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Die Insel des Magiers

Die Insel des Magiers

Titel: Die Insel des Magiers
Autoren: Tad Williams
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doch alles, was ich noch besaß, und so vermehrte ich meinen Selbsthaß, indem ich eine innere Liste meiner Feigheiten führte. Ich konnte nur wider alle Wahrscheinlichkeit hoffen, auf irgendeine Weise doch noch erlöst zu werden, aber wie so etwas geschehen sollte, konnte ich mir nicht vorstellen.
    Und du, Miranda, warst auch nicht eben froh gelaunt. Du warst der Köder für die Falle, die dein Vater baute. Das aber wußte ich nicht, sowenig wie du es wußtest, und so hielt ich dich für genauso boshaft wie deinen Vater.
    Prospero hielt sich selbst für einen guten Menschen, dem übel mitgespielt worden war. Aber selbst wenn wir einmal von seiner brutalen Gemeinheit mir gegenüber absehen wollen, Miranda, handelt so ein guter Mensch, daß er seine Feinde mit furchtbarer Angst vor dem Ertrinken erfüllt, und zwar indem er ein paar Dutzend Seeleute tatsächlich ertrinken läßt, weil ihm das als geringer Preis erscheint? Ist es Güte, wenn er mit der Tugend seiner Tochter eine Falle beködert, die ihm sein Herzogtum zurückerobern soll? Oder wenn er diese Tochter an seinen alten Feind verkauft, um damit seine Rückkehr an die Macht zu betreiben? Ich bin sicher, du hieltest deine rasche Liebe zu Ferdinand für echt, aber sie war nur der letzte Baustein, der Prospero zu seinem vollen Triumph noch fehlte: Er muß im voraus damit gerechnet haben. Undenkbar, daß du dich nicht in einen großen, schmucken jungen Fremden verlieben würdest! Wen hattest du schon zum Vergleich als den verkrüppelten, schmutzigen Kaliban?
     
     
    Das Schiff des Königs kam zur Insel, angelockt und dann versenkt von einer Hexerei deines Vaters und seines höllischen Dieners – ein Schurkenstück, das die beiden lange vorbereitet hatten und dann rasch und gnadenlos ausführten.
    Ich wußte nichts davon, aber während Ariel mit seinen magischen Machenschaften Gewitter an den Himmel malte, die wie tausend Ungeheuer brüllten und das Himmelszelt selbst zu versengen schienen, versteckte ich mich zusammengeduckt in einer Grotte an der Küste und wäre dort um ein Haar von den haushohen Wellen überspült worden und ertrunken. Wenn das geschehen wäre, würdest du vielleicht gerade lächelnd deine Kinder herzen und ihre nächtlichen Schrecken vertreiben, statt deinem eigenen ins Gesicht zu sehen. Gewiß wären um Kaliban keine Tränen vergossen worden: Zu dem Zeitpunkt, als der alte Alonso und seine Vasallen die Insel ansteuerten, hatte ich bereits meinen Zweck erfüllt. Doch ich entkam den Wellen und kämpfte mich vor Angst weinend an der Felswand in die Hügel hinauf, während der Donner weiter krachte, lauter als alles, was ich je gehört hatte. Zu beiden Seiten waren Bäume von Blitzkeilen zerschmettert worden und nur noch rauchende Ruinen, hundert Ebenbilder der zerrissenen Fichte, der Ariel entsprungen war.
    Aus diesem Grund sah ich nicht, wie die Überlebenden des Schiffbruchs an Land kamen. Als ich den ersten beiden begegnete, erschrak ich und hielt sie für Sturmgeister, vielleicht sogar Brüder Ariels. Ich kauerte mich neben dem Weg ins Unterholz, aber sie fürchteten mich nicht minder als ich sie.
    Stephano und Trinculo, die armen Kerle. Ein Pech für sie, so einen verderblichen Freund wie mich gefunden zu haben!
    Ach, was für Lügen dein Vater dir erzählte, Miranda, und wie bereitwillig du sie glaubtest! Er machte dir weis, diese Seeleute und ich hätten Empörung und Mord geplant, nur seine Klugheit und Ariels Zaubermacht hätten dich und ihn vor dem Tode errettet. Lügen, Lügen, Lügen!
    Sie waren rohe Gesellen, die beiden, aber dennoch ehrlich. Als ich mich traute, sie anzureden, um diese vermeintlichen neuen Quälgeister irgendwie zu besänftigen, hielten sie mich für ein Wunder der Natur, eine Abnormität. Ein sprechender Affe! sagte der eine, und der andere nickte. Als ich ihnen erklärte, ich sei der Sohn einer Verbannten und von einem später auf die Insel verschlagenen Mann versklavt worden, konnten sie es kaum glauben, doch als ich ihnen den Namen desjenigen nannte, der mich versklavt hatte, legten sich ihre Zweifel.
    Prospero, der Hexenmeister. Dieser Name ist allgemein bekannt und gefürchtet, sagte Stephano. Seine schwarzen Künste brachten Mailand in Gefahr, und darum wurde er von dort vertrieben.
    Sie fürchteten nun für die Sicherheit ihres Königs, denn der hatte sich Prosperos Haß zugezogen, weil er dessen Bruder dabei unterstützt hatte, den Zauberer zu stürzen. Sie waren ausgesandt worden, die Insel zu erkunden
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