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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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ihres Zwillingsbruders fast vergangen war. Diesmal jedoch war alles anders. Der treue Schwab hielt die Zügel in der Hand, und neben ihr ritt Ernst, der sich bereits recht gut von seiner Gefangenschaft erholt hatte. Ihnen folgten Prielmayr und mehrere Dutzend Waffenknechte, die den Wagen bewachten, auf dem die überlebenden Räuber gefesselt lagen. Wissend, dass ihnen Folter und Tod drohten, hatten die in der Schatzkammer von Giggings Burg eingesperrten Schurken so getan, als wollten sie sich ergeben, und dann, als die Tür geöffnet worden war, einen verzweifelten Ausbruchsversuch unternommen. Die meisten waren von den empörten Soldaten in Stücke gehauen worden, und die, die überlebt hatten, beneideten nun ihre toten Kumpane.
    Veva verschwendete jedoch keinen Gedanken mehr an diese Schurken, sondern herzte ihre Tochter, die während der Reise ein ganzes Stück gewachsen war. Wie es aussah, hatte Kreszenz recht behalten, und die Milch der Mutter verlieh der Kleinen tatsächlich besondere Kraft.
    »Woran denkst du?«, fragte Ernst, während vor ihnen die Wächter des Isartors den Weg in die Stadt freimachten.
    »Daran, wie unser Kind gedeiht!«, antwortete Veva mit einem Lächeln.
    Ernsts Augen strahlten. Noch immer konnte er es kaum glauben, dass er am Morgen nicht mehr in der schmutzigen Zelle erwachen würde und er all das, was jetzt um ihn herum geschah, nur als Traum ansehen musste. Als sie das Tal entlangritten, tauchte neben ihnen auf einmal Korbinian Echle auf und winkte ihnen lachend zu. »Unserem Herrn Jesus Christus sei Dank, du lebst! Kann ich dich heute noch besuchen?«
    »Freilich kannst du das, das heißt, wenn es Veva nicht zu viel wird«, sagte Ernst und sah seine Frau fragend an.
    Veva lächelte. »Natürlich kann Echle zu uns kommen. Du wirst gewiss einen Becher Wein mit ihm trinken wollen.«
    »Vielleicht auch zwei«, sagte Ernst grinsend.
    Inzwischen hatten sie das Rathaus erreicht und ritten durch den Torbogen auf den Schrannenplatz. Dort herrschte reges Treiben, das jedoch erlahmte, als die Marktweiber, Verkäufer und ihre Kunden den Reiterzug bemerkten. Hier trennte sich Vevas und Ernsts Weg von dem des Höflings. Während Prielmayr nach rechts in Des Dieners Gasse einbog, um zur Residenz zu gelangen, wollten sie geradeaus reiten, um in die Kaufingerstraße zu gelangen.
    Da traf Vevas Blick den Schandpfahl und die Person, die daran gebunden war. Rasch griff sie nach Ernsts Ärmel und zupfte daran. »Sieh mal! Das ist doch unsere Nachbarin, die Frau Anna!«
    Jetzt sah Ernst die Frau ebenfalls. Diese stand mit gesenktem Kopf, Gesicht, Haare und Kleider schmutzig und mit Gemüseresten bedeckt, und schien sich an jeden anderen Ort der Welt zu sehnen.
    Eine der Bauersfrauen auf dem Markt hob den Kopf und sah Veva und Ernst an. »Die steht heute den dritten Tag dort. Gleich am ersten hat sie etliche kräftige Rutenhiebe bekommen, außerdem muss sie einiges an Strafe zahlen und wird auf zwei Jahre aus Bayern verwiesen. Sie soll nämlich ihre schwangere Magd so geschlagen haben, dass diese vom Kind gekommen ist. Da ist unser Herr Herzog ganz zornig geworden und hat sie monatelang im Loch schmoren lassen!«
    »Danke schön für die Auskunft!« Über ihre eigenen Sorgen hatte Veva Rosis Schicksal ganz vergessen, und auch den Grund, weshalb diese nach Augsburg hatte auswandern müssen. Jetzt sah sie die Meisterin noch einmal an und ritt dann kopfschüttelnd weiter. »Weißt du, Ernst, ich bin ja nicht gehässig, aber Frau Anna gönne ich es!«
    Ihr Mann nickte grimmig. »Das nimmt zwar nichts von den Schmerzen weg, die Rosi hat erleiden müssen. Aber es ist doch ein gutes Gefühl zu wissen, dass eine solche Tat auch die entsprechende Strafe nach sich zieht.«
    Kurz darauf passierten sie den Schönen Turm, wandten sich nach links und erreichten bald das Haggengässel und damit ihr Heim. Der Schwab klopfte an der Haustür, und ein großer Junge, den er erst auf den zweiten Blick als den kleinen Nis aus Augsburg erkannte, öffnete ihm. Kaum entdeckte dieser Veva und Ernst, stieß er einen Jubelruf aus, der von den Wänden der Häuser widerhallte. »Halleluja, Ihr habt es geschafft!«
    Veva sah ihn verwundert an. »Wie kommst du nach München?«
    »Herr Hilarius hat mich geschickt. Eigentlich sollte ich Euch ja bei der Suche nach Herrn Ernst helfen, aber da seid Ihr schon weg gewesen. Ich bin dann halt hiergeblieben, um Lina und Cilli zu unterstützen.«
    »He, du Zwerg, reden kannst du später! Mach erst
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