste
sich bei Dietrich ein wenig, als er den mageren, an die sechzig Jahre
alten Besucher auf sich zukommen sah. Unverkennbar war der Mann über
dem Studieren von Pergamenten und Folianten, von Zahlen, Maßen
und Gewichten, im Dämmerlicht seiner Kammer allmählich
eingetrocknet und blaß und faltig geworden . Dietrich konnte angesichts der wackeligen Figur, die der
offensichtlich des Reitens ungewohnte Besucher abgab, ein Grinsen
nicht unterdrücken und rief ihm zu: „Holla, Anselm, welch
seltener Besuch! Wollt Ihr uns beim Säen helfen?“
    Anselm Hutter verzog
sein bleiches, wie abgezehrt wirkendes Gesicht zu einer grämlichen
Grimasse, während er sein Roß vorsichtig, als gehe es über
brüchiges Eis, auf den jungen Ritter zubewegte.
    „ Ach je! Zeit sparen wollte
ich, Herr Dietrich“, rief er mit krächzender
Altmännerstimme. Hilflos hob er die linke Hand, um sich aber
sofort wieder am Sattelbogen festzuhalten. „Ich hab' die
Abkürzung genommen und bin über den Wald zu Eurem Gehöft
gekommen...“
    „ ...und da war der Vogel
ausgeflogen, nicht wahr?“ Dietrich verbiß sich ein Lachen
und trat näher. Er verdrängte für den Augenblick seine
Befürchtungen. Geschickt griff er nach dem Zaum des Schecken, um
dem unsicheren Reiter die Mühe abzunehmen, das Roß ruhig
zu halten.
    „ Nun ja, wie man's macht,
ist's verkehrt.“
    „ Nicht immer“, sagte
Dietrich lächelnd und musterte den Älteren neugierig. „Aber
was führt Euch zu mir?“
    Ohne auf die Frage
einzugehen, sah der andere sich um. "Ihr seid heuer früh
dran mit der Landwirtschaft, Herr Dietrich!"
    Dietrich nickte und
entgegnete: "Da habt Ihr recht, Anselm. Es ist ein wenig früh.
Vielleicht hat die liebe Sonne uns verführt!"
    "Ich wünsche
Euch, daß es gutgeht", sagte der Kämmerer zweifelnd.
Er deutete auf e inen der
zahlreichen Flußarme, der zweihundert Schritte entfernt in
weitem Bogen zu Dietrichs Feld hin ausgriff. "Das
Frühjahrshochwasser ist zwar schon wieder zurückgegangen,
aber ob das so bleibt?"
    Dietrich
starrte auf die schäumenden Wellen, die dort noch immer den
oberen Rand des Ufers beleckten, und es gab nach wie vor Stellen, wo
die Fluten sich noch nicht in ihr Bett zurückgezogen hatten.
    "Nun
ja", sagte er, sich wieder dem Besucher zuwendend, "wenn
man das Land bestellt, ist man immer ein wenig vom Glück
abhängig, meint Ihr nicht? Außerdem ist es ja nur ein
kleiner Teil dieses Feldes, der noch eine Weile gefährdet sein
mag."
    Anselm Hutter
nickte, ohne zu antworten. Dietrich sah ihn scharf an. Es war ihm
klar, daß der andere mit diesem Gespräch nur die Zeit in
die Länge ziehen wollte, ehe er ihm den Grund seines Besuches
nannte. Er bemerkte, wie Anselm unruhig umher blickte, als fürchte
er ungebetene Zuhörer. Seine Miene wirkte plötzlich
bedrückt, und Dietrich
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