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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant
Autoren: Jules Verne
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erschrecklich sein.
    – Er wird zum Ziel kommen, erwiderte Mac Nabbs, oder die Lords der Admiralität hätten Herzen, härter als das Gestein zu Portland.«
    Trotz dieser Versicherung des Majors verbrachte Lady Helena diese Nacht in lebhaftester Besorgniß, ohne einen Augenblick zu schlafen.
    Am folgenden Morgen standen Mary und ihr Bruder mit Tagesanbruch auf und wandelten in dem großen Schloßhof, als man Wagengeräusch vernahm. Lord Glenarvan kehrte in raschester Fahrt nach Malcolm-Castle zurück.
    Augenblicklich erschien Lady Helena in Begleitung des Majors im Hof und eilte ihrem Gemahl entgegen.
    Dieser schien traurig, enttäuscht, entrüstet. Er schloß seine Gemahlin schweigend in die Arme.
    »Nun, Edward, Edward? rief Lady Helena.
    – Ja nun, liebe Helena, erwiderte Lord Glenarvan, die Leute haben kein Herz!
    – Sie haben abgeschlagen? …
     

    »Mein Vater! Mein armer Vater!« rief Miß Grant. (S. 34.)
     
    – Ja! Sie haben mir ein Schiff verweigert! Sie sprachen von den Millionen, die vergeblich für die Aufsuchung Franklin’s aufgewendet worden! Sie haben das Document für unklar, unlesbar erklärt! Sie sagten, es seien bereits zwei Jahre, daß diese Unglücklichen zu Grunde gegangen, und wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden, sie wieder aufzufinden! Sie haben behauptet, seien sie von den Indianern gefangen worden, so habe man sie in’s Innere geschleppt, und man könne nicht ganz Patagonien durchsuchen, um drei Menschen, – drei Schotten! – wieder zu bekommen. – Solch ein Aufsuchen würde vergeblich, und mit Gefahren verknüpft sein, es würde mehr Opfer kosten, als gerettet werden würden! Kurz, sie brachten alle möglichen seichten Gründe vor, um eben nur zu verweigern. Sie erinnerten sich an des Kapitäns Projecte, darum ist der arme Grant auf immer verloren!«
    »Mein Vater! Mein armer Vater! rief Mary Grant, und stürzte dem Lord Glenarvan zu Füßen.
    – Ihr Vater! Wie Miß … sprach dieser überrascht, als er das Mädchen zu seinen Füßen sah.
    – Ja, Edward, Miß Mary und ihr Bruder, erwiderte Lady Helena, die beiden Kinder des Kapitän Grant, welche die Admiralität zu Waisen machen will!
    – Ach! Miß, fuhr Lord Glenarvan fort, indem er das Mädchen aufhob, hätte ich gewußt, daß Sie zugegen …«
    Er sprach kein Wort weiter! Peinliches Schweigen, mit Schluchzen vermischt, herrschte im Hofe. Niemand ließ ein Wort vernehmen, weder Lord Glenarvan, noch Lady Helena, noch der Major, noch die Diener des Schlosses, welche schweigend um ihre Herrschaft standen. Aber durch ihre Haltung protestirten alle diese Schotten gegen das Benehmen der englischen Regierung.
    Nach einer Weile ergriff der Major das Wort und sprach zu Lord Glenarvan:
    »Also, Sie haben keine Hoffnung?
    – Keine.
    – Nun, rief der junge Robert aus, ich will denn hin zu den Leuten, und … wir werden sehen …«
    Robert sprach seine Drohung nicht aus, weil seine Schwester ihn hemmte; aber seine geballte Faust gab wenig friedliche Absichten zu erkennen.
    »Nein, Robert, sagte Mary Grant, nein! Danken wir diesen guten Menschen dafür, was sie für uns gethan haben; bleiben wir ihnen ewig dankbar, und gehen miteinander.
    – Mary! rief Lady Helena.
    – Miß, wo wollen Sie hin? sagte Lord Glenarvan.
    – Ich will mich der Königin zu Füßen werfen, erwiderte das Mädchen, und wir werden sehen, ob sie taub ist gegen das Flehen zweier Kinder um das Leben ihres Vaters.«
    Lord Glenarvan schüttelte den Kopf, nicht weil er am Herzen der huldvollen Majestät zweifelte, sondern weil er überzeugt war, daß Mary Grant nicht bis zu ihr würde dringen können. Die Flehenden gelangen sehr selten bis zu den Stufen eines Thrones, und es scheint, man hat an die Thore der königlichen Paläste geschrieben, was man auf dem Rade der Steuerruder englischer Schiffe liest:
     
    » Die Passagiere werden gebeten mit dem Manne am Steuer nicht zu reden.«
     
    Lady Helena hatte den Gedanken ihres Gemahls begriffen; sie wußte, daß das Mädchen einen vergeblichen Schritt thun würde; sie sah, in welch’ verzweifelter Lage nun die beiden Kinder sich befinden würden. Da entstand in ihr ein großer, edler Gedanke.
    »Mary Grant, rief sie aus, warte, mein Kind, und höre, was ich zu sagen habe.«
    Das Mädchen war im Begriff, mit seinem Bruder an der Hand fortzugehen. Es blieb stehen.
    Darauf trat Lady Helena, mit nassem Auge, aber fester Stimme und belebten Zügen, zu ihrem Gemahl:
    »Edward, sprach sie, als der Kapitän Grant jenes
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