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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven
Autoren: Sarah Lark
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drei schon die Treppe hinunterliefen, blieb sie noch einen Moment an der fein gedrechselten Brüstung stehen, um einen Blick von hier oben in den Saal zu werfen.
    »Deirdre, wie schön du bist!«, hörte sie da hinter sich die Stimme ihres Ziehvaters. »Du erinnerst mich heute sehr an deine Mutter! Ich weiß noch, als ich sie das erste Mal sah – an einem Weihnachtsfest war das. Sie kam eine Treppe herunter und war so wunderschön … Ich hab mich gleich in sie verliebt. Und du wirst heute Nacht wohl jedem jungen Mann da unten den Kopf verdrehen! Pass bloß auf, dass sie sich nicht um dich schlagen!«
    Doug Fortnam lächelte seine Ziehtochter spitzbübisch an. Er war ebenfalls auf dem Weg zu den Gästen, doch jetzt musste er erst einmal stehenbleiben und Deirdre in Ruhe ansehen. Sein etwas kantiges Gesicht war inzwischen von kleinen Fältchen durchzogen, die Sonne und Wind in seine stets gebräunte Haut geschnitzt hatten. Mitunter zeigte es allerdings immer noch den jungenhaften, verwegenen Ausdruck, in den Nora sich so viele Jahre zuvor verliebt hatte.
    »Du siehst aber auch sehr gut aus!«, gab Deirdre das Kompliment zurück. »Richtig herausgeputzt. Ich fürchte, unter den ganzen Leuten hätte ich dich gar nicht erkannt.«
    Doug lachte über die kleine Neckerei. Tatsächlich hatte er sich Noras Gebot gebeugt und sich in Kniehosen, Seidenstrümpfe, Spitzenjabot und Brokatjackett gezwängt. Die hohen Schnallenschuhe stießen ihm dabei am härtesten auf. Doug empfand seinen Aufzug als stutzerhaft und albern – und warum er in seinem eigenen Haus einen Dreispitz unter dem Arm tragen sollte, war ihm auch nicht klar. Aber er fügte sich ausnahmsweise der herrschenden Mode und hatte sogar sein üppiges blondes Haar weiß gepudert und mit einer Spange im Nacken zusammengefasst.
    »Dann bleib doch erst mal bei mir, bis du dich an den Anblick gewöhnt hast«, sagte er augenzwinkernd und bot Deirdre den Arm. »Darf ich bitten, Prinzessin?«
    Deirdre lächelte, als sie an seinem Arm die Treppe zumBallsaal hinunterschritt. Der eigens für diese Dinge engagierte Zeremonienmeister stand am Fuß der Treppe bereit, die beiden anzukündigen.
    »Mesdames, Messieurs … Ihr Gastgeber, Douglas Fortnam, und unsere Debütantin, die reizende Miss Deirdre …«
    Die jungen Männer im Saal hielten bei Deirdres Anblick den Atem an. Ganz sicher würde keiner von ihnen mehr dulden, dass seine Eltern die Einladung dieses Mädchens beim nächsten Fest einfach »vergaßen«.

KAPITEL 3
    F ertig. Bonnie ließ den Blick noch einmal über die beiden Räume des Hauses ihres Herrn schweifen, die sie eben geputzt hatte. Sie wirkten immer noch schäbig, all ihren Bemühungen zum Trotz. Bonnie pflegte sich wirklich anzustrengen. Es hätte ihr gefallen, wenn das Haus in der kleinen Hafensiedlung ein bisschen mehr wie ein Heim ausgesehen hätte. Aber Skip Dayton, ihr Backra, hatte wenig für eine Möblierung übrig, die über ein Bett, einen Tisch und ein paar primitiv zusammengezimmerte Stühle hinausging. An Vorhänge oder Tischdecken oder auch nur saubere Laken war gar nicht zu denken.
    Saubere, duftende Laken – davon träumte Bonnie. Sie hasste das schmuddelige Bett des Backras. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Es war schließlich erst früher Morgen. Bis ihr Herr sie wieder begehren würde, würden noch viele Stunden vergehen. Und vielleicht ließ er sie an diesem Tag ja sogar ganz in Ruhe … Bonnie hätte darum gebetet, wenn sie nicht längst damit aufgehört hätte, die Götter um Hilfe zu bitten. Sie verschwendete keine Energie an aussichtslose Bemühungen, und bislang war nie ein Gebet von ihr erhört worden.
    Sie brauchte dringend ein wenig Ruhe. Die letzte Nacht war hart gewesen. Bonnie erlaubte sich ein Stöhnen, während sie sich aufrichtete. Sie hatte den Fußboden auf Knien geschrubbt – anders war den Kautabakresten nicht beizukommen, die der Backra bedenkenlos auszuspucken pflegte. So gesehen war esvielleicht ganz gut, dass es keine Teppiche gab … Aber Bonnie würde weicher fallen, wenn es ihm wie in der vergangenen Nacht in den Kopf kam, sie zu strafen, indem er sie zu Boden schleuderte. Oder wenn er sie auf dem Boden nahm – auch dann schmerzte anschließend ihr ganzer Körper. Die dicken Holzbohlen, mit denen das Haus ausgelegt war, waren steinhart, und obendrein bohrten sich Splitter in ihren Rücken. Manchmal so tief, dass es Tage dauerte, bis sie herauseiterten.
    Bonnie suchte Halt am Küchentisch, ihr
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