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Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Titel: Die Juliette Society: Roman (German Edition)
Autoren: Sasha Grey
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langen Tag nichts anderes zu tun, als sich einen von der Palme zu schütteln. Da dachte er sich natürlich nur noch mehr und gewaltigere Obszönitäten aus. Schon aus Prinzip.
    Während seiner Haft schrieb er den wichtigsten erotischen Roman der Welt: Die 120 Tage von Sodom . Das einzige Buch, das die Bibel in puncto sexueller Perversion und Gewalt noch übertrifft. Wobei es nur unwesentlich kürzer ist. Übrigens rief der Marquis von seiner Zelle aus dem Volk zu, es solle sich erheben und die Bastille stürmen, womit er unbeabsichtigt die Französische Revolution ins Rollen brachte.
    Zurück zu Juliette. Sie ist die unbekanntere der beiden Schwestern. Nicht, weil sie die Ruhigere ist, ganz im Gegenteil. Eigentlich ist es Justine, die ziemlich verklemmt und prüde ist. Sie spielt auf der Suche nach Anerkennung ständig die Opferrolle, was einem irgendwann fürchterlich auf die Nerven geht. Sie ist wie einer dieser Stars, die ständig auf ihrer Drogen- und Sexsucht herumreiten und unermüdlich öffentlich ihre Tugendhaftigkeit unter Beweis stellen wollen, indem sie in jeder Reality-Show die Geläuterten geben.
    Und Juliette? Tja, Juliette lebt schamlos ihre Lust am Sex und am Töten aus, und es gibt keinen fleischlichen Genuss, der ihr fremd ist. Sie fickt und tötet und tötet und fickt und manchmal tut sie beides gleichzeitig. Und kommt immer ungeschoren davon, muss niemals den Preis für ihre Laster und Verbrechen bezahlen.
    Sie verstehen, worauf ich hinauswill. Und jetzt kapieren Sie auch, warum diese Geheimgesellschaft, die Juliette Society , nicht ganz so harmlos ist, wie es den Anschein hat.
    Wenn ich Ihnen erzählen würde, dass es mir gelungen ist, den engsten Kreis dieser Gesellschaft zu penetrieren (entschuldigen Sie das Wortspiel) – würden Sie mir glauben?
    Eigentlich habe ich dort nämlich nichts verloren. Ich bin Filmstudentin im sechsten Semester. Ich bin niemand Besonderes. Ich bin eine ganz gewöhnliche junge Frau wie jede andere auch, mit ganz gewöhnlichen Bedürfnissen und Wünschen.
    Liebe. Sicherheit. Glück.
    Und Spaß, ich liebe Spaß. Ich zieh mich gerne gut an und will toll aussehen, aber ich mache mir nichts aus teuren Klamotten. Ich fahre einen alten, gebrauchten Honda, den mir meine Eltern zum achtzehnten Geburtstag geschenkt haben und auf dessen Rücksitz immer irgendwelcher Krempel rumfliegt, weil ich nie Zeit habe, ihn richtig sauber zu machen. In diesen Honda habe ich auch all meine Sachen gepackt, als ich von zu Hause auszog, um aufs College zu gehen. Die Freunde, die ich damals zurückließ, kannte ich seit meinen Kindertagen. Mit einigen habe ich mich auseinandergelebt, andere dagegen sind mir geblieben und werden immer ein Teil meines Lebens sein. Außerdem habe ich eine ganze Reihe neuer Freunde gefunden, die mir die Augen geöffnet und meinen Horizont erweitert haben.
    Jetzt klinge ich doch schon nicht mehr ganz so klugscheißermäßig, oder? Das hört sich doch schon eher ganz kumpelhaft und bescheiden an. Echter Macht am nächsten komme ich höchstens in meinem Kopf.
    Ich habe da diese sexuelle Fantasie, die immer wiederkehrt. Und nein, sie handelt nicht davon, irgendeinen alten, milliardenschweren Knacker wie Donald Trump in seinem Privatjet irgendwo fünfunddreißigtausend Fuß über Saint-Tropez zu ficken. Ich kann mir nichts vorstellen, was mich mehr abtörnen würde. Meine Fantasien sind da viel bodenständiger – viel profaner und intimer.
    Ein paarmal in der Woche hole ich meinen Freund von der Arbeit ab, und manchmal, wenn er Überstunden macht und außer ihm keiner mehr da ist, dann male ich mir aus, wie wir es im Büro seines Chefs miteinander treiben – was wir aber noch nie wirklich getan haben. Aber ein Mädchen wird ja wohl noch träumen dürfen.
    Sein Chef ist Senator. Oder besser gesagt: ein erfolgreicher Anwalt und zukünftiger Senator. Mein Freund Jack arbeitet in seinem Wahlkampfbüro. Außerdem steht er kurz vor seinem Abschluss in Wirtschaft. Deswegen haben wir auch so wenig Zeit für uns, denn wenn er aus dem Büro kommt, ist er meistens so fertig, dass er auf dem Sofa einschläft, kaum dass er sich die Schuhe ausgezogen hat. Und morgens muss er früh raus und in die Uni, da bleibt normalerweise nicht einmal mehr Zeit für einen Quickie.
    Also träume ich davon, die allzeit bereite Freundin zu spielen. Ich sehe die Szene genau vor mir. Dem Anlass entsprechend trage ich High Heels und meinen Lieblingsmantel, einen Trenchcoat – genau wie der von Anna
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