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Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)

Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)

Titel: Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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kein bisschen schlauer als vorher.
    Anna Lísa hingegen war sehr niedergeschlagen, denn sie war sich sicher, dass die Sache mit dem Brief auffliegen und rückgängig gemacht würde. Und dann wären ihre Eltern noch wütender, als wenn sie direkt erfahren hätten, dass sie in Dänisch durchfallen würde, und sie gar nicht erst auf die Idee gekommen wären, sie könnte ein Genie sein. In der ersten Schulstunde zerbrach sich Anna Lísa den Kopf darüber, wie um alles in der Welt sie diese Katastrophe verhindern könnte. Deshalb war sie abgelenkt und konnte sich überhaupt nicht auf den Lehrer konzentrieren. Ausgerechnet in Dänisch. Es hätte ihr nämlich wirklich nicht geschadet, sich auf Dänisch zu konzentrieren. Sie bemerkte, dass Raggi, der in ihrer Nähe saß, auch auffallend zerstreut wirkte. Er starrte geistesabwesend vor sich hin und war ganz ruhig, was sehr ungewöhnlich für ihn war.
    Anna Lísa hätte nicht weiter darüber nachgedacht, wenn der Lehrer nicht gerade über das Initiativzentrum von Biokids geredet hätte, als sie Raggi anschaute. Der Lehrer hatte das Wort Initiativzentrum noch nicht mal ganz zu Ende gesprochen, als Raggi zusammenzuckte und plötzlich interessiert zuhörte. Da ging Anna Lísa ein Licht auf. Raggi musste auch einen Brief bekommen haben. Das konnte hinhauen. Wenn sie in Dänisch durchfiel, dann musste er erst recht durchfallen. Raggi konnte höchstens zehn Worte, während sie mit Leichtigkeit einundzwanzig verstand und zwölf davon richtig schreiben konnte. Offenbar saßen sie im selben Boot.
    Beide hörten aufmerksam zu. Der Lehrer sagte, es sei wünschenswert, dass die Klasse von nun an besser mitarbeiten würde. Island strebe an, das höchsttechnisierte Land der Welt zu werden, und wer sich nicht bewähre, bliebe außen vor. Er wiederholte „außen vor“ und schaute sie mit zusammengekniffenen Augen an, um zu bekräftigen, wie schlimm das wäre. Dann sprach er über die bevorstehenden Frühjahrsklausuren und sagte, dass sie sich anstrengen müssten, wobei einige sich mehr anstrengen müssten als andere. Dabei warf er Anna Lísa und Raggi einen Blick zu. Die beiden schluckten.
    In der Pause ging Anna Lísa zu Raggi und sagte, sie müsse kurz mit ihm reden. Er stand bei seinen Freunden und wurde ein bisschen rot, als er mit ihr wegging. Er hatte Anna Lísa schon immer nett gefunden, mit ihren grünen Augen und ihren schönen braunen Haaren, die lang und lockig waren. Außerdem lachte oder grinste sie immer, wenn Raggi irgendwelchen Unsinn machte. Warum sie mit ihm reden wollte, war ihm jedoch völlig schleierhaft.
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Anna Lísa, die vor ihm herging, blieb in einer abgelegenen Ecke an der Schulhofmauer stehen und schaute in alle Richtungen, um sicherzugehen, dass ihnen niemand zuhörte.
    Dann kam sie direkt zum Thema. „Hast du gestern einen Brief von der Schule bekommen?“ Raggi nickte. „War der ziemlich seltsam?“ Raggi nickte wieder. „Ging es um das Initiativzentrum?“
    Jetzt konnte Raggi nicht mehr einfach nur nicken. „Ja! Initia-irgendwas! Weißt du was darüber?“
    Anna Lísa erzählte ihm die ganze Geschichte. Sie erklärte ihm, dass die besten Schüler des Landes eine Einladung zu einem Sommer-Ferienkurs bekommen hätten, bei dem sie lernen sollten, Initiatoren zu werden, um in Zukunft großartige Dinge vollbringen zu können. Wenn Island das höchsttechnisierte Land der Welt wäre.
    „Was?“, fragte Raggi entgeistert. „Hast du die Besten gesagt, nicht die Schlechtesten?“
    Anna Lísa nickte. „Nicht nur die Besten, sondern die Allerbesten. Es nehmen nur Wunderkinder daran teil, du weißt schon, solche, die schon Dezimalbrüche ausrechnen können, bevor sie die ersten Zähne kriegen.“
    „Echt?“, fragte Raggi und fügte dann stolz hinzu: „Wow! Und ich gehöre dazu?“
    „Nein! Natürlich nicht!“ Anna Lísa merkte sofort, dass sie Raggi mit ihrer Reaktion verletzte, und sagte: „Genauso wenig wie ich. Ich hab auch so einen Brief bekommen. Die müssen die falschen Briefe in unsere Umschläge gesteckt haben. Ich sollte nämlich einen kriegen, in dem steht, dass ich in Dänisch durchfalle. Das weiß ich von Jens.“
    „Okay, verstehe“, sagte Raggi nachdenklich und ein bisschen enttäuscht. „Jens hat mir auch gesagt, dass ich einen blauen Brief bekomme.“ Dann hellte sich sein Gesicht wieder auf. „Aber was soll’s! Wir haben eine Einladung bekommen, also gehen wir auch hin. Ist doch
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