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Die Jungens von Brug Schreckenstein

Die Jungens von Brug Schreckenstein

Titel: Die Jungens von Brug Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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nach dem er schon die ganze Zeit, mit der Zunge gegen die Backen stoßend, gesucht hatte. „Wer war das?“ fragte Mücke ebenso frech wie laut.
    Da trat der Rex ein. Er stellte sich vor den Kachelofen und schaute uns einen nach dem andern an. Dann schüttelte er den Kopf und sagte lächelnd: „Eure Strafen sind viel besser als meine. Und wenn ihr auch weiterhin für eine ritterliche Gesinnung auf der Burg sorgen wollt, bin ich einverstanden!“
    Das hatte niemand erwartet. Doktor Waldmann mußte vor lauter Schreck gleich noch mal zuzeln.
    „Aber das ist nicht der Grund für unsere Zusammenkunft“, fuhr der Rex fort. „Stephan hat noch nicht begriffen, worum es hier geht. Ich habe ihn eben im Duschraum gesehen, wie er, mit einem Spiegel in der Hand, versucht, den Spannlack abzublättern. Es wird Tage dauern, bis er das Zeug los ist. Er hat seinen Denkzettel weg, und jetzt sollten wir ihm eine Chance geben. Ich schlage vor, daß wir ihn in die Leichtathletikmannschaft für den Kampf gegen die anderen Neustädter Schulen aufnehmen. Bewährt er sich da, soll er endgültig zu uns gehören. Die Entscheidung liegt bei euch.“
    Als er geendet hatte, klatschten wir Beifall. Es gab niemand, der nicht seiner Ansicht gewesen wäre. Wie der Rex das alles mit uns besprach und uns die Entscheidung überließ, war schon toll. Grade so, als ob er gar nicht der Direktor wäre und wir die Schüler.
    Auch die Lehrer zeigten sich von der Ansprache beeindruckt. Wenn einer den Geist der Ritter erfaßt hatte, dann unser Rex. —
     
    Stephan war wie verwandelt. Rein äußerlich drückte sich das dadurch aus, daß er im Unterricht stehen mußte. Das Mittel hatte verblüffend gewirkt, er konnte mit dem besten Willen nicht sitzen. Weil aber das lange Stehen auf die Dauer auch nicht tragbar war, durfte er sein Fahrrad mit ins Klassenzimmer nehmen. Im Reitersitz mit gestreckten Beinen ging es einigermaßen. Das Essen nahm er bei Heini in der Küche ein. Im Stehen, versteht sich.

    Von Heini erfuhren wir auch die ersten Anzeichen innerer Besserung. Stephan hatte ihm den Karton mit den Zigaretten geschenkt, was bedeutete, daß er die Warnung ernst nahm. Allmählich tat er uns leid, wenn er so im Duschraum stand und den inzwischen brüchig gewordenen Spannlack Blättchen um Blättchen abzupfte. Das Zeug hielt wie Pech, daran war nichts zu ändern, denn die einzige Flüssigkeit, die den Lack gelöst hätte, wäre der Haut noch schlechter bekommen. Also mußte Stephan fleißig weiterzupfen und täglich Beugeübungen machen, wie nach einem Knochenbruch. Am schlimmsten war jedoch das An- und Ausziehen. Die ganze Stubenbelegschaft mußte dabei helfen. In dieser schweren Zeit nahm sich Ottokar seiner besonders an, und so war er auch der erste, dem Stephan gestand, daß er die Ritter jetzt verstehe.
    „Ich war schon ein Angeber!“ sagte er voller Selbstkritik, „aber in meiner früheren Schule waren sie alle so!“
    „Reden wir nicht mehr davon!“ antwortete Ottokar, „wir sind nun mal anders, aber gerade darauf sind wir stolz.“
    „Trotzdem! Mein Kugelstoßrekord und daß ich Akkordeon spielen kann, stimmt!“
    Jetzt glaubte ihm Ottokar. Im Grunde hatte er ihn von Anfang an gemocht und gleich gemerkt, daß mehr hinter ihm steckte als nur Angeberei. Eine richtige Freundschaft entwickelte sich zwischen den beiden. Und wenn auch die anderen noch mißtrauisch waren und dem Frieden nicht recht trauten, Ottokar wußte, daß Stephan im Grunde ein anständiger Kerl war, und beschloß, ihm die Stange zu halten.
    Die Spannlacksache war ebenso langwierig wie schmerzhaft, aber Stephan trug sie mit bewundernswerter Haltung. Er war mit Recht gedemütigt worden; auslachen ließ er sich jedoch nicht. Eines Tages, als er schon wieder sitzen konnte, kam er freudestrahlend ins Zimmer:
    „Du, ich komm’ grade vom Rex. Er läßt mich beim Sportfest mitmachen! Da werd’ ich’s ihnen zeigen! Allen! — Mensch, Ottokar, der Rex ist schon ein Pfundshaus!“
     
     
     

Nichtraucher sind bessere Kugelstoßer
     
    Mit dem bevorstehenden Wettkampf sollte unser selbstgebauter Sportplatz eingeweiht werden. Daß wir unter diesen Umständen auf jeden Fall siegen mußten, stand außer Zweifel, und natürlich war es eine besondere Ehre, zu der Mannschaft zu gehören. Sogar Strehlau fühlte sich „aktiv“, seit ihn „Rolle“ — wie wir unseren Sportlehrer wegen seines perfekten Rollstils beim Hochsprung nannten—als Zeitnehmer für die Läufe eingeteilt
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