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Die Joghurt-Luege

Titel: Die Joghurt-Luege
Autoren: Vlad D. Georgescu , Marita Vollborn
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»Functional Food«). Diese |28| Klippe umschifft und dann noch Neuland betreten zu haben, ist ein marketingtechnisches Meisterstück.
Forschungsgelder vom Staat
    Die Alimentierung vornehmlich von Großprojekten und Großunternehmen ist seit Jahrzehnten Bestandteil der nationalen Wirtschaftspolitik – obwohl die Branchenriesen im Gegensatz zu jungen Technologiefirmen gar nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. In einem solchen Umfeld geglätteten Wettbewerbs zugunsten der Großen kann sich Neues nur schlecht entwickeln, wirkt sich die staatliche Förderung letztlich kontraproduktiv und innovationshemmend aus. Überhaupt stellt sich die Frage, wozu den Champions der Lebensmittelindustrie öffentliche Gelder zugebilligt werden – zumal sie sich, im Gegensatz zu Firmen, die sich beispielsweise der Medizintechnik, der Nanotechnologie, der Mikrosystemtechnik, erneuerbaren Energien oder Materialforschung verschrieben haben, vornehmlich mit konservativen Problemen wie der Prozessoptimierung, der Produktionsflexibilität oder mittechnologischen Verbesserungen befassen. Die Umsetzung von Ideen in Produkte, wie das bei Functional Food der Fall ist, zahlt sich vornehmlich für die Konzerne aus; fragwürdig, weil nicht ausreichend erforscht, ist indes der Gesundheitsnutzen für die Verbraucher. So bezuschusst der Bund die Innovationsstufe in einem besonders sensiblen Bereich, die Folge- oder Sicherheitsforschung dagegen bleibt auf der Strecke. Was bleibt, ist der schale Beigeschmack, mit Steuergeldern Konkurrenzkraft und Kapitalmacht der Giganten zu stärken.
    Zwar hat sich der Staat seit Mitte der 1990er Jahre sukzessive und kontinuierlich aus der Finanzierung von Forschung und Entwicklung in Deutschland zurückgezogen – nur 10 Prozent der F&E-Aktivitäten in den Unternehmen werden noch öffentlich finanziert. Auch hat sich der Anteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen an der Forschungsförderung insgesamt erhöht. Doch den Löwenanteil von zwei Dritteln aller aufgewendeten Gelder streichen nach wie vor Großunternehmen ein. Auf europäischer Ebene ist das Verhältnis |29| ähnlich: Während 16 Prozent der Anträge von Kleinunternehmern und Mittelständlern Erfolg haben, sind es 24 Prozent bei Großunternehmen. 16 Einer der Gründe mag sein, dass Großunternehmen im Laufe der Jahre komplexe Netzwerke aufbauen konnten, über »gewachsene Beziehungen« zu öffentlichen Einrichtungen und Universitäten verfügen und viele verschiedene Funktionen integrieren oder gezielt delegieren können. Im Vergleich dazu verlassen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ungern ausgetretene Pfade: Während Großunternehmen neben den öffentlichen alle denkbaren Finanzierungsquellen anzuzapfen wissen, lassen sich KMU noch immer vorrangig von Banken kreditieren, obwohl sie dort schlechtere Konditionen aushandeln können als ihre großen Konkurrenten. 17 Besonders schwer fällt Markt-Newcomern der Zugang zu Geldern, aber auch etablierte Firmen haben Schwierigkeiten. Die oft hohen bürokratischen Hürden einer Antragstellung in Verbindung mit administrativen Lasten überfordern nicht selten Budget und Business-Kompetenz der KMU.
    Dass neben den Geldern der EU beträchtliche Mittel aus der Bundeskasse an Großunternehmen fließen, belegen die Daten des öffentlich zugänglichen Förderkatalogs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Tabelle 4 gibt einen Überblick über ausgewählte Beispiele.
    Unilever Bestfoods Deutschland GmbH ließ sich die Arbeit im Rahmen des Verbundprojekts »Naturstoffe als neue funktionelle Salz- und Süßstoffe zur Gesundheitsprophylaxe« mit 354 446 Euro und 44 Cent vergüten, für drei weitere Forschungsvorhaben flossen insgesamt mehr als 450 000 Euro an öffentlichen Mitteln in die Kassen des Konzerns. Und selbst der Lebensmitteleinzelhandel profitierte von der Freigebigkeit des Bundes. So erhielt die Coop AG 1987 und 1998 jeweils mehr als 366 000 Euro für die »Gestaltung des Warenflusses im Lebensmittel-Einzelhandel als Dienstleistung für Läden und Märkte unter dem Gesichtspunkt der Humanisierung des Arbeitslebens«. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen, und immer wieder tauchen bekannte Namen auf. Warum der Bund Unternehmen unterstützt, die weltweit operieren und hierzulande oft nur eine Tochtergesellschaft betreiben, bleibt allerdings unverständlich.
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    Tabelle 4: Empfänger staatlicher Förderungen

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|31| Beispiel Unilever:
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