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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres
Autoren: Falcones Ildefonso
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eigenen Schritte auf dem Holzboden, während er die Treppe in den zweiten Stock hinaufstieg, wo die Schlafräume und der Speicher lagen. Er steckte den Kopf durch die Luke im obersten Zimmer und spähte in den Raum, ohne sich ganz hineinzuwagen. Es war kein Laut zu hören.
    Mit dem Kinn auf Höhe des Fußbodens, der Körper noch auf der Treppe, sah er Francescas Kleider im Zimmer verstreut liegen; das weißleinene Hemd, der Stolz der Familie, war zerfetzt und zerrissen. Er stieg ganz nach oben.
    Francesca lag völlig nackt und mit verlorenem Blick zusammengekauert auf der neuen Matratze, die nun mit Blut befleckt war. Ihr verschwitzter, mit Kratzern und blauen Flecken übersäter Körper regte sich nicht.
    »Estanyol!«, hörte Bernat Llorenç de Bellera von unten brüllen. »Dein Herr wartet auf dich.«
    Von Krämpfen geschüttelt, erbrach sich Bernat, bis nur noch grüne Galle kam. Francesca rührte sich immer noch nicht. Bernat stieg hastig hinab. Als er bleich unten ankam, gingen ihm die furchtbarsten Gedanken im Kopf herum. Nahezu blind, stieß er mit dem massigen Llorenç de Bellera zusammen, der am Fuß der Treppe stand.
    »Es sieht mir nicht so aus, als hätte der frischgebackene Ehemann die Ehe vollzogen«, sagte Llorenç de Bellera zu seinen Begleitern.
    Bernat musste aufschauen, um den Herrn von Navarcles anzusehen.
    »Ich … ich konnte nicht, Euer Herrschaft«, stotterte er.
    Llorenç de Bellera schwieg einen Moment.
    »Nun, wenn du nicht kannst, so bin ich mir gewiss, dass einer meiner Freunde kann … oder einer meiner Soldaten. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht noch mehr Bastarde will.«
    »Ihr habt kein Recht …!«
    Die Bauern, die die Szene beobachteten, zuckten zusammen bei dem Gedanken, welche Folgen diese Anmaßung nach sich ziehen würde. Der Herr von Navarcles packte Bernat mit einer Hand am Hals und drückte zu, während Bernat nach Luft schnappte.
    »Wie kannst du es wagen? Willst du etwa Vorteile aus dem legitimen Vorrecht deines Herrn ziehen, mit der Braut zu schlafen, und später mit einem Bastard auf dem Arm ankommen, um Forderungen zu stellen?« Llorenç schüttelte Bernat, bevor er ihn losließ. »Willst du das? Was Recht ist, bestimme einzig und allein ich, verstanden? Hast du vergessen, dass ich dich bestrafen kann, wann immer und wie immer ich will?«
    Llorenç de Bellera ohrfeigte Bernat so kräftig, dass dieser zu Boden ging.
    »Meine Peitsche!«, brüllte er wütend.
    Die Peitsche! Als Kind war Bernat gezwungen gewesen, gemeinsam mit seinen Eltern der öffentlichen Bestrafung eines armen Kerls beizuwohnen, dessen Vergehen nie genau bekannt geworden war. Das Geräusch, mit dem der Lederriemen auf den Rücken dieses Mannes niedergefahren war, klang ihm noch heute in den Ohren. Er hatte es lange Jahre seiner Kindheit hindurch Nacht für Nacht gehört. Damals hatte sich keiner der Anwesenden zu rühren gewagt, und so war es auch heute. Bernat rappelte sich hoch und sah zu seinem Herrn hinauf; dieser stand vor ihm wie ein Fels und wartete mit ausgestreckter Hand darauf, dass ihm einer seiner Diener die Peitsche reichte. Bernat erinnerte sich an den wunden Rücken des unglücklichen Mannes damals, eine blutige Masse, aus dem selbst der Zorn des Herrn keinen Fetzen mehr herauszureißen vermocht hatte. Er kroch auf allen vieren zur Treppe, die Augen verdreht und zitternd wie ein Kind, das von Albträumen heimgesucht wurde. Niemand rührte sich. Niemand sprach. Und die Sonne strahlte immer noch vom Himmel.
    »Es tut mir leid, Francesca«, stammelte er, nachdem er sich, gefolgt von einem Soldaten, mühsam die Treppe hinaufgeschleppt hatte.
    Er löste die Hose und kniete neben seiner Frau nieder. Das Mädchen hatte sich nicht bewegt. Bernat betrachtete seinen schlaffen Penis und fragte sich, wie er dem Befehl seines Herrn Folge leisten sollte. Mit einem Finger streichelte er Francesca sanft über die Seite.
    Francesca reagierte nicht.
    »Ich muss … wir müssen es tun«, flehte Bernat und packte sie am Handgelenk, um sie zu sich umzudrehen.
    »Fass mich nicht an!«, schrie Francesca ihn an und erwachte aus ihrer Lethargie.
    »Er wird mir die Haut in Fetzen herunterreißen!« Bernat drehte seine Frau mit Gewalt zu sich herum und wälzte sich auf ihren nackten Körper.
    »Lass mich los!«
    Sie rangen miteinander, bis es Bernat gelang, sie an beiden Handgelenken zu fassen und zu sich hochzuziehen. Trotzdem wehrte sich Francesca weiter.
    »Es wird ein anderer kommen«, flüsterte er
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