Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
was er fürchtete –, und er hörte hundert andere Stimmen, die angsterfüllt die gleichen Worte murmelten.
    »Der Große Herr der Dunkelheit ist mein Meister, und ich diene ihm von ganzem Herzen bis zum letzten Winkel meiner Seele.« In seinem Hinterkopf zeterte eine furchtsame Stimme. Der Dunkle König und alle Verlorenen sind gefangen … Zitternd zwang er sich zur Ruhe. Diese Stimme hatte er doch schon lange hinter sich gelassen! »Höret: Mein Meister ist der Herr über den Tod. Ich flehe um nichts und diene ihm, damit der Tag seiner Rückkehr nahe, und doch diene ich in der sicheren Hoffnung auf das ewige Leben.« … gefangen in Shayol Ghul, gefangen vom Schöpfer im Augenblick der Schöpfung. Nein, ich diene jetzt einem anderen Herrn. »Und gewiss werden die Getreuen im Land erhoben werden, erhoben über die Ungläubigen, erhoben über Throne, doch diene ich demütig, um den Tag seiner Wiederkehr vorzubereiten.« Die Hand des Schöpfers schützt uns alle, und das Licht beschützt uns vor dem Schatten. Nein, nein! Ein anderer Herr . »Schnell möge der Tag der Wiederkehr herbeikommen. Schnell möge der Große Herr der Dunkelheit kommen, um uns zu führen und die Welt für immer und ewig zu regieren.«
    Der Mann, der sich Bors nannte, beendete die Litanei schwer atmend, als sei er zehn Meilen weit gerannt. Das rasselnde Atmen um ihn herum sagte ihm, dass er nicht der Einzige war.
    »Erhebt euch! Erhebt euch alle!«
    Die einschmeichelnde Stimme überraschte ihn. Sicher hatte doch keiner der anderen gesprochen, die auf dem Bauch lagen und ihre maskierten Gesichter gegen den Mosaikboden gepresst hielten, aber dies war nicht die Art von Stimme, die er erwartete … Vorsichtig hob er den Kopf gerade weit genug, um mit einem Auge nach oben schielen zu können.
    Die Gestalt eines Mannes schwebte über dem Myrddraal in der Luft. Der Saum seines blutroten Gewands hing nur eine Spanne über dem Kopf des Halbmenschen. Er trug auch eine blutrote Maske. Würde ihnen der Große Herr der Dunkelheit als Mensch erscheinen? Und auch noch maskiert? Und doch lag Angst im Blick des Myrddraal. Er zitterte und duckte sich fast in den Schatten der Gestalt. Der Mann, der sich Bors nannte, suchte verzweifelt nach einer Antwort, die sein Verstand erfassen konnte, ohne zu bersten. Vielleicht einer der Verlorenen?
    Dieser Gedanke schmerzte nur unwesentlich weniger. Selbst in dem Fall bedeutete es, dass der Tag der Wiederkehr des Dunklen Königs bevorstehen musste, wenn schon einer der Verlorenen frei war. Die Verlorenen, dreizehn der mächtigsten Benutzer der Einen Macht in einem Zeitalter, in dem viele die Eine Macht in hohem Maße lenken konnten, waren zusammen mit dem Dunklen König in Shayol Ghul eingeschlossen worden, von der Welt der Menschen durch die Siegel des Drachen und der Hundert Gefährten abgeriegelt.
    Und der Rückschlag dieser Versiegelung hatte die männliche Hälfte der Wahren Quelle verdorben, und alle männlichen Aes Sedai, diese verfluchten Magier der Macht, waren wahnsinnig geworden und zerstörten die Welt, zerbrachen sie wie eine Tonschale, die man auf einen Stein schmettert, und beendeten das Zeitalter der Legenden, bevor sie starben; verwesten, während sie noch am Leben waren. Ein passender Tod für Aes Sedai, seiner Meinung nach. Sogar noch zu gut für sie. Er bedauerte nur, dass die Frauen verschont geblieben waren.
    Langsam und schmerzerfüllt drängte er die Panik in den hintersten Winkel seines Verstands zurück, sperrte sie dort ein und hielt sie fest, obwohl sie danach schrie, wieder herausgelassen zu werden. Er gab sein Bestes. Keiner der anderen, die dort auf dem Boden lagen, hatte sich erhoben, und nur wenige hatten es gewagt, den Kopf zu heben.
    »Erhebt euch!« Diesmal klang die Stimme der rot maskierten Gestalt schärfer. Sie gestikulierte mit beiden Händen. »Steht auf!«
    Der Mann, der sich Bors nannte, mühte sich ungeschickt auf die Beine, und auf halbem Weg zögerte er. Diese gestikulierenden Hände waren schrecklich verbrannt, von schwarzen Rissen bedeckt. Das rohe Fleisch dazwischen war so rot wie das Gewand der Gestalt. Würde der Dunkle König so erscheinen? Oder auch nur einer der Verlorenen? Die Augenlöcher dieser blutroten Maske schwenkten langsam auf ihn zu, und er richtete sich hastig auf. Er glaubte, in diesem Blick die Hitze eines offenen Schmelzofens zu spüren.
    Die anderen befolgten den Befehl genauso ungeschickt und nicht weniger angsterfüllt. Sie erhoben sich. Als alle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher