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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes
Autoren: Beatrix Mannel
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da das Licht nur noch mehr Insekten anlocken würde. Stattdessen gewöhnte sie ihre Augen an die Dunkelheit, während sie langsam Richtung Felsen lief. Je näher sie kam, desto lauter wurde das Gluckern und Fließen des Wassers.
    Sie stieg langsam die Böschung hinunter, spürte dabei noch leichte Schmerzen von ihrem Sturz und tastete sich an das Ufer heran, wo sie einen großen, flachen Felsen am Wasser entdeckte, der wie ein heller Fleck in der Dunkelheit leuchtete. Sie wünschte, die Wolken würden den Mond freigeben, damit sie einen Blick auf den Fluss werfen könnte. Immerhin roch das Wasser frisch, und es ging eine leichte Brise, die ihr die Mücken etwas vom Leib hielt.
    Eine gute Gelegenheit, sich von Kopf bis Fuß vom Schmutz zu befreien, hoffte sie und begann hastig den Rock aufzuknöpfen, der von der aufgesogenen und jetzt getrockneten Erde viel schwerer war als am Morgen.
    Kaum hatte sie ihn mit einem erleichterten Seufzen abgestreift, hörte sie lautes Plätschern, das sich ihrem Felsen näherte. Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und erkannte dann Lázló, der mit kräftigen Zügen zu der Felsplatte schwamm, auf der sie, nur noch mit Leibchen und Hosen bekleidet, stand.
    Es war zu spät, um sich wieder anzuziehen, und wegzu rennen wäre höchst albern gewesen. Schließlich, so beruhigte sie sich selbst, war sie nicht nackt. Leider fühlte sie sich aber genauso, und das behagte ihr gar nicht. Seit ihrer Scheidung hatte niemand sie mehr en déshabillé gesehen, und so sollte es auch bleiben.
    Lázló allerdings war nackt, doch er wirkte in seiner Nacktheit so selbstverständlich, als wäre er vollständig angekleidet. Nicht ein Streifen Stoff verbarg seinen breiten Männerkörper, als er sich mit Schwung auf seine kräftigen Arme stützte, sich aus dem Wasser hievte und seine langen hellbraunen Haare, die nass über seinem Gesicht klebten, nach hinten strich und sie anlächelte. »Das Wasser ist herrlich«, keuchte er und schüttelte sich wie ein Hund.
Wassertropfen spritzten in Paulas Gesicht und verstärkten ihr Unbehagen. Unwillkürlich ging sie ein paar Schritte zurück.
    »Baden ist das einzig Vernünftige«, sagte Lázló, »ich verstehe gar nicht, warum sich nicht alle hier drin tummeln.« Nun grinste er so breit, dass seine Zähne im Dunklen aufblitzten.
    Fassungslos starrte Paula auf seinen Körper, der sie an italienische Marmorstatuen erinnerte, die sie auf ihrer Hochzeitsreise in Florenz gesehen hatte. Hör auf, ihn anzustarren, befahl sie sich, du benimmst dich wie eine dumme Jungfrau und nicht wie eine geschiedene Frau. Es kam ihr immer wieder merkwürdig vor, dass dieser gut gelaunte Adonis wirklich der Assistent des griesgrämigen Villeneuve sein sollte, sein Forschungsassistent!
    Entschlossen reichte sie ihm ihr Handtuch, was der Ungar sofort und ohne Dank annahm, als wäre sie nur deshalb gekommen. Doch anstatt es sich um die Hüften zu winden, was Paula gehofft hatte, frottierte er sich kräftig damit ab. Und sie konnte nicht anders, als ihm dabei zuzusehen. Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und sie erkannte jede Einzelheit. Der Ungar war nicht nur groß und kräftig von Gestalt, dachte sie mit einem leichten Schaudern, alles, wirklich alles an ihm war von mächtigen Ausmaßen. Und dann wurde ihr klar, warum sie an die Mar morstatuen gedacht hatte. Es waren nicht nur die Muskeln, sondern auch die Tatsache, dass er nicht ein einziges Haar an seinem Körper hatte. Seine Haut glänzte wie glatt polierter Stein, und trotzdem entströmte ihr etwas Sinnliches, das in Paula den Wunsch weckte, ihn anzufassen. Ein Wunsch, der sie erschreckte und den sie sofort aus ihrem Denken verbannte. Du weißt doch, was passiert, wenn man sich mit Männern einlässt, mahnte sie sich.
    Er reichte ihr das nasse Handtuch zurück und ging mit schnellen Schritten hoch ans Ufer, wo er seine Kleidung zurückgelassen hatte, was Paula wohl zuvor wegen der Dunkelheit entgangen war.
    »Das Bad wird Ihnen guttun, wollen Sie, dass ich Wache halte? Brauchen Sie Hilfe mit dem Korsett?«, rief er ihr zu, nachdem er sich angekleidet hatte, während Paula mit dem nassen Handtuch in der Hand immer noch sprachlos dastand. Männer sollten in ihrem Leben keine Rolle mehr spielen. In keiner Form!
    Seine Fragen brachten sie endlich wieder zu sich und erinnerten sie daran, dass sie fast nackt hier herumstand. Sie trug kein Korsett, denn sie war so dünn, da gab es einfach nichts
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