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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein
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Conclusiones waren vor vier Jahren von Papst Innozenz als häretisches Werk verboten worden. Also gab es doch noch Exemplare, die nicht verbrannt wurden! Lorenzo de’ Medici besaß eines – Giovanni Pico war einer seiner besten Freunde.
    Eine lebensgroße Bronzebüste von Giuliano de’ Medici lächelte mir ermutigend zu. Seine Augen funkelten im Licht des Kaminfeuers, als wüsste er eine Antwort auf die Frage, die ich seinem Bruder stellen wollte. Mit den Fingern strich ich sanft über seine Wangen und die sinnlichen Lippen. Einen solchen Mann zu lieben, ihm nahe zu sein … Ich ließ die Hand sinken und wandte mich ab.
    Gegenüber dem purpurfarbenen Sessel hing ein Gemälde an der Wand: Sandro Botticellis Geburt der Aphrodite. Wie oft hatte ich von diesem herrlichen Bild gehört und von der wundervollen Gestalt der Frau, die als nackte Göttin der Liebe in der Muschel zu sehen war.
    Wie schön die junge Frau mit den im Wind fliegenden roten Haaren war! Schöner, als ich sie mir vorgestellt hatte. Wie jung! Kaum älter als ich. Verzaubert stand ich vor der Geburt der Aphrodite , als sich die Tür des Studierzimmers öffnete und Lorenzo de’ Medici den Raum betrat.
    Ich fuhr herum und – brachte kein Wort heraus. Vor lauter Aufregung vergaß ich sogar, ihm durch einen Knicks meine Ehrerbietung zu erweisen. Auf die Idee, ihm die Hand zu reichen, kam ich gar nicht erst. Wie eine unvollendete Marmorstatue stand ich mitten im Raum und starrte ihn an.
    Schon oft hatte ich den Magnifico gesehen: während der prächtigen Staatsempfänge auf der Piazza della Signoria, in der festlichen Prozession anlässlich des Neujahrsfestes, beim Gottesdienst im Dom und einmal maskiert während des Karnevals in den Straßen von Florenz – aber immer nur von weitem, umgeben von seinem Gefolge und seinen Leibwächtern.
    Als ich ihm nun gegenüberstand, nur eine Armlänge von ihm entfernt, verstand ich plötzlich nicht mehr, warum im Laufe seiner Regentschaft aus der ehrerbietigen Anrede »Magnifico Lorenzo« Lorenzo il Magnifico – Lorenzo der Prächtige – geworden war. Wenn der Stoff seiner langen Robe auch schwerer, mit feinen Goldfäden durchwirkter Atlas war, so kleidete er sich doch in schlichtes Schwarz und trug keine der Juwelen, mit denen sich die Reichen und Mächtigen schmückten, um ihren Wohlstand zu zeigen – nicht einmal ein goldener Siegelring mit dem Wappen der Medici schmückte seine Finger. Wenn man Lorenzo de’ Medici ohne sein Gefolge auf der Straße begegnete – man würde ihn nicht als einen der reichsten und mächtigsten Männer Italiens erkennen.
    Er war nicht schön, aber er verstand es, mit einem charmanten Lächeln und selbstbeherrschten Gesten die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Lorenzos Schönheit war keine körperliche – eine ernste Würde umgab ihn wie ein Glorienschein.
    Wahrscheinlich war er es gewohnt, angestarrt zu werden. Jedenfalls ertrug er mit einem feinen Lächeln das kurze Schweigen, bis er wortlos auf den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch deutete und ich Platz nahm.
    Auf einen Stock gestützt humpelte er zu dem Sessel hinter seinem Schreibtisch, auf dem er sich so vorsichtig niederließ, als würde jede Bewegung ihm unerträgliche Schmerzen bereiten. »Wir können uns noch eine Weile anschweigen, Madonna Caterina. Ich kann ein kultiviertes Schweigen ebenso genießen wie eine geistreiche Unterhaltung. Aber ich würde es vorziehen, wenn Ihr mir verratet, was Ihr von mir wollt«, gab er mit einem Lächeln zu. »Die Neugier quält mich. Bitte erlöst mich.«
    »Vergebt mir, Euer Exzellenz! Ich wollte nicht unhöflich sein …«
    »So unverschämt wie der Mailänder Botschafter vor wenigen Minuten könnt Ihr gar nicht sein, Madonna Caterina«, versicherte er mir. »Wir haben alles andere getan, als uns anzuschweigen.«
    Der Magnifico bekleidete kein öffentliches Amt, obwohl er Florenz regierte. Die Außenpolitik oblag der Signoria, den Ratsherren von Florenz. Aber es war kein Geheimnis, dass er die Gesandten der Dogen von Venedig und Genua, der Herzöge von Mailand, Ferrara und Urbino, des Königs von Neapel und des Papstes im Palazzo Medici empfing, bevor sie um einen Termin beim Gonfaloniere, dem Bannerträger von Florenz, nachsuchten.
    »Mein Sekretär sagte mir, dass Ihr seit dem frühen Morgen auf eine Audienz wartet. Auf die Frage des Schreibers habt Ihr Euren Namen genannt: Caterina. Euren Familiennamen wolltet Ihr ihm nicht nennen. ›Das ist die Antwort auf meine Frage an
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