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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel
Autoren: Karl May
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»Ihr könnt gehen!«
    Sie entfernten sich nach ihren Gemächern. Dort angekommen fiel ihnen zunächst der Reisekorb in die Augen.
    »Ah, den Hund haben wir ganz vergessen!« erinnerte sich Freya. »Wollen wir öffnen?«
    »Ja. Er ist genug bestraft worden, und Bruder Emil könnte ihn vermissen.«
    Sie hoben den Deckel empor, und in demselben Augenblicke erschallte von ihren Lippen ein dreifacher Schrei des Entsetzens. Ihr Auge war auf den Inhalt gefallen. Sie wollten fliehen, aber das blaue Kleid Freyas blieb an dem Korbe bangen; dieser wurde umgerissen und entleerte seine Versammlung. Frösche, Kröten und Molche aus dem nahen Teiche nebst Meerspinnen, Krabben, großen, langbeinigen Käfern und allerhand ungethümlichen Geschöpfen, wie sie von der Fluth täglich zweimal an das Land gespült werden und welche die Kinder fangen, um sie an die Fremden zu verkaufen, zappelten und krappelten, wibbelten und kribbelten, krochen und zerrten, hüpften und sprangen, schnellten und schlüpften in dem Zimmer herum, so daß es nicht einen Fußbreit des Bodens gab, wo man sicher hätte auftreten können. Die Blaue warf sich auf das Sopha; die Grüne sprang auf den nächsten Stuhl, und die Purpurrothe retirirte sich hinauf auf den Tisch, auf welchen sie sogar die Beine zu retten suchte.
    Während dieser nicht ganz ästhetischen Sitzung ging draussen der General mit Magda vorüber. Beide wollten zunächst den Schifferknaben aufsuchen. Ihnen folgte, wie bei allen Ausgängen Helbigs, Kunz, der Diener. Die beiden ersteren nahmen keine Notiz von dem Lärm in den Damengemächern, da sie ihn für eine Fortsetzung des bei dem Generale stattgefundenen Gespräches hielten; der letztere aber öffnete leise und unbemerkt die Thür ein wenig und warf einen schnellen Blick auf die possierliche Situation. Mit einer Miene der innigsten Befriedigung zog er den Eingang leise wieder zu, drehte den Schlüssel um und steckte ihn zu sich. Dann eilte er seinen Herrschaften nach.
    Der General begab sich zunächst nach dem Strande. Als er dort ankam, war das Wachtboot soeben um die Landzunge gebogen, hatte den Prinzen mit seinem Begleiter erblickt und beeilte sich ihn an Bord zu nehmen. Es brachte Beide, die natürlich vollständig durchnäßt waren, an das Land. Der Prinz bot jetzt nicht den Anblick eines Helden, welcher eine rühmenswerthe That vollbracht hat, und mit sichtbarer Genugthuung oder auch Schadenfreude ruhten die Augen aller Umstehenden auf ihm. Der Erste, welcher ihm entgegentrat, war der General.
    »Hoheit!«
    »Excellenz.«
    »Sie machten sich das Vergnügen, das Boot meiner Schwestern zu attakiren?«
    »Pah! Es wurde von einem Knaben falsch gesteuert.«
    »Dieser Knabe versteht besser zu steuern, als mancher Mann. Wollen Sie etwa behaupten, daß der Zusammenstoß nicht von Ihnen beabsichtigt wurde?«
    »Ich pflege nie zu lügen.«
    »Sie gestehen es also?«
    »Ja.«
    »Sie sind ein Elender!«
    »Wohl! Das ist eine Meinung, für welche Sie sich mit mir schlagen werden.«
    »Fällt mir nicht ein! Ein ehrenhafter Offizier befleckt seinen Degen nicht durch die Berührung mit einem Menschen, der keine Spur von Bildung oder Ehre besitzt und bereits als Schurke gekennzeichnet wurde.«
    »Mensch!« donnerte der Prinz.
    »Pah! Können Sie die Ruthenhiebe verleugnen, die Ihnen einst der Kapitän von Sternburg versetzte, weil Sie eine ehrbare Dame überfielen, und deren unvertilgbare Spuren noch heut in Ihrem Gesichte zu sehen sind? Ein Edelmann, ein Ehrenmann kann sich mit Ihnen, ohne sich selbst zu entehren, niemals schlagen. Und dennoch werde ich von Ihnen Genugthuung fordern, aber nicht mit der Waffe, sondern vor den Schranken des Gerichts. Was Sie thaten, ist keine Unvorsichtigkeit, kein Vergehen, sondern ein Verbrechen, ein Ueberfall friedlicher Menschen, welche leicht das Opfer Ihrer Rohheit werden konnten. Man wird auch einem Prinzen zeigen können, unter welchen strengen Paragraphen des Kriminalgesetzbuches dieses Verbrechen zu stellen ist!«
    Der Prinz hatte ihn unterbrechen wollen, war aber nicht dazu gekommen. Jetzt aber antwortete er mit drohender Miene: »Mensch, Sie sprechen entweder aus Altersschwäche oder aus Verrücktheit in dieser Weise mit mir! Ich werde Sie schon zu zwingen wissen, sich mit mir zu schlagen, und was Ihre Paragraphen betrifft, so habe gerade ich das Recht, ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. – Halten Sie Ihre Frauen und deren Bootsführer fest; ich könnte auf den Gedanken kommen, sie einsperren zu
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