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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes
Autoren: Willis Connie
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gelang es ihnen doch, indem sie seinen Fuß in den Steigbügel setzten und seine Hände um den Sattelknopf legten und ihn gemeinsam stützten, und schließlich war er sogar in der Lage, Colin die Hand zu geben, daß er vor ihm aufsitzen konnte.
    Er zitterte nun nicht mehr am ganzen Körper, war aber nicht sicher, ob er es als ein gutes Zeichen deuten sollte oder nicht, und als sie weiterzogen, Kivrin voraus auf dem Esel, Colin schon wieder beim Erzählen, lehnte er sich an den Rücken des Jungen und schloß die Augen.
    »Wenn ich aus der Schule komme, werde ich nach Oxford an die Universität gehen und Historiker wie Sie werden«, sagte Colin. »In die Zeit des Schwarzen Todes will ich nicht zurück. Ich möchte lieber zu den Kreuzzügen.«
    Er hörte sie reden, den Kopf an Colins Schulter. Es war Nacht geworden, und sie waren in einem Wald im Mittelalter, zwei Krüppel und ein Kind, und Badri, ein weiterer Krüppel und selbst rückfallgefährdet, versuchte das Netz offen zu halten. Aber er konnte keine Empfindungen aufbringen, weder Panik noch Sorge. Colin hatte das Ortungsgerät, und Kivrin wußte, wo der Absetzort war. Sie würden es schon schaffen.
    Selbst wenn sie den Absetzort nicht finden konnten und für immer hier gefangen sein würden, selbst wenn Kivrin ihm nicht vergeben würde, ginge das Leben weiter. Sie würde mit ihnen nach Schottland gehen, wohin die Pest nie gekommen war, und Colin würde Angelhaken und eine Bratpfanne aus seiner Trickkiste zaubern, und sie würden Forellen und Lachse fangen und essen. Vielleicht würden sie sogar Basingame finden…
    »Ich habe im Fernsehen Schwertfechter gesehen, und ich kann ein Pferd lenken«, sagte Colin, und dann: »Halt!«
    Colin riß an den Zügeln, und der Hengst blieb stehen, die Nüstern an der Kruppe des Esels. Sie waren auf dem Rücken einer kleinen Bodenerhebung. Zu ihren Füßen war eine gefrorene Pfütze und ein Weidendickicht.
    »Warum treiben Sie ihn nicht an?« fragte Colin, aber Kivrin war schon abgesessen.
    »Weiter geht er nicht«, sagte sie und klopfte Balaam den Hals. »Das war schon einmal so. Er sah mich durchkommen. Das hat er nicht vergessen. Ich dachte damals, es sei Gawyn gewesen, aber es war die ganze Zeit Pater Roche.« Sie zog dem Esel das Zaumzeug aus Stricken über den Kopf und gab ihm einen Klaps, und er machte auf der Stelle kehrt und trottete den Weg zurück.
    »Möchten Sie reiten?« fragte Colin, schon von Sattel kletternd.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das Aufsitzen und Absteigen schmerzt mehr als das Gehen.« Sie blickte über die Senke zum jenseitigen Höhenzug. Der Wald endete dort in halber Höhe, und darüber lagen die verschneiten Weideflächen. Es mußte zu schneien aufgehört haben, obwohl Dunworthy es nicht bewußt wahrgenommen hatte. Die Wolkendecke riß auf, und zwischen ihnen zeigte sich der Westhimmel lilarosa und orangefarben.
    »Er hielt mich für die heilige Katharina«, sagte sie. »Er sah mich durchkommen, wie Sie es befürchtet hatten. Er dachte, ich sei von Gott gesandt worden, um ihnen in ihrer Stunde der Not beizustehen.«
    »Ja, und das haben Sie getan, nicht?« sagte Colin. Er zog ungeschickt an den Zügeln, und der Hengst setzte sich in Bewegung. Kivrin ging neben ihm. »Sie hätten sehen sollen, wie furchtbar es in dem anderen Dorf aussah, wo wir waren. Überall Leichen, manchen hatten sie Stricke um die Hälse geknotet und sie durch den Schnee zum Friedhof gezogen. Aber ich glaube nicht, daß jemand ihnen geholfen und die Toten begraben hat.«
    Er ließ sich aus dem Sattel gleiten und gab Kivrin die Zügel. »Ich gehe nachsehen, ob das Netz offen ist«, sagte er und eilte davon. »Badri wollte es alle zwei Stunden öffnen.« Er brach durch das Weidendickicht und verschwand.
    Kivrin brachte den Hengst am Fuß der Anhöhe zum Stehen und half Dunworthy herunter.
    »Wir müssen ihm Sattel und Zaumzeug abnehmen«, sagte Dunworthy. »Als wir ihn fanden, war er halb verhungert, weil die Zügel sich in einem Weißdorn verfangen hatten.«
    Zusammen lösten sie den Sattelgurt, nahmen ihm den Sattel ab, und Kivrin hakte die Trense auf, nahm dem Hengst das Zaumzeug ab und streichelte ihm den Kopf.
    »Er wird schon durchkommen«, meinte Dunworthy.
    »Vielleicht«, sagte sie.
    Colin brach durch die Weiden, daß der Schnee von den Zweigen flog. »Es ist nicht da.«
    »Es wird sich bald öffnen«, sagte Dunworthy.
    »Nehmen wir das Pferd mit?« fragte Colin. »Ich weiß, daß Historiker nichts in die Zukunft
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