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Die Katze

Titel: Die Katze
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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Blick
schweifte auf ihren Schritt. Charley verschränkte die Hände über dem Buch in ihrem Schoß, um ihm die Sicht zu versperren. »Damit will ich nicht sagen, dass mir Ihr kleines, wie soll ich sagen, Exposé von gestern persönlich nicht gut gefallen hätte. Ich versuche schon seit Ewigkeiten, meine Frau davon zu überzeugen.« Er zwinkerte ihr zu. »Sie ist wohl nicht so abenteuerlustig wie Sie.«
    Charley wandte sich wieder ihrem Computer zu. »Ich leite Ihnen die E-Mail weiter«, erklärte sie ihm und drückte auf die entsprechenden Tasten.
    »Machen Sie das. Und beim nächsten Mal …«
    »Erfahren Sie es als Erster.«
    »Gut. Ich war schon immer gern der Erste.«
    Obwohl sie ihm den Rücken zuwandte, konnte Charley sein Zwinkern spüren. Was war bloß mit manchen Männern los?, dachte sie. Hatten sie noch nie von sexueller Belästigung gehört? Dachten sie, es beträfe sie nicht? Sie bezweifelte allerdings, dass sie auf dieser Etage viele Sympathisanten finden würde. Forderte sie mit der Art Kolumne, die sie schrieb, solche Anmache nicht geradezu heraus?, konnte sie ihre Kollegen fragen hören. Von ihnen war jedenfalls kein Mitleid zu erwarten.
    Keine Sorge, dachte sie und drehte das Buch in ihrer Hand um. Ich erwarte schon lange nichts mehr von irgendwem.
    Charley ertappte sich dabei, das Hochglanzfoto ihrer Schwester auf dem Rückumschlag zu betrachten. Anne saß zwischen dekorativen weißen Spitzenkissen auf einem rosafarbenen Samtsofa, das lange kastanienbraune Haar locker hochgesteckt, sodass ein paar fotogene Löckchen ihr herzförmiges Gesicht rahmten. Trotz all der Schichten dicker Schminke war sie unbestreitbar eine schöne Frau. Aber kein Mascara, Kajal und Smokey-Eyes-Lidschatten konnte die Traurigkeit in ihren Augen übertünchen. Charley hatte in der Boulevardpresse über Annes Trennung von ihrem Bad-Boy-Ehemann Nummer zwei gelesen.
Angeblich verlangte er Unterhalt und drohte, andernfalls das Sorgerecht für ihre kleinen Töchter zu erstreiten. Wenn Charley sich recht erinnerte, war Darcy zwei Jahre und Tess erst acht Wochen alt. Was für ein Chaos, dachte sie und griff zum Telefon. Sie kramte die Nummer ihrer Schwester aus ihrer Erinnerung und wählte die New Yorker Vorwahl, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
    Schon nach dem ersten Klingeln wurde abgenommen. »Bei Webb«, meldete sich die Haushälterin knapp.
    »Kann ich Anne sprechen, bitte? Hier ist ihre Schwester.«
    »Miss Anne«, rief die Haushälterin. »Es ist Emily.«
    »Nein, hier ist…«
    »Em, wie geht’s?«, meldete sich ihre Schwester.
    »Es ist nicht Emily«, korrigierte Charley.
    »Charlotte?«
    »Charley«, korrigierte sie erneut.
    Es entstand eine lange Pause.
    »Anne? Bist du noch da?«
    »Ja, natürlich.«
    »Einen Moment lang dachte ich, die Verbindung wäre unterbrochen.«
    »Ich bin bloß überrascht, von dir zu hören. Ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.«
    »Und Mutter?«
    »Ihr geht es gut. Und Vater?«
    »Auch gut.«
    »Schön.«
    Wieder entstand eine Pause, noch länger als die vorherige.
    »Und wie geht es den Kindern?«, fragte Charley.
    »Gut. Und deinen?«
    »Super.«
    »Ich nehme an, du hast gehört, dass A. J. und ich uns trennen.«

    »Das tut mir wirklich leid.«
    »Glaub mir, ich kann froh sein, den elenden Mistkerl los zu sein. Der Wichser betrügt mich mit zwei meiner besten Freundinnen und hat dann noch den Nerv, Unterhalt zu verlangen. Ist das zu toppen?«
    Charley war sich nicht sicher, was sie mehr überraschte: die Tatsache, dass ihr Ex-Schwager in spe mit zwei der besten Freundinnen ihrer Schwester schlief, oder der Umstand, dass Anne so viele Freundinnen hatte.
    »Wie geht es Emily?«, fragte Charley.
    »Em geht es prächtig. Ich nehme an, du hast sie in Good Morning, America gesehen.«
    »Nein, das hab ich verpasst. Niemand hat mir Bescheid gesagt …«
    »Sie war fantastisch. Der Sender überlegt offenbar, ihr einen festen Platz einzurichten.«
    »Das wäre toll.«
    »Ja. Das wäre es. Wie geht es Bram?«
    »Okay. Hast du in letzter Zeit etwas von ihm gehört?«
    »Soll das ein Witz sein? Er ruft sogar noch seltener an als du. Warum? Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Nein, nein.«
    »Was ist los, Charley? Warum rufst du an?«
    Warum hatte sie angerufen?
    »Hat sich irgendjemand von People bei dir gemeldet?«
    »Wer?«
    »Das People -Magazin. Meine PR-Managerin versucht schon seit einiger Zeit, sie zu einem Porträt über mich zu überreden. Sie dachte, dass man vielleicht die
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