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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Augenblick lang dachte Dane, es sei sein Freund, der gefallen war; der echte und der falsche Aratak lagen nebeneinander auf dem Boden. Der große Protoursine hatte eine Lanze, ähnlich der von Rianna, aufgehoben und stürmte auf sie zu, stolperte aber über einen seiner eigenen Männer, den rauhäutigen Bogenschützen. Um ihn herum fielen die Jäger zurück zum Strom, und als Dane sich durch einen Nebel von Blut über seinen Augen umschaute, bemerkte er, daß der letzte Sonnenstrahl verschwunden war. Sonnenuntergang. Die Schlacht war vorüber … Die Jäger, die noch am Leben waren – es konnten kaum mehr als ein Dutzend übrig sein, dachte Dane in traumartiger Verzweiflung –, eilten durch das Wasser zurück. Das große Bärenwesen schrie ihnen etwas nach, als wolle es sie zum Stehen bringen. Es erhob seine Keule, wie um sie zu einem letzten Angriff zu bewegen; einer oder zwei der Jäger hielten inne und griffen nach ihren Waffen, aber die anderen hasteten weiter, und nach einer Minute drehte sich der riesige Protoursine entmutigt um, hob seine Waffe in einer letzten drohenden Gebärde und zog sich zurück.
    Aratak und ich müssen mehr als die Hälfte von ihnen getötet haben. Ich wette, jeder Jäger auf diesem Planeten war hier – bei der letzten Jagd waren es insgesamt nur siebenundvierzig.
    Er wandte sich um und rannte zu der Stelle, wo Dallith zwischen den Felsen lag. Hinter ihm erhob sich jemand auf die Füße, den er für den Pseudo-Aratak hielt, aber das interessierte ihn im Augenblick nicht. Dann merkte er, daß es der echte war, und das interessierte ihn im Moment ebenfalls nicht.
    Dallith lag auf dem Rücken über dem Steinhaufen, auf dem sie ihre letzte Stellung bezogen hatte. Die Arme waren nach beiden Seiten weit ausgebreitet, die dunklen Augen – die Augen eines verwundeten Rehs – starrten blind in den dunkler werdenden Himmel.
    Leben und Tod. Liebe und Tod.
    Er wiegte ihren erkalteten Körper in seinen Armen; dann ließ er sich niedergleiten und blieb bewegungslos, halb bewußtlos liegen, den Kopf gegen ihre leblose Brust gelehnt.

16
     
    Die Welt der Jäger stand hoch am Himmel, rund und voll und ziegelrot glühend, und nahm den größten Teil des Himmels ein. Wieder hatte Dane das Gefühl von Klaustrophobie, das Gefühl, sich unter einer sinkenden Helligkeit zu bewegen, die auf ihn herunterfallen würde. (Wen kümmert es? Laß den Himmel herunterfallen; Chicken Little hatte immer recht gehabt …)
    Er hatte Dalliths Leichnam nicht zurücklassen wollen. Aber weder Aratak noch Rianna konnten ihm beim Tragen helfen, und ihm war schließlich zu Bewußtsein gekommen, daß es nicht am fehlenden guten Willen lag, als er sie angeschrien hatte. (»Ihr wollt sie hier zurücklassen, damit irgendein verdammter Jäger sie zu einer obszönen Trophäe ausstopfen kann!«) Erst dann hatte er gemerkt, daß sie beide verwundet waren. Riannas Wunde war wieder aufgebrochen, und Arataks Bein war so sehr verdreht, daß er sich schwer auf seine Keule stützen mußte. Benommen und apathisch wanderte Dane mit ihnen auf die neutrale Zone zu. Er hörte Rianna etwas über Schlachtmüdigkeit sagen und wußte mit einem Bruchteil seiner selbst, daß sie recht hatte, hörte Aratak sagen, daß die Finsternis nun nicht mehr fern sein konnte (aber wann immer sie kam, es würde zu spät sein). Aber er war benommen von dem dumpfen, alptraumhaften Wissen von Dalliths Tod, und nichts anderes zählte mehr.
    Ihr Haarschopf steckt noch in meiner Tunika, dachte er. In einer Welle des Schmerzes griff er danach und merkte erst jetzt, daß er aus einer Wunde am Unterarm und aus einer weiteren leichten Wunde an der Kopfhaut blutete.
    Er ging wie in einem dunklen Traum, bis Rianna mit einem leisen Stöhnen zusammenbrach. Das verwundete Bein lag verdreht unter ihr, und Dane zwang sich dazu, sich um sie zu kümmern, hob sie wieder auf, riß einen Streifen Stoff von seiner eigenen Tunika und verband die Wunde mit der Effizienz eines Roboters. Er ließ sie sich an seine Schulter lehnen; er hätte sie aufgehoben und getragen, wenn sie nicht protestiert hätte. Dane selbst wäre am liebsten auf der Stelle zusammengebrochen und eingeschlafen, aber wie aus weiter Ferne und ohne zu wissen, daß es etwa mit ihm zu tun hatte, war ihm klar, daß das Mädchen Nahrung und Ruhe an einem sicheren Ort brauchte. Sie konnten nicht viel mehr als eine halbe Stunde gegangen sein, als sie die Lichter einer neutralen Zone erreichten, aber für Dane war es eine
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