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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres
Autoren: Falcones Ildefonso
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ihr zu. »Es wird sich ein anderer finden, der … der dir Gewalt antut!« Die Augen des Mädchens kehrten in die Realität zurück und sahen ihn anklagend an. »Er wird mir die Haut in Fetzen vom Körper ziehen …«
    Francesca hörte nicht auf, sich zu sträuben, aber Bernat warf sich ungestüm auf sie. Die Tränen des Mädchens reichten nicht aus, um das Verlangen zu bezähmen, das bei der Berührung ihres nackten Körpers in Bernat aufgekeimt war, und er drang in sie ein, während Francesca die ganze Welt zusammenschrie.
    Das Geschrei war ganz nach dem Geschmack des Soldaten, der Bernat gefolgt war und nun ohne jede Scham die Szene in der Bodenluke lehnend verfolgte.
    Bernat war noch nicht fertig, als Francesca ihren Widerstand aufgab. Allmählich verwandelte sich ihr Geschrei in Schluchzen. Begleitet vom Weinen seiner Frau, kam Bernat zum Höhepunkt.
    Llorenç de Bellera hatte die verzweifelten Schreie gehört, die aus dem Fenster im zweiten Stock drangen, und als sein Spitzel ihm meldete, dass die Ehe vollzogen worden sei, ließ er die Pferde holen und ritt mit seinem unheilvollen Gefolge davon. Die meisten Gäste folgten seinem Beispiel und machten sich niedergedrückt auf den Heimweg.
    Es wurde still auf dem Hof. Bernat lag auf seiner Frau und wusste nicht, was er tun sollte. Erst jetzt bemerkte er, dass er sie fest an den Schultern gepackt hatte. Er ließ sie los, um sich neben ihrem Kopf auf der Matratze abzustützen, doch sein Körper sank wie leblos auf ihren. Er versuchte, sich aufzurichten, und da begegnete er Francescas Blick, die durch ihn hindurchsah. In dieser Haltung musste er bei jeder Bewegung erneut den Körper seiner Frau berühren. Bernat wollte dieser Situation entkommen, wusste aber nicht, wie er das anstellen sollte, ohne dem Mädchen wehzutun. Er wünschte sich, schweben zu können, um von Francesca wegzukommen, ohne sie berühren zu müssen.
    Nach einigen endlosen Momenten der Unentschlossenheit rückte er ungeschickt von dem Mädchen ab und kniete neben ihr nieder. Er wusste immer noch nicht, was er tun sollte: aufstehen, sich zu ihr legen, das Zimmer verlassen oder sich rechtfertigen … Er wandte den Blick von Francescas Körper ab, die immer noch unbewegt dalag, ihre Blöße vulgär zur Schau gestellt. Er versuchte, ihr Gesicht zu erkennen, das weniger als zwei Handbreit von seinem entfernt war, aber es gelang ihm nicht. Er blickte nach unten und beim Anblick seines nackten Gliedes überkam ihn plötzlich Scham.
    »Es tut mir …«
    Eine unerwartete Bewegung von Francesca überraschte ihn. Das Mädchen hatte ihm das Gesicht zugewandt. Bernat versuchte, Verständnis in ihrem Blick zu erkennen, doch dieser war völlig leer.
    »Es tut mir leid«, begann er noch einmal. Francesca sah ihn immer noch an, ohne die geringste Regung zu zeigen. »Es tut mir leid. Es tut mir leid. Er … er hätte mir die Haut vom Leib gerissen«, stotterte er.
    Bernat dachte an den Herrn von Navarcles, wie er mit ausgestreckter Hand vor ihm gestanden und auf die Peitsche gewartet hatte. Er forschte erneut in Francescas Blick: Leere. Bernat versuchte, eine Antwort in den Augen des Mädchens zu finden, und erschrak: Ihr Blick war ein stummer Schrei, eine Fortsetzung des Schreis, den er zuvor von ihr gehört hatte.
    Unbewusst streckte Bernat die Hand aus und näherte sie Francescas Wange, so als wollte er ihr begreiflich machen, dass er sie verstand.
    »Ich …«, versuchte er es erneut.
    Er berührte sie nicht. Als sich seine Hand näherte, verkrampften sich sämtliche Muskeln des Mädchens. Bernat schlug die Hände vors Gesicht und weinte.
    Francesca blieb reglos und mit abwesendem Blick liegen.
    Schließlich hörte Bernat auf zu weinen, stand auf, zog die Hose hoch und verschwand durch die Bodenluke, die ins Untergeschoss führte. Als seine Schritte verklungen waren, stand auch Francesca auf und ging zu der Truhe, die das gesamte Mobiliar der Schlafkammer darstellte, um sich ihre eigenen Kleider herauszuholen. Als sie sich angezogen hatte, suchte sie langsam ihre verstreut herumliegenden Habseligkeiten zusammen, darunter das kostbare weißleinene Hemd. Sie faltete es sorgfältig zusammen, wobei sie darauf achtete, dass die Fetzen genau aufeinander zu liegen kamen, und legte es in die Truhe.

2
    Francesca schlich durchs Haus wie eine gequälte Seele. Sie erfüllte ihre hausfraulichen Pflichten, doch sie tat es schweigend, während eine Traurigkeit von ihr ausging, die schon bald jeden Winkel des Hauses der
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