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Die Jury

Titel: Die Jury
Autoren: John Grisham
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trank ein Bier und beobachtete, wie sich sein Freund Willard das schwarze Mädchen vorknöpfte.
    Willard war vier Jahre älter und ein Dutzend Jahre langsamer. Er galt im großen und ganzen als harmloser Kerl, der nie in ernste Schwierigkeiten geriet und nie längere Zeit im Knast saß – nur dann und wann eine Nacht in der Ausnüchterungszelle, nichts Besonderes. Wenn man ihn nach seinem Beruf fragte, bezeichnete er sich als Holzarbeiter, doch der schmerzende Rücken hielt ihn vom Wald fern. Er verdankte den Bandscheibenschaden der Arbeit auf einer Bohrinsel irgendwo im Golf. Die Ölgesellschaft hatte ihm damals eine großzügige Abfindung gegeben, die jedoch in die Binsen ging, als sich seine Frau von ihm scheiden ließ. Derzeit arbeitete er für Cobb – Billy Ray zahlte zwar nicht viel, aber er hatte immer Dope. Zum erstenmal seit Jahren konnte sich Willard jederzeit Nachschub beschaffen. Und er brauchte eine Menge, seit er an den Rückenschmerzen litt.
    Das Mädchen war zehn und klein für sein Alter. Es lag auf den Ellenbogen aufgestützt, die Arme mit einem gelben Nylonstrick gefesselt. Die Beine waren auf groteske Weise gespreizt: der rechte Fuß an den Stamm einer kleinen Eiche gebunden, der linke an den schiefen Pfosten eines alten, vernachlässigten Zauns. Das Seil schnitt der Schwarzen in die Haut, und Blut tropfte aus den Wunden. Das eine verquollene Auge im blutigen Gesicht blieb geschlossen, und das andere konnte sie nur halb öffnen, um den zweiten Weißen auf der Ladeklappe des Wagens zu erkennen. Sie blickte nicht zu dem Mann über ihr. Er keuchte, schwitzte und fluchte. Er tat ihr weh.
    Als er fertig war, schlug er sie und lachte, und der zweite Mann lachte ebenfalls. Dann grölten sie zusammen, rollten wie zwei Verrückte durchs Gras und lachten noch lauter. Das Mädchen drehte den Kopf zur Seite, schluchzte und versuchte, leise zu sein. Es fürchtete, erneut geschlagen zu werden, wenn es zu laut weinte. Die Männer hatten der Schwarzen gedroht, sie umzubringen, wenn sie nicht still wäre.
    Schließlich verstummte das irre Gelächter. Die beiden Männer setzten sich auf die Ladeklappe, und Willard reinigte sich mit dem blutbesudelten, schweißfeuchten T-Shirt der Negerin. Cobb reichte ihm ein kaltes Bier aus dem Kühlfach und sprach über die Hitze. Sie beobachteten die Kleine, während sie zitterte und stumm Tränen vergoß. Nach einer Weile rührte sie sich nicht mehr. Cobbs Bier war erst halb leer, aber nicht mehr kalt. Er warf es nach dem Mädchen und traf den Bauch; weißer Schaum spritzte, und die Dose rollte über den Boden zu einigen anderen, die ebenfalls aus dem Kühlfach des Wagens stammten. Zwei Sechserpacks hatten sich neben der Schwarzen angesammelt. Willard fiel es schwer, das Ziel zu treffen, aber Cobb verfehlte es nie. Normalerweise verschwendeten sie kein Bier, doch je schwerer die Dosen waren, desto besser konnte man damit werfen. Außerdem gefiel es ihnen zu sehen, wie der Schaum nach allen Seiten spritzte.
    Warmes Bier vermischte sich mit dem Blut, strömte über das angeschwollene Gesicht des Mädchens und bildete eine Lache unter seinem Kopf. Es lag nun völlig reglos.
    Willard fragte Cobb, ob er die Kleine für tot hielte. Billy Ray öffnete eine weitere Dose und meinte, sie sei bestimmt noch am Leben. Ohrfeigen, Fausthiebe, Tritte und Vergewaltigung reichten nicht aus, um einen Nigger ins Jenseits zu schicken – nein, dazu brauchte man ein Messer, eine Pistole oder ein Seil. Zwar hatte Cobb noch keinen verdammten Nigger getötet, aber er kannte sie aus dem Gefängnis. Dort brachten sie sich dauernd gegenseitig um, und immer benutzten sie Waffen. Wer nur geschlagen und vergewaltigt wurde, starb nicht. Einige der Weißen, die so etwas über sich ergehen lassen mußten, kratzten früher oder später ab, aber die Schwarzen erholten sich davon. Weil sie härtere Schädel hatten. Willard hörte sich diese Erklärung an und nickte zufrieden.
    Dann fragte er, was sie jetzt mit dem Mädchen anfangen sollten. Cobb nahm einen Zug von seinem Joint, trank aus einer Dose und meinte, er sei noch nicht mit der Schwarzen fertig. Er wandte sich vom Wagen ab, torkelte über die Lichtung und näherte sich der Festgebundenen. Dicht vor ihr verharrte er, verfluchte sie mehrmals, goß ihr kaltes Bier ins Gesicht und lachte wie ein Wahnsinniger.
    Sie sah, wie er an dem Baum auf der rechten Seite vorbeiwankte und ihr zwischen die Be ine starrte. Als er die Hose sinken ließ, drehte sie den Kopf
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