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Die Insel der Verlorenen - Roman

Die Insel der Verlorenen - Roman

Titel: Die Insel der Verlorenen - Roman
Autoren: Luchterhand
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haben.«
    »Ich habe es dir doch gesagt. Wenn wir hier den Rest unserer Tage verbringen müssen, dann ist es mir lieber, wir schließen Frieden.«
    »Und wozu soll ich Sie heiraten? Nehmen Sie es nicht persönlich, Señora: Sie sind sehr schön und sehr weiblich. Vielleicht ein bisschen mager, aber dafür zäh, und ich danke Ihnen für das Entgegenkommen. Was ich sagen will, ist, dass ich, wenn ich Sie brauche, einfach komme und Sie in mein Haus mitnehme, ohne irgendjemanden um Erlaubnis zu bitten, fertig. Mein Großvater hat das auch so gemacht, und jetzt mache ich es so.«
    »Aber so werde ich dich niemals lieben.«
    »Und wenn ich Sie heirate, werden Sie mir dann nie wieder Gift in die Suppe schütten?«
    »Nein. Kein Gift mehr.«
    Tirsa, die sich Victoriano gegenüber hingesetzt hatte, stand auf, achtete aber darauf, ihm nicht den Rücken zuzuwenden.
    »Ich trau dem Frieden nicht. Das Ganze klingt irgendwie merkwürdig«, sagte Victoriano. Als sie das hörte, nahm Tirsa wieder Platz.
    Am anderen Ende der Insel beobachtete Kapitän Perril auf dem Ozean, von der Kommandobrücke der Yorktown aus das seltsame Treiben von Frauen und Kindern durch sein Fernglas, die ihnen Zeichen zu geben schienen. Zu viel Dringlichkeit, zu viel Übertreibung lag in ihren Gesten, um ein schlichtes Grüßen zu sein. Er rief Sergeant Kerr und ließ ihn ein Boot fertig machen, damit sie mit zwei Bluejackets an Land gingen.
    »Sergeant«, rief er ihn und gab ihm das Fernglas. »Schauen Sie sich das mal an.«
    »Die Leute sind in Schwierigkeiten. Vielleicht ein Notfall. Besser ich nehme auch Doktor Ross mit, falls ein Chirurg benötigt wird.«
    Kerr, Ross und die beiden Bluejackets fuhren im Boot los. Es war zwölf Uhr mittags. Sie versuchten, durch den hohen Seegang zur Küste vorzustoßen, aber Kapitän Perril, der sie nicht aus den Augen ließ, fürchtete, sie könnten von den Wellen überrollt werden, so dass er befahl, ihnen das Zeichen zur Umkehr zu geben.
    Am Strand sahen Altagracia, Rosalía und Francisca, deren Leben am seidenen Faden hing, das Boot mit den vier Männern näher kommen, da gestikulierten sie, um es anzutreiben, zur Eile anzuhalten, anzulocken. Alicias Anweisung befolgend, die sie gewarnt hatte, mit ihrem Gezeter und Geschrei Victoriano auf den Plan zu rufen, waren ihre Hilferufe ein stummes, verzweifeltes Herumfuchteln, wie eine Pantomime. Plötzlich, als nur noch wenige Meter fehlten, um die Barriere des Riffs zu überwinden, sahen die Frauen das Boot abdrehen und sich wieder entfernen. Es kehrte zum Kanonenboot zurück. Konnte es sein, dass es sie einfach so stehen ließ? Was war das für ein grausamer Scherz, ganz nah heranzukommen, um dann einfach wieder wegzufahren und sie zurückzulassen? Sollten sie dem Tod ausgeliefert werden, nachdem das Leben nur einen Schritt von ihnen entfernt war? Da ließen die Frauen ihrer Hysterie freien Lauf, sie schrien, heulten, flehten, gingen ins Wasser, wollten fliegen, schwimmen, laufen, um es zu erreichen. Doch der Albtraum war unabwendbar, der Kahn ließ sich durch nichts aufhalten. Er erreichte das Kanonenboot und seine Besatzung kletterte zurück an Bord. Sie sahen es alle: Das war keine Täuschung. Die Täuschung betraf vielmehr ihre mögliche Errettung. Aus der sollte also auch diesmal nichts anderes werden als noch so ein blutiger Scherz, wie der, dem Kapitän Arnaud und Leutnant Cardona aufgesessen waren und der sie das Leben kostete. Die Schreie der Frauen verstummten. Schweigend standen sie im Wasser, innerlich leer, plötzlich innen tot, und warteten, dass ihnen das Gespensterschiff aus den Augen fuhr. Das Kanonenboot setzte sich in Bewegung. Sie sahen es Richtung Nordosten Kurs nehmen und rechneten damit, es jeden Moment vom grünen Nebel verschluckt zu sehen.
    Verstört von dem Gespräch, saß Victoriano Álvarez, gänzlich ahnungslos, was auf der anderen Seite der Insel vor sich ging, am Strand und versah seine Angelhaken mit Ködern, dabei versuchte er herauszufinden, was Alicia Arnaud mit ihren Worten im Schilde führte.
    »MirscheintdaseineguteIdeezusein,wasSievorschlagen,Señora«,sagteer.»DasswirbeideMannundFrauwerden,ichderGouverneurundSiedieGouverneurin,dasswirunsimGuteneinigen.Wasichnurnichtverstehe,ist,warumausgerechnetjetzt,woSiedasdochamAnfanggarnichtsowollten.«
    »Ich war immer freundlich zu dir.«
    »Stimmt, Sie waren freundlich zu einem Untergebenen. Aber Sie wollten mich nicht zum Mann.«
    »Ich hatte einen Mann, Victoriano, und den habe ich sehr
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