Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Grandseigneurs; mir scheint, daß die Diligence ...«
    »Mit den Diligencen,« antwortete Cérizet, »da weiß man niemals, wann man ankommt; wegen der Ausgabe brauchen Sie sich übrigens nicht zu beunruhigen; ich hätte die Reise ja auch ohne Sie gemacht; ich stelle Ihnen also zwei Plätze in meinem Wagen zur Verfügung. Kommt die Sache zustande und setzen wir unsere Anteile fest, so können wir ja dann die Kosten teilen.«
    Für Geizhälse geben kleine Vorteile häufig bei großen Geschäften den Ausschlag; nachdem sie pro forma sich ein wenig gesträubt hatte, nahm Brigitte schließlich den Vorschlag an, und noch am selben Tage fuhren die drei Geschäftsteilhaber nach Chartres. Cérizet hatte Thuillier verpflichtet, la Peyrade nichts von dieser Reise zu sagen, damit der Provenzale nicht auf den Gedanken käme, ihm während der kurzen Abwesenheit einen hinterlistigen Streich zu spielen.
    Am andern Tage war das Trio gegen fünf Uhr abends wieder zurückgekehrt; Bruder und Schwester, die sich in Cérizets Gegenwart ihre Eindrücke nicht ungeniert hatten mitteilen können, waren beide der Ansicht, daß es ein ausgezeichnetes Geschäft sei. Sie hatten sich überzeugt, daß es Boden erster Klasse war, die Wirtschaftsgebäude waren in untadelhaftem Zustande, lebendes und totes Inventar machten einen sehr guten Eindruck; und ein Landgut zu haben, das gab in Brigittes Augen dem Reichtum erst die letzte Weihe.
    »Minard«, sagte sie, »hat nur ein Stadthaus und Geld, wir aber werden ein Gut haben, Grundbesitz; ohne solchen kann man nicht für reich angesehen werden.«
    Thuillier stand nicht so sehr im Banne dieses Hoffnungstraums, dessen Erfüllung übrigens noch in ziemlich weiter Ferne lag, daß er deshalb seine Wahl und seine Zeitung aus den Augen verloren hätte. Das erste, was er tat, war daher, nach der Nummer zu fragen, die am Morgen erschienen war.
    »Es ist keine gekommen,« antwortete der Diener.
    »Das ist ja eine nette Wirtschaft!« sagte Thuillier ärgerlich, »nicht einmal der Besitzer der Zeitung wird ordentlich bedient!«
    Und obgleich die Essenszeit heranrückte und er nach der Reise viel lieber ein Bad genommen hätte, als nach der Rue d'Enfer zu eilen, nahm Thuillier einen Wagen und fuhr auf die Redaktion des »Echos«.
    Hier neue Enttäuschung: die Redaktion war geschlossen, alle Angestellten fort, ebenso la Peyrade; und was Coffinet anbelangt, der, wenn auch nicht im Bureau, so doch wenigstens als Portier auf seinem Posten hätte sein müssen, so war er, wie seine Frau sagte, »Besorgungen machen gegangen« und hatte den Schlüssel zu dem Schrank, in dem die Zeitungsnummern aufbewahrt wurden, mitgenommen. Es war für den unglückseligen Eigentümer also ausgeschlossen, sich die Nummer zu verschaffen, wegen der er einen so weiten Weg gemacht hatte.
    Es ist unmöglich, sich Thuilliers Entrüstung vorzustellen: mit großen Schritten ging er im Redaktionsbureau auf und ab und rief, laut mit sich selbst sprechend, wie man es in so erregter Situation zu tun pflegt:
    »Ich werde sie alle rausschmeißen!«
    Wir sind genötigt, den scharfen Ausdruck, den er gebrauchte, etwas abzuschwächen.
    Als er diese Verwünschung ausgestoßen hatte, wurde an die Tür des Zimmers geklopft.
    »Herein!« rief Thuillier mit einem Ton, in dem Zorn und Ungeduld durchklangen.
    Der jetzt hereintrat, war Minard, der ihm um den Hals fiel.
    »Mein lieber, edler Freund!« sagte der Bürgermeister des elften Bezirks und ließ seiner Umarmung einen warmen Händedruck folgen.
    »Was ist denn? Was gibt es denn?« entgegnete Thuillier, der aus diesen heißen Freundschaftsbezeigungen durchaus nicht klug werden konnte.
    »Oh, mein Lieber,« fuhr Minard fort, »Ihr Verhalten ist bewunderungswürdig, man kann nicht ritterlicher, nicht uneigennütziger handeln! Es hat auch ungeheuren Eindruck in unserm Bezirk gemacht.«
    »Aber was denn nun eigentlich?« rief Thuillier ungeduldig.
    »Der Artikel, der Schritt,« erklärte Minard weiter, »alles ist so vornehm, so erhaben!«
    »Aber was denn für ein Artikel, für ein Schritt«, sagte der Besitzer des »Echos«, ganz außer sich geratend.
    »Der Artikel von heute morgen«, antwortete Minard.
    »Der Artikel von heute morgen?«
    »Aber haben Sie ihn denn im Schlaf geschrieben, haben Sie so heroisch gehandelt, ohne es zu wissen?«
    »Ich? Ich habe überhaupt keinen Artikel geschrieben,« rief Thuillier, »ich war seit gestern von Paris abwesend und weiß nicht einmal, was in der Morgenzeitung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher